Neue WIM-Ausstellung: Chemie ist, wenn es bunt wird
Zu einem „Historischen Streifzug durch das chemische Labor“ lädt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bis zum 3. April in sein Industriemuseum Henrichshütte ein. Außerdem gezeigt wird die „Qualitätsprüfung auf der Henrichshütte“, denn Chemie war dort überall anzutreffen.
Die Ausstellung zeigt die Tradition chemischer Forschung und die Entwicklung des chemischen Labors – von der mittelalterlichen Probierkunst über Praxis-, Wissenschafts- und Forschungslabore bis zum futuristischen Theorielabor der Gegenwart.
„Besucher erleben den Wandel von einer durch Alleskönner betriebenen Kunst hin zu einer arbeitsteiligen, durch Großgeräte und Spezialisten geprägten Wissenschaft“, erklärt Jan Dübbers vom Carl Bosch Museum Heidelberg.
Die Schau folgt diesem Weg über neun Stationen; an einer von ihnen geht es speziell um die Henrichshütte. Dort war Chemie überall: Ein Hochofen verwandelt Erz, Koks und Kalk in Eisen, Gas und Schlacke. Ein Stahlwerk macht aus sprödem Eisen schmiedbaren Stahl.
„Am Beispiel der hiesigen Qualitätsprüfung zeigen wir die Entwicklung und Differenzierung der Arbeitswelt des Labors“, erläutert Astrid Blum, wissenschaftliche Volontärin am LWL-Industriemuseum, die den Hattinger Teil der Schau mit Hilfe von Stefan König, dem ehemaligen Leiter der Qualitätsstelle, kuratiert hat.
Originalexponate verdeutlichen die Fortschritte der Analysetechnik. Mit ihrer Hilfe konnten auf der Henrichshütte spezielle Stähle mit besonderen Eigenschaften entwickelt werden.
Der Streifzug durch das chemische Labor beginnt bei der mittelalterlichen „Probierkunst“ der Hüttenleute. Typische Arbeitsmittel waren Tiegel zum Schmelzen der Erze und Metalle, Probierscherben und Kupellen zum Abtrennen der Edelmetalle vom Blei sowie Scheidekolben zum Trennen von Gold und Silber.
Auch in der praktischen Kräuterkunst wurden Verfahren ausprobiert. Ziel war, optimale Verfahren zur Gewinnung der in Pflanzen und Tieren enthaltenen medizinisch nutzbaren Stoffe zu entwickeln. Nachgestellt wird in der Ausstellung auch ein Labor alchemistischer Goldmacher – eine geheimnisumwitterte Alchimistenküche mit offener Feuerstelle, gekennzeichnet durch verrußte Wände und vergitterte Fenster.
Vom Probieren zum menschenleeren Labor
Mit Beginn des 19. Jahrhunderts erhielt das Labor für die industrielle Nutzung eine neue wirtschaftliche Bedeutung. So verwundert es nicht, dass Justus Liebig (1803-1873), „Vater der modernen Chemie“, nicht nur forschender Chemiker, sondern auch Unternehmer war, der Chemiewerke gründete. Diese wurden im 19. Jahrhundert zu Kumulationspunkten forschender Chemiker. Erinnert sei auch an die Nobelpreisträger Carl Bosch und Fritz Haber.
„Ein wesentliches Element ist die Stickstoff-Fixierung gewesen. 1913 konnte man damit Kunstdünger herstellen und Fritz Haber hatte die Idee, den Welthunger zu stillen. Doch mit dem von ihm entwickelten Verfahren kann man auch Stickstoff aus der Luft gewinnen und damit Sprengstoff herstellen“, erläutert Museumsleiter Robert Laube.
Standen damals eher Ausprobieren und Experimentieren im Mittelpunkt, so ist es heute das fast menschenleere Untersuchungslabor für formalisierte Prozessabläufe mit hochentwickelter Labortechnik. Ein Videofilm verweist auf die Monotonie der Roboterarbeit und am Computer können Besucher ihre eigenen chemischen Fantasien virtuell entstehen lassen.
„In dem trockenen Stoff stecken aber viele Geschichten“, so Laube, der auf Interesse bei Schulen hofft. Die wurden nämlich alle angeschrieben.
Begleitprogramm:
Vorträge (jeweils 19.30 Uhr, Eintritt frei): Forschung und Entwicklung der deutschen Stahlindustrie (29. Januar); Labor Hochofen (26. Februar); Qualitätswesen auf der Hütte (18. März).
Filme (Jeweils 19 Uhr, Eintritt frei): Das Perioden-System (4. November); Clara Immerwahr (9. Dezember); Der verrückte Prosessor und Das Labor des Grauens (6. Januar); Chemie und Liebe (10. Februar); Medicine Man und The Fountain (9. März); Hautsache, die Chemie stimmt und The Substance LSD (23. März).
Theater: Das geheime Labor (Kindertheater am 3. April um 11 und 15 Uhr).
Für Schüler: Führung „Ferrum – Vom Eisen zum Erz“; ab zwanzig Teilnehmer, 1,5 Stunden, 50 Euro plus Eintritt mit zwei Begleitpersonen. Kontakt über das Museum.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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