Buchkompass: Mächtiger als Macht?
P. Le Trognons esoterische Dystopie
Utopien und Dystopien erfreuen sich in Film, Fernsehen und Literatur aber auch in Spielen großer Beliebtheit. Der Grund dafür ist eigentlich offensichtlich. Beide Genres bieten unendlich viele Möglichkeiten der Umsetzung und Darstellung, insbesondere, wenn man sich zeitlich und technisch in der fiktiven Welt weiterentwickelt. Schnell ist man dann bei Sciencefiction angekommen und dann gibt es keine Grenzen mehr.
Pierre Le Trognons Roman, Mächtiger als Macht?, ist ein dystopischer Sciencefictionroman der im Oktober 2022 beim Leoniden Verlag (Nova MD) erschienen ist. Die Welt hat sich weiterentwickelt und die Menschheit lebt in wenigen von der Außenwelt abgeriegelten Städten. Der Alltag wird geprägt durch Realitätskappen, die ein normales Leben unnötig machen und jedem alles in der Wirklichkeit der Realitätskappen ermöglichen. In dieser Welt begleiten wir zuerst einen jungen Mann mit einer Psychose hinaus in einen Wald. Dieser Ausflug in die Realität ist der Auftakt eines großen Abenteuers mit vielen außergewöhnlichen Begegnungen, naturwissenschaftlichen und esoterischen Themen.
Jojo weiß davon am Anfang des Buches noch nichts, außer, dass er weder weiterhin Medikamente nehmen, noch nur mit der Realitätskappe leben will. Dieser Wille und der Umstand, dass er einen Weg nach draußen gefunden hat, führen dazu, dass er auf einen Mann trifft und von diesem ein esoterisches Buch zur Aufbewahrung erhält. Der Mann verändert sich anschließend und kehrt in die Stadt zurück. Auch Jojo kehrt in die Stadt zurück und durch ihn erfahren wir dann mehr über die aktuellen Lebensumstände in der Stadt und der Welt im Allgemeinen, Stichwort Realitätskappen. Beim nächsten Ausflug in den Wald trifft er auf Mattea, die ebenfalls auf ihre Medikamente für ihre psychische Erkrankung verzichtet und die er in sein Geheimnis einweiht. Die beiden holen dann noch Mark, einen Freund von Jojo, und Matteas Schwester ins Boot. Gemeinsam widmen sie sich dem Buch und noch einigen anderen esoterischen Dingen mehr, etwa der Freimaurerei und weit fantastischeren Dingen. Dabei entwickeln sich die vier Freunde durchaus gut und passend weiter.
Die Idee mit der Realitätskappe und auch die psychischen Probleme als vorgegaukelte Probleme zur medizinischen Ruhigstellung passen in diesen dystopischen Roman. Kritischer muss man mit den esoterischen Anteilen umgehen. Die Klischees über die Freimauerei und insbesondere die großen Anteile an der Lehre von Rudolf Steiner können nicht wegdiskutiert werden. Prinzipiell werden diese beiden Aspekte als etwas nicht hinterfragbares dargestellt und das ist natürlich gefährlich. Bei der Freimaurerei ist das noch etwas weniger problematisch, dort fällt auf, dass das Wissen größtenteils, überspitzt ausgedrückt, aus Wikipedia stammt. Die Elemente aus den Lehren Rudolf Steiners wirken da indoktrinierter und da fehlt definitiv die kritische Auseinandersetzung. Leider bleibt es nicht bei dieser Kritik, denn auch der Schreibstil ist an einigen Stellen etwas gewöhnungsbedürftig. Der Spannungsbogen gelingt sehr gut, das als Lob, leider sind die Dialoge blechern und langweilig, was die Lektüre doch sehr anstrengend macht. Gerade die Unterhaltungen der Freunde sind so stumpf, dass man als Lesender oftmals mit dem Kopf schüttelt und wenn man dann die Lehren vorgestellt bekommt, liest man oftmals Abschnitte aus einem Buch über diese Lehren oder Abschnitte der Lehren selbst anstatt eigener Worte der Protagonisten. Da wäre insgesamt auch deutlich mehr möglich gewesen, nicht nur der Unterhaltung wegen, sondern auch, um die Lehren besser darzustellen.
Fazit: Mächtiger als Macht? ist ein dystopischer Roman mit wenigen Stärken, Entwicklung der Protagonisten und die Idee der Realitätskappen, und leider einigen gravierende Schwächen, Schreibstil und unkritischer Umgang mit esoterischen Dingen. Hier hätte der Autor durchaus mehr Möglichkeiten gehabt und diese Möglichkeiten leider verstreichen lassen.
Autor:Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen |
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