Besinnliches von Wilfried Ranft: "Zeit"

Liebe Leserin, lieber Leser,
Ferienzeit – Saure-Gurken-Zeit, Zeit, die Seele baumeln zu lassen, Zeit, endlich einmal zu tun oder zu lassen, was schon lange auf dem Programm stand.
Wir sind mittendrin: Viele sind weg, der Betrieb ruht, und so nehme ich mir die Zeit, mit allen Daheimgebliebenen die Zeit zu bedenken.
Was Zeit ist, ob es sie überhaupt gibt, wissen wir nicht. Was wir tun ist, das Sich-Verändern der Dinge mit der Uhr zu messen: Die lineare Zeit, die den Menschen in das Korsett der hintereinander geschalteten Taktung presst. Früher hingegen spielte das zyklische Zeitempfinden eine wesentlichere Rolle, die ewige Wiederkehr des Gleichen: Tages- und Jahreszeiten, Festzeiten und Rituale als Kontrast zum Alltag.
Das Problem vieler Menschen, zuweilen auch meines, ist: Stress. Er entsteht, wenn wir uns von der linearen Zeit zu sehr einfangen lassen und beginnen, unser Leben immer schneller zu takten. Womöglich wollen wir gleich auch noch mehrere Dinge auf einmal erledigen, z.B. E-Mails lesen, dabei telefonieren und gleichzeitig der Tochter bei den Hausaufgaben helfen. Das moderne Wort dafür ist „multitasking“. Dass dies auf Dauer nicht gesund ist, spüren wir alle.
Der moderne lineare Zeitmensch ist ständig in Hetze, in der Sorge, etwas Wichtiges, weil Vergängliches, zu verpassen. Er liebt die Abwechslung und hasst die eintönige Langeweile.
Wie kann es gelingen, sich aus diesem Hamsterrad der Zeit zu befreien?
Der erste Schritt ist, das Nein-Sagen zu lernen, Nein zu allem, was nicht zwingend erforderlich ist, um die Menge der Dinge, die wir tun wollen oder sollen, zu verringern.
Der zweite Schritt ist, sich wiederholende zyklische Inseln im Fluss der Zeit zu schaffen und Rituale einzu-üben: ein Spaziergang oder eine sportliche Aktivität zum Beispiel, ein gutes Buch lesen, etwas Lustvolles tun, meditieren oder beten, den Sonntag als Unterbrechung der Woche zelebrieren…
Den persönlichen Ideen sind hier keine Grenzen gesetzt!
Gerade die jetzige Ferien-zeit, ob im Urlaub oder daheim, bietet als Freizeit die Möglichkeit, das auszuprobieren, was zu Ihnen oder mir passt.
Dazu wünsche ich Ihnen Experimentierfreude – und natürlich ganz viel Zeit!

Ihr
Pfarrer Wilfried Ranft,
Krankenhausseelsorger
im Ev. Krankenhaus und
in der Klinik Blankenstein

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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