ESC-Fan Jürgen Schwiese setzt auf Armenien
Können Sie sich noch an „Bonne nuit, ma chérie“ erinnern? Oder „So geht das jede Nacht“, was heutzutage leicht schlüpfrig klingt? „Ein bisschen Frieden“ ist Ihnen da sicher lieber und wenn er denn auch noch per „Satellite“ kommt – umso besser! Und natürlich geht es um den Eurovision Song Contest (ESC), der heute Abend ab 21 Uhr im Ersten live aus Kopenhagen übertragen wird.
Während die beiden letzten Beiträge von Nicole (1982) und Lena (2010) stammen, die damit sogar siegten, landete Wyn Hop (!) für Deutschland (!) anno 1960 mit seinem französischen Titel (s.o.) immerhin auf Rang vier, während es für Freddy Quinn und Deutschland 1956 mit seinem frivol klingenden Schlager nur zum 13. Platz reichte.
Doch nun genug mit dem „Schnee von gestern“: Heute fragen „Elaiza“ für Deutschland von den B&W-Hallen in Kopenhagen aus, wo der Wettbewerb bereits schon 1964 und 2001 ausgetragen worden war, in ihrer Folkpop-Nummer: „Is It Right?“
Jürgen Schwiese fand zunächst nicht, dass dieses Lied richtig für Deutschland ist. Mit seiner Frau Marlies saß der nach eigenen Worten „Hardcore-Fan in Sachen ESC“ im März unter weiteren Tausenden von Begeisterten live in Köln im Publikum bei der deutschen ESC-Vorentscheidung: „Mein Favorit war eigentlich MarieMarie. Elaiza stand damals überhaupt nicht auf dem Plan, denn das Trio hatte sich über YouTube beworben und die Wildcard bekommen.“
Inzwischen sagt Jürgen Schwiese allerdings: „Ich mag den Titel, auch wenn er momentan nur auf Platz 17 bei den Buchmachern gehandelt wird. Ich habe damals schon gesagt, er landet auf Rang elf und dabei bleibe ich. Was man von den Buchmachern halten kann, das zeigt ja schon der belgische Beitrag, der angeblich Achter werden würde. Nun ist er aber schon seit dem ersten Halbfinale überhaupt nicht mehr dabei.“
Und sein Tipp? Wer wird es in diesem Jahr machen? Jürgen Schwiese: „Erst einmal freue ich mich, dass die Niederlande endlich einmal wieder im Finale vertreten sind. Mir gefällt ihre gefühlvolle Ballade ,Calm After The Storm‘ von The Common Linnets, sie ist eingängig und melodiös. Das gilt auch für San Marino. Für das Land hat ESC-Altmeister Ralph Siegel in diesem Jahr den Finaleinzug geschafft, ist meiner Ansicht nach mit ,Maybe‘ aber letztlich chancenlos. Ich denke, diesmal wird Armenien mit ,Not Alone‘ den Sieg einfahren, und ich habe bislang mit meinen Tipps immer ganz gut gelegen.“
Ob auch diesmal wieder, das werden in Holthausen im Hause Schwiese zu allererst seine 15 Gäste wissen. Denn selbstverständlich findet dort wie schon seit gut 20 Jahren die traditionelle „ESC-Party“ statt – mit Stimmabgabe der Gäste und allem drum und dran. Wie immer gibt es neben reichlich Getränken Pizza und Salat. Gleiches gilt für die „Schaltung“ nach England: Dort hat Jürgen Schwiese Freunde, die genauso verrückt auf den europäischen Wettbewerb des Pop sind wie er und die Seinen in Hattingen. Und es werden selbstverständlich die legendären und kultigen Worte fallen: „And these are the results of the German/English jury.“
So „verrückt“ ist Jürgen Schwiese seit 1967: „Das war mein allererster Contest. Damals in Wien gewann Sandie Shaw für England mit ,Puppet On a String‘. Seitdem habe ich keinen ESC, der früher ja noch Grandprix Eurovision de la Chanson hieß, verpasst.“
Erinnern kann er sich auch noch an 1970, als Dana mit „All Kinds of Everything“ für Irland siegte. Den Song hört Jürgen Schwiese auch heute noch gerne, selbst den damaligen Sieger-Auftritt hat er noch vor Augen. Immer wieder einmal geht der selbstständige Kaufmann vom Steinhagen ins Internet und schaut sich alte ESC-Auftritte an – oder selbst nur die Punktevergabe. „Da wurden früher oft Fehler gemacht und Pannen mit zusammenbrechenden Telefonleitungen bei den Votings gab es auch dauernd“, schmunzelt er ein wenig bei der Erinnerung. „Ich finde, auch das ist Historie, der Event sowieso. Das ist Zeitgeschichte, wie sich Mode, Technik und nicht zuletzt auch die Musik über die Jahrzehnte gewandelt haben.“
Für Jürgen Schwiese ist der ESC die gelungene Umsetzung des europäischen Gedankens: „Es sind alles in allem rund 40 Länder daran beteiligt. Da ist untereinander von Politik oder Unruhen nichts zu spüren. Man erlebt vor und hinter den Kulissen einfach nur Fröhlichkeit. Hier ist der Grundgedanke eines vereinten Europas zu finden.“
Jürgen Schwiese weiß, wovon er redet. Zweimal war er bereits live bei einem ESC-Finale dabei (Zitat: „Am liebsten diesmal wieder!“) und nach dem Sieg von Lena arbeitete er hinter den Kulissen als Freiwilliger („Volunteer“) mit, kam so in direkten Kontakt mit den internationalen Künstlern und deren Stab (der STADTSPIEGEL berichtete mehrfach ausführlich).
Außer dass er mit seinem Sieger-Tipp („Neben Armenien werden Schweden, Ungarn und England weit vorne landen!“) auch in diesem Jahr richtig liegen möchte, wünscht er sich im Zusammenhang mit den Eurovision Song-Contest: „Mein Traum für Hattingen wäre mal ein ,Rudelgucken‘ mit anderen Fans. Es muss ja nicht gleich so groß sein wie in Hamburg, von wo aus diesmal Helene Fischer die Punktevergabe durchgeben wird. Vielleicht klappt das ja doch einmal.“
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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