Aus dem Hattinger Amtsgericht
Zollfahnder für Einbrecher gehalten

Der große Sitzungssaal im Amtsgericht in Corona-Zeiten.

Ein 48-jähriger Hattinger ist angeklagt, zwischen März 2018 und Mai 2019 über 18.000 Euro Sozialversicherungsabgaben für seine Mitarbeiter nicht abgeführt zu haben. Da auch nach neunzig Minuten für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und für Richter Dr. Amann noch keine Klarheit in dem Firmengeflecht des Angeklagten mit seinen entsprechenden Mitarbeitern bestand, wird der Strafprozess fortgesetzt.
„Ich dachte, Einbrecher hätten meine Wohnung durchsucht“, sagte der 48-jährige Angeklagte im Gericht, denn als er Anfang Dezember 2019 nach Hause kam, bemerkte er, dass seine Wohnungstür durch Fremde geöffnet worden war. Die Fremden waren Fahnder von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die an diesem Tage eine richterliche Wohnungsdurchsuchung bei ihm vollzogen und Unterlagen beschlagnahmten. Laut Protokoll fanden sie die Wohnung des Angeklagten in chaotischem Zustand vor.
Die Geschichte dazu ist schnell erzählt. Nach der Insolvenz des Angeklagten im Jahre 2007 hatte er ab 2016 wieder Firmen gegründet und angemeldet. Gebäudereinigung und Sicherheitsleistungen wollte er mit seinen zehn Mitarbeitern erbringen. Auch bei Flüchtlingsunterkünften will er Security-Dienstleistungen erbracht haben.
Einer seiner Hauptauftraggeber zahlte nach Angaben des Angeklagten zwar eine erste Abschlagszahlung, weitere Zahlungen blieben danach aus. „Der Bauleiter meines Auftraggebers hat dann einfach meine Leute abgeworben“, sagte der 48-Jährige und ergänzte, "ich habe mich gesetzeskonform verhalten und alles quittieren lassen".
Oberamtsanwältin Patricia Gloger beschuldigt den Hattinger allerdings, 38 Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß angemeldet und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge von März 2018 bis Mai 2019 nicht ordnungsgemäß abgeführt zu haben.
Die Höhe des Schadens beziffert die Staatsanwaltschaft auf 18.672,00 Euro. Dem widerspricht der Angeklagte und beteuerte, die genannte Zahl der Mitarbeiter seien in diesem Zeitraum nicht mehr bei ihm beschäftigt gewesen. Im Übrigen habe er seinem Steuerberater vertraut, da er selber auf den Einsatzstellen mitarbeitete.
Die Firmengeflechte des Angeklagten mit den dazugehörigen Mitarbeitern und geleisteten Zahlungen waren auch nach neunzig Minuten Prozessdauer nicht zu entwirren. Erschwerend kam dazu, dass bei Vorermittlungen befragte Mitarbeiter die Firmen des Angeklagten als ihre Arbeitgeber nannten, der Angeklagte aber deren Beschäftigung bestritt. Wiederholt kam es in der heutigen Hauptverhandlung zu Wortgefechten zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger des Angeklagten.

Strafprozess wird fortgesetzt

Amtsgerichtsdirektor Dr. Amann unterbrach dann nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft die Hauptverhandlung. Innerhalb von vier Wochen hat jetzt der Angeklagte mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Gloria, die Möglichkeit, eine detaillierte schriftliche Einlassung und Auflistung zu den Angeklagevorwürfen zu erstellen und weitere Beweismittel zu benennen. Beim Fortsetzungsprozess sollen dann auch weitere Zeugen gehört werden, bevor ein Urteil „Im Namen des Volkes“ gesprochen wird.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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