Besinnliches: Altschnee und weiße Flecken
Das erste Prickeln ist weg. So dachte ich heute Morgen, als ich durch die geräumten Straßen zum Gemeindebüro ging. Kein neuer Schnee mehr, was da ist, ist geräumt oder festgefroren. Wenigstens kein Schneeschippen mehr!
Aber selbst das hat ja Spaß gemacht, als zum ersten Mal alles mit einer wunderbar weißen Decke überflockt wurde. Da entdeckst du Bekanntes beim Blick aus dem Fenster noch mal ganz neu und kriegst Lust, rauszugehen, einzutauchen, Spuren zu setzen.
Mit diesem Prickeln ist es jetzt vorbei.
Später, als wir im Gemeindebüro über den Kalendern sitzen, ein ähnliches Gefühl: Das Prickeln ist weg. Vor drei Wochen noch, beim ersten Eintragen von Geburtstagen, Festen und Urlaubstagen in den neuen Kalendern, war es wie mit dem Neuschnee: Einfach ganz viel Weite, die schon deshalb schön ist, weil sie so viele Möglichkeiten bietet, es auch mal wieder ganz anders zu machen!
Jetzt ist es damit vorbei. Kein Prickeln mehr. Oft schon mühsames Suchen, wo was unterzubringen wäre.
Wie auf den Bürgersteigen, wo sich jetzt zementiert hat, was perfekt geräumt, was halbherzig gestreut oder wo einfach zugelassen wurde, dass sich der Schnee festtritt. Damit ist entschieden, was da noch geht und was nicht. Der Spielraum, eine eigene Spur zu setzen, ist weg – mindestens gehörig eingeschränkt.
Klar weiß ich, dass das Ende Januar eigentlich immer so ist. Aber schade finde ich es trotzdem jedes Mal. Vielleicht ist es da umso mehr nötig, nicht zu schnell aufzugeben. Einfach mal auf Verdacht freie Flächen im Kalender blockieren! Betreten verboten! Streuen verboten! Wer weiß, was mich noch überkommt an guten Ideen!
Leicht ist das für viele nicht bei unserem Lebensstil im Jahre 2013. Die Sonntage waren mal dafür gedacht: weiße Flecke! Zeit zu freier Gestaltung, ohne dass immer schon vorher fremde Spuren reingezeichnet sind. Belegt einzig mit dieser einen Stunde, in der es gilt, sich darauf zu besinnen, dass diese eine genau wie alle anderen 168 Stunden einer Woche ein Gottesgeschenk für mich sind.
Vorgestern war ich eine Stunde mit meinen Kindern Schlitten fahren. Leider kein Neuschnee mehr, aber die Bahn ging gut ab: Eine Stunde geschenkte Zeit – weil da gerade nichts anderes im Kalender stand!
Suchen Sie sich Ihre weißen Flecken! Blocken Sie noch ein paar, solange sie da sind. Warum nicht auch am Sonntag kombiniert mit dem Gang zur Kirche!? Das kann dann sogar mitten im Jahr noch mal richtig prickelnd werden!
Frank Bottenberg,
Pfarrer an St. Georg
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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