Behinderten-Projekt: Musikschule schaut in der Schulstraße übern Tellerrand

Peter Brand, Leiter der städtischen Musikschule Hattingen
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  • hochgeladen von Roland Römer

21 Menschen mit geistiger, körperlicher, sprachlicher und auch schwerstmehrfacher Behinderung leben im Tom-Mutters-Haus an der Schulstraße 64. Sie alle lieben Musik und so gibt es seit gut anderthalb Monaten ein gemeinsames Projekt mit der städtischen Musikschule.

Noch allerdings ist die Gruppe relativ klein, die sich an die Instrumente wagt.
Um die vier Bewohner sind es, die sich regelmäßig mittwochs gegen viertel nach sechs Uhr für 45 Minuten treffen, um sich mit Schlaginstrumenten wie Rasseln, Bongos oder Klanghölzern zu beschäftigen, die Stimme als „Ur-Instrument“ zu nutzen oder einfach auch mal Musik gemeinsam zu hören. Manchmal stoßen noch ein oder zwei Behinderte zur Gruppe, die nicht an der Schulstraße, sondern noch bei ihren Eltern leben.
Ein Bewohner der Schulstraße ist übrigens trotz seiner Behinderung so vielseitig interessiert, dass er neben beispielsweise Bogenschießen sogar Einzelunterricht an seinem Wunschinstrument, dem Cajón, erhält, so einer Art „Kistentrommel“ aus Holz. Sein Lehrer aus der Musikschule ist Rafael Hidalgo.

"Offene Türen eingerannt"

Für Musikschulleiter Peter Brand ist dieses Projekt mit den Bewohnern der Schulstraße 64 ein Blick über den Tellerrand, wie er sagt: „Ich habe selbst auch Sonderpädagogik studiert und bilde in diesem Bereich unsere Lehrer intern fort. Roswitha Weyandt, die diese Gruppe im Tom-Mutters-Haus leitet, nimmt bereits seit anderthalb Jahren an überörtlichen Fortbildungsmaßnahmen in diesem Bereich teil. Für uns ist dieses Projekt ja nicht das erste in Hattingen. Bereits seit drei Jahren arbeiten wir mit der Behinderten-Wohngruppe an der Essener Straße zusammen. Sie wird auch auftreten, wenn wir am Samstag, 9. Mai, die Musikschule an der Lessingstraße offiziell eröffnen. Vielleicht bekommen wir wie in Bochum ja irgendwann sogar ein ganzes Inklusionsorchester zusammen.“
Erfahrungen mit anderen, mit demenzkranken Menschen nämlich hat die städtische Musikschule schon einmal in einem Projekt gemacht. Um, wie Peter Brand es ausdrückt, „die Menschen da abzuholen, wo sie stehen“, ging es in erster Linie um Volksmusik und Schlager der 30er und 40er Jahre.

Musikgeschmack ist breit gefächert

Da beim neuen Projekt die Schulstraßen-Bewohner zwischen 20 und Mitte 70 sind, ist deren Musikgeschmack auch entsprechend breit gefächert. Uwe Tillmann und Susanne Balke-Rupenus von der Einrichtungsleitung: „Das geht hier von den Toten Hosen über Heino bis zu Helene Fischer. Musik spricht alle Menschen an – ob behindert oder nicht. Daher ist Peter Brand mit seinem Vorschlag bei uns offene Türen eingerannt. Auch Menschen mit Behinderung, die nicht bei uns wohnen, sind mittwochs hier willkommen, um Musik zu machen. Hier gibt es keinen Gruppenzwang, hier muss nicht jeder jedesmal dabei sein, weil viele das auch gar nicht schaffen würden. Es geht einzig um den Spaß an Musik.“
Peter Brand würde sich ebenfalls über weiteren Zuspruch freuen: „Für die Einrichtung selbst und uns als Musikschule ist das Projekt ein Experimentierfeld, das es so in Hattingen noch nicht gab. Drei Monate unbürokratische Vorbereitungszeit hatten wir dafür, jetzt geht es uns allen um Kontinuität.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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