Buchkompass: #DDR
Ein kontrafaktischer Roman mit DDR und BRD in 2023

In kontrafaktischen Geschichten wird auf Grundlage der durch Quellen gesicherten Faktenlage von Geschichtswissenschaftlern mithilfe von kontrafaktischen Konditionalsätzen kontrolliert spekuliert, was geschehen wäre, wenn bestimmte historische Tatsachen nicht oder anders eingetroffen wären. Was-wäre-wenn-Geschichten sind äußerst beliebt und tatsächlich sind es Kleinigkeiten, die einen anderen Weg verhindert oder erst ermöglicht haben. Ausgehend davon lassen sich unzählige Geschichten schreiben.

Im Fall des Buches Hashtag #DDR führte ein tödlicher Flugzeugabsturz Gorbatschows dazu, dass es in der Sowjetunion nicht zu den Veränderungen kam, die die Wiedervereinigung ermöglichten, weshalb auch im Jahr 2023 BRD und DDR noch geteilt sind und insgesamt der Kalte Krieg nie wirklich beendet werden konnte. Soviel zum Hintergrund des Buches des Grimme Online Award-Preisträgers Holger Kreymeier. Erschienen ist das Buch beim Solibro Verlag.

Der Hintergrund ist klar, das Buch dreht sich aber um aktuelle Dinge in West- und Ostdeutschland. Der Youtuber Lonzo hat vor einigen Tagen brisante Unterlagen unter dem Titel Die Zerstörung der DDR veröffentlicht und dabei aufgezeigt, wie die DDR mit den eigenen Bürgern in Bezug auf Corona umgegangen ist. Durch Lieferungen von Impfdosen in den Westen, starben in Ostdeutschland viele Menschen. Weltweit sorgt das für Empörung, die DDR versucht sich um Schadensbegrenzung, denn sie benötigt dringend neues westliches Geld für den klammen Staatshaushalt. Während im Westen Lonzo gefeiert wird, sitzt Perry, ein DDR-Youtuber, wegen Verrats im Gefängnis und wird auf typische Stasi-Art verhört. Die Ausgangslage ist damit simpel und doch ist nicht alles wie es scheint und sowohl Perry als auch Lonzo müssen sich noch sehr beweisen, denn der Feind wird auch effektiver.

Dieser kontrafaktische Roman zeigt die beiden Seiten Deutschlands sehr passend basierend auf angenommen Veränderungen nach dem Tode Gorbatschows. Es könnte tatsächlich so sein, in irgendeiner anderen Realität und das ist beängstigend. Die Geschichte der beiden Protagonisten, Lonzo und Perry, ist ebenfalls realistisch, je weiter man sich aber von Deutschland entfernt, desto schwieriger wird es, die Änderungen oder Ähnlichkeiten als nachvollziehbar zu erklären. Zum Glück wird das nicht versucht, denn es wird einfach festgestellt. Das ist vollkommen in Ordnung, denn der Fokus liegt klar auf dem geteilten Deutschland, den Regierungen, den Widerständlern in Ost und West und einigen Youtubern, wobei letztere beiden Gruppen Schnittmengen haben. Die Geschichte ist spannend erzählt, traurig, mit viel Verrat und es gibt einige Punkte, die man auch heute an Regierungen noch kritisieren kann.

Fazit: #DDR ist ein durchaus aktueller Roman in einer Welt, die der unseren sehr ähnlich ist, aber an einer Stelle falsch abgebogen wurde. Die Protagonisten und Antagonisten sind rund und passend und helfen, in dieser Welt zurechtzufinden. Die Frage, ob es eine DDR noch so geben könnte, wird darin definitiv beantwortet. Ich habe aber nach dem Buch noch Fragen und würde mich über eine Fortsetzung freuen.

Autor:

Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen

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