Stell dir vor, es ist Weihnachtsmarkt - und der Strom fällt aus
Weihnachtsmarkt stromlos: Was wäre dann wohl los? Nur so ein verrückter Gedanke, der mir gestern kam, als ich mit meiner Familie auf dem Blankensteiner Weihnachtsmarkt auf frische Crêpes wartete.
Warmes Essen und Trinken wäre jedenfalls schon mal gestrichen. Was noch ginge: die kleinen Tütchen mit Weihnachtsgebäck. Die wären vermutlich ganz schnell vergriffen, noch bevor deren VerkäuferInnen, zumeist im Einsatz für Grundschulen, Kindergärten oder Vereine, so recht begriffen hätten, welche Chance das für eine angemessene Preiserhöhung gewesen wäre. Bier und andere Kaltgetränke könnten natürlich auch noch eine Weile ausgeschenkt werden, aber irgendwann wären die Gläser aus, denn spülen könnte man ja nicht mehr.
Umorientieren
Besser sähe es für die AnbieterInnen von Handarbeiten (Mützen und Handschuhe statt Glühwein) und Kunsthandwerk (Schnitzereien statt Schnitzel) aus, denn deren Stände würden auf einmal viel mehr Beachtung finden. Vorausgesetzt - ja, vorausgesetzt, man könnte seine Ware ins rechte Licht setzen. Und das wäre die große Chance für den Kerzenhändler! Bei ihm stünden - nach zwei, drei Minuten des mehr oder weniger hilflosen Suchens nach Feuerzeug und Taschenlampe - sämtliche Standbetreiber Schlange. Es wäre das Geschäft seines Lebens, denn wie könnten die Buden passender beleuchtet sein als mit Kerzenlicht? Klar, einige würden auch den Stand mit den futuristisch anmutenden LED-Lampen für Radler, Jogger, Hunde und andere Sicherheitsbedürftige belagern, doch deren kalt-blaues Licht kann ja keine adventliche Stimmung verbreiten.
Einstimmen
Und schließlich: Die Live-Musik von der Bühne oder das Gedudel aus irgendwelchen gut verteilten Lautsprechern würde schlagartig verstummen. Eine unheimliche Stille läge über dem gedämpften Gemurmel der ratlosen Besucherinnen und Besucher. Vielleicht wäre es einer der Sänger von der Bühne, vielleicht aber auch eine beherzte Großmutter, die ihre verängstigten Enkelchen beruhigen will - irgendjemand würde wohl erst zaghaft, dann immer kräftiger ein Lied singen, und bald schon würden andere mit einstimmen:
Wir sagen euch an den lieben Advent.
Sehet, die erste Kerze brennt!
Wenn dann nach einer halben Stunde plötzlich die elektrische Beleuchtung wieder aufflammen würde, könnte man sicherlich für einen Augenblick ein bedauerndes Raunen vernehmen. Manche träten den Heimweg an und sängen dabei womöglich einfach weiter. Und wer weiß: Einigen würde dieses unvorhergesehene Ereignis vielleicht sogar als der schönste Weihnachtsmarktbesuch seit langem in Erinnerung bleiben.
Autor:Torsten Richter-Arnoldi aus Hattingen | |
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