Hattingen
Polizeieinsatz eskalierte vor den Augen eines Kleinkindes

Der große Sitzungssaal des Amtsgerichtes in Hattingen.

Ein 30-Jähriger in Hattingen wohnender Tunesier hatte sich vor dem Strafrichter wegen Körperverletzung gegenüber seiner Partnerin und wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte zu verantworten. 900 Euro Geldstrafe muss er jetzt bezahlen.

Die Aussagen der Beteiligten hätten vor Gericht nicht gegensätzlicher sein können. Aber von vorn. Der Angeklagte lebt seit 2014 in Deutschland und lernte in der Flüchtlingsunterkunft seine Partnerin aus Algerien kennen, mit der er inzwischen vier Kinder hat. Erst nach einem Jahr gab er seine richtige Identität preis aus Angst, sonst abgeschoben zu werden.
Als er Anfang März von seiner Arbeitsstelle nach Hause kam, war seine Partnerin nicht anwesend. Wie sich später herausstellte, dolmetschte seine Partnerin, die sich in der Hattinger Flüchtlingshilfe engagiert, bei einem Arzt für eine syrische Familie.
Zwischen dem Angeklagten und seiner Partnerin muss es dann zu einem heftigen Wortgefecht über das „eigenständige Verhalten der Frau“ gekommen sein.
Um dem Angeklagten dann einmal richtig verdeutlichen zu lassen, dass man sich als Frau in Deutschland frei bewegen kann, rief die Partnerin um 22 Uhr am Tattag zwecks Schlichtung des Streites die Polizei. „Die Polizei dazu zu rufen, war dann mein größter Fehler“, sagte sie als Zeugin vor Gericht in Erinnerung an das dann weiter eskalierende Geschehen.
Uns wurde häusliche Gewalt angezeigt und wir fuhren mit drei Kräften zu der Wohnung in Hattingen“, sagten die Beamten aus. Die Partnerin des Angeklagten soll den Beamten beim Öffnen der Wohnungstür eine leichte Rötung am Auge gezeigt haben.
Der Angeklagte wusste nicht, dass seine Partnerin die Polizei verständigt hatte und war total überrascht, als er nur mit einem Short bekleidet aus der Dusche kam und drei Polizeibeamte ihm plötzlich gegenüberstanden.
Während die drei Polizeibeamten aussagten, dass der Angeklagte trotz wiederholter Ermahnung den Sicherheitsabstand zu den Beamten unterschritten und mit Fäusten auf diese losgegangen sei, dementierten dieses der Angeklagte und auch seine Partnerin.
Die Beamten brachten den Angeklagten dann in der engen Wohnung zu Boden und legten ihm Handfesseln an. Dabei wurde der 30-Jährige verletzt. Die Polizeibeamten gaben mir keine Möglichkeit, mich vorher noch anzuziehen, sagte der Angeklagte und ergänzte, dass seine Partnerin ihm später Kleidungsstücke in das Polizeigewahrsam bringen musste.
Ein Polizeibeamter bestätigte vor Gericht seinen Eindruck, dass die am Einsatz beteiligten Beamten von der Partnerin des Angeklagten instrumentalisiert wurden, um diesem die Werte unseres Grundgesetzes verdeutlichen zu lassen. „Und uns dann noch bei dem Einsatz bei der Festnahme mit dem Handy im Beisein ihres kleinen Kindes zu filmen, ist absolut unakzeptabel", ergänzte der Beamte.
Der Partnerin wurde ihr Handy abgenommen und sie musste später auf der Polizeiwache die erstellten Videosequenzen löschen.
Nach der miterlebten vorübergehenden Festnahme des Angeklagten am Tattag gegen 22 Uhr soll das dreijährige Kind des Angeklagten sein Sprechen eingestellt haben. Warum die Angeklagte ihr kleines Kind vor dem Eintreffen der Polizei nicht vorher aus dem Raum gebracht hatte, konnte sie Richter Kimmeskamp nicht beantworten.
Am Ende der Beweisaufnahme folgte der Richter dann dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den bereits vorbestraften Angeklagten wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Vom Vorwurf der Körperverletzung gegen seine Partnerin wurde er freigesprochen.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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