Rezension: Die Feuer - Claire Thomas
In Gedanken im Theater
Die Jahre 2020 bis 2022 und vielleicht darüber hinaus werden uns allen lange in Erinnerung bleiben. Auch zukünftige Generationen werden sich mit diesen Jahren sicherlich immer mal wieder beschäftigen müssen. Gerade das Jahr 2020 hatte es wirklich in sich und es fing schon heiß an, mit einem Brand in einem Zoo und den Bränden in Australien und von da an, ging es eigentlich nur noch bergab.
Soweit sind wir in Die Feuer von Claire Thomas aber noch nicht, denn die Geschichte spielt zur Zeit der Brände in Australien und da war an viele Dinge noch nicht zu denken. Außerdem hätten die Feuer tatsächlich für die Australier*innen auch ausgereicht. Erschienen ist das Buch beim Hanser Verlag und die eigentlichen Handlungsorte sind ein Theater in Melbourne und die Gedanken dreier Frauen, die dem Stück zu folgen versuchen.
Im Theater wird das Beckett-Stück Glückliche Tage aufgeführt. Unter den Zuschauer*innen sind zwei der Protagonistinnen, Margot und Ivy. Dazu kommt noch Summer, die im Theater arbeitet. Alle drei Frauen sind in ihren Gedanken eigentlich weit weg. Margot ist Literaturprofessorin und ist in Gedanken bei ihrem Mann und ihrem Sohn. Ersterer leidet an Demenz und Gewaltausbrüche sind leider keine Seltenheit mehr. Ihr Sohn weiß davon noch nichts und macht der Mutter Vorwürfe. Mit diesen Gedanken und einem Sitznachbarn, der die Lehne dauerhaft in Beschlag nimmt, vermischen sich Stück und Gedanken bei ihr fließend.
Ivy, eine Kunstmäzenin und ehemalige Studentin von Margot, hat ihre eigenen Erinnerungen, mit denen sie während des Stücks zu kämpfen hat. Ein plötzlicher Kindstod, eine gescheiterte Ehe aber eine sehr gute Freundin und die Chance mit Geld die Welt zu verbessern, sind die Gedanken die sie durch das Stück ihres Lieblingsschriftstellers begleiten. Das und der schnarchende Sitznachbar.
Summer, die neben ihrer Tätigkeit als Platzanweiserin auch Schauspielschülerin ist, hat ganz andere Probleme, ihre Lebensgefährtin lebt nahe der Brände und deshalb ist die Sorge groß, und auch Summer hat etwas in ihrer Vergangenheit, dass sie verunsichert, nämlich ihre Herkunft. Auch sie wird durch das Stück immer wieder an Dinge erinnert und sie fiebert der Pause entgegen, um zu telefonieren.
Diese Pause ist es, die die drei Personen in anderer Schriftform, nämlich als Stück, zusammenbringt und die die drei Frauen nachhaltig beeindruckt oder zumindest bewegt und die auch direkten Einfluss auf den Rest des Theaterstücks hat.
Drei Frauen unterschiedlichen Alters, drei Geschichten, kleine und größere Gemeinsamkeiten und ein toller Ort für die Gedanken bei einem grandiosen Theaterstück, welches wir im Hintergrund erleben dürfen. Die Vermischung von Stück, Gedanken zum Stück, Kritik am Stück und die eigenen Gedanken sind perfekt verwoben. Die drei Figuren werden in all ihrer Verletzlichkeit und Stärke dargestellt und man kann mit den drei unterschiedlichen Frauen mitfühlen und wünscht ihnen immer wieder Mut, Vertrauen und Stärke, wobei alle drei Frauen wohl mehr davon haben als viele Leser*innen inklusive mir.
Fazit: Dieses Buch ist bisher mein Buchhighlight in 2022. Hier passt wirklich alles zusammen und gerade der Schauplatz mit den ganzen Hintergründen und dem Stück harmonieren perfekt. Ich mag die Protagonistinnen und wünsche mir eine Fortsetzung nach der Lösung der Probleme.
Autor:Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen |
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