"Engel der Kulturen" kommt in Hattingen gut an

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"Engel der Kulturen" – was sich so theoretische liest, in Hattingen wurde das Projekt der beiden bildenden Künstler Gregor Merten und Carmen Dietrich, das vorher schon in vielen Ländern und Städten Station gemacht hatte, ebenfalls zum Leben erweckt – und wie! Gregor Merten: "Wir haben ja wirklich in vielen Städten Station gemacht, aber Hattingen, das ist wirklich etwas Besonderes. Nirgendwo sonst war unser Projekt so breit aufgestellt, nirgendwo sonst gab es eine derartig breite Beteiligung der Bevölkerung."
Wohl wahr, denn allein bei der Eröffnung am Sonntag gegen 16 Uhr waren nach offiziellen Schätzungen rund 800 Menschen an der DITIB-Moschee zusammengekommen. Die Moslems unter ihnen hatten soeben in der Moschee den Geburtstag von Mohammed gefeiert, was immer im April begangen wird.
Für die Veranstalter vom "Interreligiösen Gesprächskreis" begrüßte Pfarrer Bodo Steinhauer die Anwesenden und auch Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch hieß die Hattinger willkommen, die gekommen waren, um den interkulturellen und interreligiösen Dialog nicht nur zwischen den drei abrahamitischen Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum zu fördern. Im "Engel der Kulturen" finden sich alle Menschen wieder – trotz unterschiedlicher Weltanschauung, die friedlich und in Anerkennung der Menschenrechte miteinander leben wollen.
Und genau hier setzt der „Engel der Kulturen“ an, wie der STADTSPIEGEL bereits mehrfach ausführlich berichtete. Nimmt man nämlich die Symbole der drei großen Weltreligionen Kreuz (Christen), Halbmond (Islam) und Stern (Judentum), so entsteht bei ihrer Anordnung in einem Kreis die Kontur eines Engels, des „Engels der Kulturen“.
Die beiden Künstler Gregor Merten und Carmen Dietrich waren selbst vor Ort und Gregor Merten erläuterte an den einzelnen Stationen Moschee, Synagogenplatz, Kath. Kirche St. Peter und Paul sowie Ev. Gemeindezentrum Winz-Baak den Gedanken hinter dem Projekt. Mit Hilfe von Anwesenden legte der Künstler das rund 85 Kilogramm schwere metallene „Engels-Rad“ auf den Boden und füllte es mit Sand, so dass an den jeweiligen Stationen ein Engel zurück blieb.
Außerdem gab es an den einzelnen Stationen künstlerische Beiträge, beispielsweise durch Heggerfeldschüler, Schüler der Marie-Curie-Realschule, die auf Arabisch, Türkisch und Deutsch aus dem Koran vortrugen, von Realschülern der Grünstraße, „Voice’n’Gospel“ aus Niederwenigern, dem Synagogenchor der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen, von Grundschülern aus dem Oberwinzerfeld, Kindern des Kindergartens Oberwinzerfeld und Schülern des Gymnasiums Waldstraße.
Damit Teilnehmer und „Engel der Kulturen“ sicher bis zur letzten Station nach Winz-Baak kamen, sperrte die Hattinger Polizei kurzfristig einzelne Straßenabschnitte und stießen dabei auf Verständnis der Verkehrsteilnehmer auf August-Bebel-Straße, Bahnhofstraße, Martin-Luther-Straße und Bochumer Straße.
Am Ev. Gemeindezentrum an der Schützstraße, da wurde es dann noch einmal richtig voll. Hier warteten schon viele Menschen auf den die gesamte Strecke gerollten „Engel der Kulturen“, an den selbst Sozial- und Kulturdezernentin Beate Schiffer unter vollem Körpereinsatz Hand anlegte, denn immerhin geht es an der Bochumer Straße doch ziemlich steil nach oben, und auf den Beginn des Abrahamskonzertes mit renommierten und internationalen Künstlern zum Abschluss der „Engel der Kulturen“ in Hattingen.
Hier gab es noch einmal Friedensgrüße von allen Vertretern des „Interreligiösen Gesprächskreises“, also von der Bahai-Gemeinde, dem islamischen Bildungs- und Kulturverein in Welper, der DITIB-Gemeinde an der Martin-Luther-Straße, der jüdischen Gemeinde sowie den Ev. und Kath. Kirchengemeinden. Hier halfen zunächst Kinder aus der Gemeinde, die sich Gregor Merten aussuchte, beim Vorbereiten der dauerhaft in Beton gegossenen Intarsie, die an diesen in jeder Hinsicht denkwürdigen Tag in Hattingen erinnern soll und von Vertretern aller Hattinger Religionen in den Boden gebracht wurde.
Die Intarsie für Hattingen selbst stammt aus Lüdenscheid. Dort wurde sie gebrannt am 9. November 2012, dem 74. Jahrestag der Reichpogromnacht. Auch in Hattingen wurde selbstverständlich der Kontinuität wegen eine Intarsie gebrannt, wieder von Kindern aus der Gemeinde, während innen bereits das Abrahamskonzert begonnen hatte – mit gut einstündiger Verspätung, weil sich die einzelnen Programmpunkte zeitlich so nach hinten verschoben hatten.
Beim Ausbrennen der Intarsie entstehen zwei Teile: der äußere Ring wurde mit blauem Beton ausgegossen für die nächste Aktion der beiden Künstler in Ahrensburg bei Hamburg am 26. April. Die innere Figur mit den Umrissen eines Engels wird aufbewahrt für die Abrahamssäule, die in Jerusalem entstehen soll und aus den aufeinander geschichteten Engeln aus den einzelnen Städten bestehen wird, die Stationen des Projektes „Engel der Kulturen“ gewesen sind. Gregor Merten und Carmen Dietrich waren gerade dieser Tage in Jerusalem, um mit den israelischen Behörden darüber zu sprechen. Diese Gespräche seien gut verlaufen, berichteten sie im Gespräch mit dem STADTSPIEGEL.
Ihre Intention bei dem Projekt: „Die Bildhaftigkeit dieser Aktionen soll sowohl den Gedanken der Verpflichtung zum Frieden berührbar und erkennbar machen als auch die Menschen mitnehmen und ständig erinnern.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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