Das Rosental: Anekdoten und Erinnerungen

Das Rosental anno 1920: von der dichten Bebauung wie heute noch keine Spur. Foto: Ruthmann
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  • Das Rosental anno 1920: von der dichten Bebauung wie heute noch keine Spur. Foto: Ruthmann
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(von Wilfried Ruthmann) Wilfried Ruthmann ist in Hattingen beileibe kein Unbekannter. Zunächst in Diensten der Stadt Hattingen stehend setzte er auch nach seiner Pensionierung seine Arbeit rund um die Geschichte der Stadt, ihrer Häuser und Bewohner fort. Seine Bücher über Hattingen und seine Bildbände sind buchstäblich in der ganzen Welt anzutreffen.

Zu Hause ist Wilfried Ruthmann im Rosental, also stadtnah und doch im Grünen, in Nachbarschaft zum Schulenbergwald.
Im STADTSPIEGEL stellt der bekannte Heimatforscher, Buchautor und Fotograf das Rosental als Gastautor vor, streift durch die Gerschichte des Rosentals, das nicht immer so hieß, und verknüpft all dies mit Geschichten von Menschen, die dort leb(t)en, und vor allem mit seiner eigenen Familie. Immerhin bot und bietet das Rosental sechs Generationen der Ruthmanns ein Zuhause.
Hier also der Beitrag von Wilfried Ruthmann, gespickt mit Anekdötchen und Fotos, geschossen von ihm selbst – natürlich!
„Das Rosental liegt westlich vom Zentrum Hattingen im Anschluss an die Südstadt. Es führte im Westen bis an die Grenze zum Rheinland.
Zwischen dem Rosental und dem heutigen Weg zu Stadtwald war Grünfläche für Weidetiere. Erst später wurde die Straße weitergeführt. Nur einzelne Ackerbürgerhäuser standen hier.
Um ca. 1935 bis 1950 nannte man es ,Hosental‘. Um bei Regen den schlammigen Weg zu begehen, musste man sich die Hosen aufkrempeln. Die wenigen Anwohner nahmen immer ein paar Schuhe zum Wechseln mit. Dieses geschah in der besser befestigten Grünstraße.
Im Rosental standen nur wenige Häuser. Außer der Gärtnerei Grotthaus und der Gärtnerei Tiggemann wohnte die Familie Ruthmann über sechs Generationen im Rosental. Das urelterliche Haus war ein Kotten (Wohnteil und Scheune mit Stallungen), Rosental 36. Heute ist es zum Wohnhaus umgebaut.
In der Deele oder Tenne lagerte Heu und war von der Wohnung zugänglich. Auch hatten die Hühner hier ihre Feckel – ein Gestänge ca. 2,00 m hoch. Die Eier legten sie in die sogenannten Brutkästen.
Hinter der Scheune war ein kleiner Anbau, in der üblichen Sprache das sogenannte „Plumpsklo“. Einen Abwasserkanal gab es zu dieser Zeit noch nicht. Die Fäkalien wurden als Dünger auf die Wiese ausgetragen.
Links vom Haus floss ein kleiner Bach aus dem nahegelegenen Wald. Die erste Generation der Ruthmanns hatte dort ein ,Poot‘, einen kleinen Teich also, angelegt als Tränke für das Vieh. Es wurde auch im Haushalt gebraucht.
Die Gärtnerei Tiggemann hatten einen Raben, der nicht mehr fliegen konnte, als Haustier. Er lief in der Gärtnerei frei herum und hatte nur eine ungewöhnliche Gewohnheit. Wenn wir als Kinder aus der Schule kamen, versuchte er unsere Schnürsenkel an den Schuhen zu öffnen. Dieses geschah zwei- bis dreimal in der Woche.
Autos hatten nur die beiden Gärtnereien Grotthaus und Tiggemann. Die Milch für die Bewohner, soweit sie nicht Selbstversorger waren, wurde mit Pferdefuhrwerk vom Bauer Reuter, Besitzer des Berger Hofes, bis in die Wohnungen gebracht und aus einer großen Kanne nach Bedarf abgefüllt. Für das Brot, den Stuten und die Brötchen kam der Bäckermeister Nieland ebenfalls mit einem Pferdewagen.
Die Hattinger Bildhauerin Scarlett Neumann, über die Grenzen Hattingens bekannt, hat in ihrer künstlerischen Idee von den letzten drei Generationen Ruthmann die Hände abgeformt und an einem dicken Seil befestigt: ,Drei Generationen ziehen an einem Seil‘.
Gerd Ruthmann aus der dritten Generation hatte am Wohnhaus eine Trinkhalle an-gebaut und fuhr außerdem ein eigenes Taxi. Er war befreundet mit dem Inhaber von Taxi Schiwy, Alfred Schiwy.
Er hatte ein Hüftleiden und musste in den 50er Jahren zu einer Operation in das Hattinger Krankenhaus. Dort bekam er ein Gipskorsett mit einer Aussparung für vier Hühnereier zum Ausbrüten. Nach 22 Tagen (üblich: 21 Tage) schlüpften die Küken in Anwesenheit von etlichen Reportern der Tageszeitungen. Der Hahn hat noch längere Zeit im Wohnhaus Rosental 36 in der Küche gelebt.
Heute ist das Rosental eines der bevorzugtesten Wohngebiete in der Stadt Hattingen. Ein Baugrundstück kostet heute nach der Richtwertkarte der Kreisverwaltung Schwelm 300 bis 350 Euro pro Quadratmeter. Die Hattinger Wohnstätten Genossenschaft (HWG) hat Gartenland als Bauland erschlossen und moderne Wohnungen gebaut. Auch entstanden zahlreiche Einfamilienhäuser.
Die vierte (Wilfried Ruthmann) und die fünfte Generation (Jürgen Ruthmann) haben sich neben ihrem Beruf eingehend mit der Geschichte der Stadt Hattingen beschäftigt und wohnen selbstverständlich im Rosental.
Die sechste Generation, Hendrik (13) und Sonja (11), sind schon jetzt begeistert über das Freizeitangebot in der Stadt Hattingen
Wilfried Ruthmann war seit 1948 mit dem Heimatdichter Otto Wohlgemuth befreundet. Dieser hat in seiner Jugendzeit ein Gedicht über das Rosental verfasst und ihm zu Weihnachten 1949 handschriftlich zugeschickt. Es ist in der Sütterlin-Schrift geschrieben und nicht (mehr)für jeden lesbar.
Um ein öffentliches Verkehrsmittel zu erreichen, musste man zur Straßenbahnhaltestelle Lembeck an der Nierenhofer Straße laufen. Es führte nur kein direkter Weg dort hin. Ende der 40er Jahre wurde aus dem Schrankenwärterhäuschen eine Eisenbahnhaltestelle (Bahnhof Stadtwald) – eine wesentliche Erleichterung, um zum Bahnhof Hattingen-Ruhr und nach Wuppertal-Oberbarmen zu kommen. Der Schrankenwärter wurde nunmehr Bahnhofsvorsteher und verkaufte auch Fahrkarten.
Nach der Stillegung für den Personenverkehr am 30. November 1984 erfolgte die Erschließung durch Linienbusse.
Einen besonderen Verdienst hat der Bürgerbus. Er erschließt die mittlerweile vorhandenen Nebenstraßen. Er wird durch Anwohner ohne Pkw viel benutzt. Die Anwohner sind dankbar, dass der Bürgerbusverein diese Lücke geschlossen hat. Er fährt seit dem 1. Februar 2005 mit großen Erfolg.
Die Versorgung mit frischen Lebensmittel erfolgt durch einen Bauernhof aus dem Münsterland mit einem Verkaufswagen jeden Dienstag pünktlich zwischen 14 und 14.30 Uhr. (...)“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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