Messerstich in Hattingen
Freispruch nach 5 Stunden Schöffengericht

Ein 52-jähriger aus Hattingen, bereits mit Gesetz in Konflikt gekommen, hatte sich vor dem Schöffengericht zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn, Mitte April 2020 in Welper u.a. eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben, bei denen eine Person bedroht, geschlagen und mit einem Messer verletzt wurde. Am Ende wurde er freigesprochen.

Es war eine Hauptverhandlung, die es in sich hatte mit über fünfstündiger Dauer und der Anhörung von elf Zeugen. Die dabei erfolgte strikte Einhaltung der Corona-Bedingungen mit Abstand halten, Gesichtsmaske tragen und ein regelmäßiges Lüften bei winterlichen Temperaturen machten die Verhandlung nicht gerade einfacher. Zudem übersetzte ununterbrochen eine Dolmetscherin von der deutschen in die türkische Sprache.

Messerstich in den Oberschenkel

Unbestritten ist, dass einem 42-Jährigen aus Köln am frühen Abend Mitte April 2020 in Welper auf der Marxstraße mit einem Messer, dass auch später nicht gefunden wurde, in den Oberschenkel gestochen wurde. Vorausgegangen war ein verbaler Streit zwischen dem Angeklagten und dem späteren Opfer. Dann gab es ein Geschubse, ein unbeteiligter Passant, der schlichten wollte, wurde zu Boden gerissen. Aber es waren auch weitere Personen zugegen, die der Angeklagte, der sich von dem extra aus Köln angereisten 42-Jährigen bedroht gefühlt haben will, zu Hilfe geholt hatte.
Trotz fünfstündiger Hauptverhandlung konnten bis zum Schluss die genauen Hintergründe und die Vorgeschichte nicht aufgeklärt werden, die zu dem eskalierenden Streit geführt hatten.
Der im Ausland lebende Arbeitgeber des Angeklagten soll den durch einen Messerstich verletzten 42-Jährigen „gebeten“ haben, aus Köln nach Hattingen zu fahren um den Angeklagten zuhause aufzufordern, mit seinem Arbeitgeber zu telefonieren. Dazu benutzte der Geschädigte einen Miet- PKW, dessen Kennzeichen später noch einmal der Polizei in Dortmund gemeldet wurde, als 10 Tage vor dem angeklagten Messerstich in Welper versucht worden sein soll, den Angeklagten in Dortmund zu entführen und dabei in ein Auto mit gleichem Kennzeichen zu ziehen.
Nach dem Messerstich in Welper soll der Geschädigte noch vom Krankenhaus aus, seine Ehefrau telefonisch aufgefordert haben, alle Einstellungen seines Smartphones, welches die Polizei sichergestellt hatte, von der Ferne aus auf Werkseinstellungen zurückzusetzen. Somit wurden alle Nachrichten gelöscht.

Geschädigter hatte Angst, das Gericht zu betreten

Zu Beginn der Schöffengerichtsverhandlung hatte der Geschädigte aus Köln Angst, das Amtsgericht zu betreten, als er einige Personen vor dem Eingang des Gerichtes sah. Er suchte Schutz in der Wachtmeisterei, deren Beamte ihn später in den Sitzungssaal zu seiner Zeugenaussage begleiteten.
Am Ende der Hauptverhandlung war Staatsanwalt Björn Kocherscheidt überzeugt, dass der Angeklagte den Messerstich auf den Kölner ausgeführt hatte. Er beantragte beim Schöffengericht, den vorbestraften Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung zu verurteilen und ihm eine Geldauflage von 500 Euro aufzuerlegen.

Freispruch für den Angeklagten - Staatsanwaltschaft legte schon Rechtsmittel ein

Das sah Rechtsanwalt Yücel Arslan, der den Angeklagten vertrat, allerdings anders. Er bezweifelte die Glaubwürdigkeit des Geschädigten anhand vieler Widersprüche. Er sah überhaupt keine Feststellungen nachgewiesen, dass sein Mandant den Messerstich gegen den Kölner ausgeführt hatte. Daher beantragte er Freispruch für seinen Mandanten aus Hattingen.
Nach längerer Beratung verkündete Richter Johannes Kimmeskamp das Urteil der drei Richter des Schöffengerichtes, die mit ihrem Freispruch dem Plädoyer des Verteidigers folgten. „Die für eine Verurteilung erforderliche Sicherheit, dass der Angeklagte den Messerstich ausgeführt hat, konnte heute in der Hauptverhandlung nicht nachgewiesen werden“, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft bereits Rechtsmittel eingelegt. Somit wird sich jetzt das Landgericht in Essen als nächste Instanz mit diesem Fall beschäftigen.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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