„Engel der Kulturen“ macht Station in Hattingen
Den 21. April 2013 sollten sich die Hattinger schon einmal ganz dick und rot in ihrem Kalender anstreichen. An diesem Tag wird der „Engel der Kulturen“ nach Hattingen kommen.
„Engel der Kulturen“? Wer wirklich nicht weiß, was sich dahinter verbirgt, dem wird hier auf die Sprünge geholfen: Das Kunstprojekt „Engel der Kulturen“ soll den interkulturellen und interreligiösen Dialog fördern und nicht nur zwischen den drei abrahamitischen Weltreligionen Islam, Juden- und Christentum vermitteln, sondern im „Engel der Kulturen“ dürfen sich alle Menschen unterschiedlicher Weltanschauung, die friedlich und in Anerkennung der Menschenrechte miteinander leben wollen, wiederfinden.
Was sich hier zunächst etwas „abgehoben“ liest, das soll und wird in Hattingen am besagten 21. April 2013, einem Sonntag, mit Leben gefüllt und das nachhaltig, so hoffen die Veranstalter vom „Interreligiösem Gesprächskreis Hattingen“ zumindest. Und auch Kulturdezernentin Beate Schiffer: „Der ,Engel der Kulturen‘ und sein Gedankenansatz soll im Alltag verankert sein. Wirklich alle sollen sich darin wiederfinden – nicht nur die Religion Nahestehenden.“
Der Arbeitskreis wird geleitet von Isolde Füllbeck und Mohamed Bourzoufi. Er besteht aus der Bahai-Gemeinde, dem islamischen Bildungs- und Kulturverein in Welper, der DITIB-Gemeinde an der Martin-Luther-Straße, den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden sowie der Volkshochschule Hattingen.
„Erfunden“ wurde der Engel der Kulturen von den Künstlern Carmen Dietrich und Gregor Merten zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht (9. November 1938), in der in Deutschland jüdische Einrichtungen in Flammen aufgingen. Sie fassten dazu in einem Kreis Halbmond, Stern und Kreuz als Symbole für Islam, Judentum und Christentum. Heraus kam dabei die Gestalt eines Engels.
Im Mai 2010 startete der Engel der Kulturen in Essen und ist seitdem in ganz Europa unterwegs, war in Ungarn, der Türkei, in Israel und Palästina, in den Niederlanden, beim Europäischen Parlament in Brüssel und kommt im April eben nach Hattingen.
Pastoralreferent Udo Kriwett von St. Peter und Paul: „Wir machen in Hattingen ganz konkrete Projekte dazu, die nicht von irgendwelchen Funktionären durchgeführt werden, sondern von Kindern und Jugendlichen unserer Stadt.“
Beteiligt sind beispielsweise die Marie-Curie-Realschule, das Stadtarchiv, die Realschule Grünstraße, die Gymnasien und viele Kindergärten. Und es werden sicher noch mehr werden, sind sich die Veranstalter sicher. Daher ist „der kleine Traum“, den Pastor Bodo Steinhauer äußert gar nicht unrealistisch: „Ich hoffe, dass im Anschluss unserer Aktion jedes Schulkind und jeder Jugendliche in Hattingen das Symbol kennt.“
Imam Ibrahim Akkurt sagt für die Hattinger Muslime: „Wir Muslime sind überzeugt, dass wir Gläubigen viel gemeinsam haben und gemeinsam in Frieden leben können. Diese Gemeinsamkeit durch Abraham muss den Hattingern zur Kenntnis gelangen, sie müssen wir hervorheben. Schon im Koran steht, dass es keinen Unterscheid in den Propheten zwischen uns allen gibt. Je mehr wir uns treffen, desto mehr kommen wir zusammen.“
Dazu ergänzt Bodo Steinhauer: „Uns trennt nur der Raum, in dem wir Kultur ,gemacht‘ haben.“
Am Sonntag, 21. April 2013, soll es daher zunächst um 17 Uhr zu einer Begegnung an der Moschee an der Martin-Luther-Straße geben. Weiter zieht dann die so genannte „Abraham-Karawane“ zum Synagogenplatz, zum jüdischen Friedhof, zur Kirche St. Peter und Paul und letztlich zur Ev. Kirche Winz-Baak an der Schützstraße.
Hier wird es eine Abschiedsveranstaltung geben, weil für alle Beteiligten hier der interreligiöse und interkulturelle Mittelpunkt der Stadt ist, was bereits Kirchenasyl und Veranstaltungen mit muslimischen Frauen in der Kirche bewiesen hätten, sagen sie.
Immer mit dabei auf dieser Strecke der „Engel der Kulturen“ als rollendes Rad von 1,60 Meter Durchmesser und an jeder Station wird es knapp 20 Minuten lang Aktivitäten von unterschiedlichen Generationen und Religionen geben.
An der Winz-Baaker Kirche wird der „Engel der Kulturen“ buchstäblich Spuren hinterlassen: Sozusagen in den Boden „eingestanzt“ wird ein etwa 60 Zentimeter großes Abbild vom „Engel der Kulturen“. Diese Intarsie wird schon jeweils am vorangegangenen Verlegungsort hergestellt und trägt den Namen des „neuen“ Ortes. Bei der Herstellung der Intarsie wird ja der Engel ausgeschnitten. Er erhält den Namen Hattingen und das Datum der Aktion, also den 21. April 2013. Dieser „Ausschnitt“ in Engelform reist nach Jerusalem, wo er mit anderen dieser ausgeschnittenen Engel die „Abrahamssäule“ bilden wird.
„Etwa in 1,20 Meter Höhe wird dann also in Jerusalem Hattingen zu lesen sein“, erläutert Bodo Steinhauer und hofft, dass die Menschen nicht nur zu dieser Abschlussveranstaltung kommen werden, sondern die gesamte Karawane auf ihrem Weg von der Moschee aus durch Hattingen begleiten.
Das große Finale an jenem denkwürdigen Sonntag wird ein „Abrahamkonzert“ sein, auf das der STADTSPIEGEL noch genauso ausführlich hinweisen wird wie auf einzelne Projekte mit den jeweiligen Hattinger Religionen als Partnern. Weil in dem Konzert ausschließlich „Künstler von Weltruf“ (Bodo Steinhauer) musizieren, sorgen Sponsoren aus Hattingen und Umgebung für die Finanzierung. Gleichzeitig verkaufen die Ev. Kirchengemeinde Winz-Baak und die Tourist-Info, Haldenplatz 3, 50-Cent-Stücke mit der Prägung „Engel der Kulturen“ für noch fünf Euro, später zehn, als Kette oder Anstecker.
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.