Sprockhövels ältester Gasthof

Interessanten Zuwachs hat das Stadtarchiv Sprockhövel durch eine Leihgabe erhalten: Das „Fremdenbuch für den Gastwirt Rudolf Stöter-Tillmann zu Niedersprockhövel“, das von März 1901 bis August 1938 geführt wurde, vermittelt einen Eindruck vom Leben und Treiben in Sprockhövels ältestem Gasthof.
Heute führt die Gastwirtschaft und das Restaurant an der Hauptstraße 16 den Namen „Dorfkrug“ und steht seit geraumer Zeit unter Denkmalschutz. 1901 war Stöter-Tillmann längst nicht mehr der einzige Gasthof am Ort, aber mit seiner zentralen Lage an der Kirche und seinem angebauten Saal immer noch eine gute Adresse. In dem angebauten Pferdestall konnten die Gäste ihre Pferde versorgen lassen, die bis zum Eisenbahnbau 1884 wichtigstes Transportmittel waren.
Die Namen von etwa 1000 Gästen sind in Stöter-Tillmanns Fremdenbuch verzeichnet, ebenso ihre Berufe, Geburts- und Wohnorte und die Namen ihrer letzten Aufenthaltsorte. Die meisten Gäste kamen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg; im Jahr 1902 waren es 90 Personen. Diese Anzahl wurde nie wieder erreicht. Der spektakulärste Eintrag stammt vom 26. März 1903: „Cosima Wagner und Gefolge“. Was die berühmte Dame in Sprockhövel zu tun hatte und wie lange sie blieb, ist ungeklärt. Die meisten Gäste waren Kaufleute.
Auch Steuerinspektoren, Landmesser, Militärs, Schulräte, Monteure und Beschäftigte aus dem Bergbau übernachteten in Niedersprockhövel. Die wirtschaftlichen Höhen und Tiefen der Zeit spiegeln sich sicherlich auch in der Frequentierung des Gasthofes wider: Hohen Übernachtungszahlen 1924 und 1925 steht ein Einbruch von 1926 bis 1933 gegenüber. 1914 trugen sich drei weibliche „Wandervögel“ aus Barmen ins Fremdenbuch ein; sie sollten bis 1933 mit zwei Wanderern aus Duisburg die einzigen „Touristen“ bleiben.