Im Einsatz für die Seestadt-Katzen
Streunerkatzen-Projekt feiert 10jähriges Bestehen

Haltern. Manchmal kommt es mir vor, als hätte ich erst gestern meinen ersten Streuner gefangen.“ Tina Franzgrote-Uhländer lächelt wehmütig, als sie sich an die Anfänge ihres kleinen Privatprojektes erinnert. Die „Streunermutter von Haltern“ begann im September 2011 ihre aktive Tierschutzarbeit in der Seestadt.

Vor nunmehr 10 Jahren startete sie ihre erste Katzenfangaktion, nachdem sie in ihrer Wohnsiedlung auf eine kleine Population verwilderter Tiere aufmerksam wurde, die sich stetig weiter vermehrte. Als sie nach einem Anruf beim Halterner Ordnungsamt erfuhr, dass für wildlebende Katzen keine offiziell zuständige Stelle vorgesehen war, handelte sie in Eigeninitiative und startete erfolgreich ihre erste Kastrationsaktion. „Das war der Startschuss meiner Arbeit für die Seestadtkatzen“, erinnert sich die engagierte Frau. „Und ich entschloss mich, meine Hilfe auch anderen anzubieten. Da es bislang in Haltern keine entsprechenden Anlaufstellen gab, war anzunehmen, dass ich eine Marktlücke treffen würde.“

Streuneraufkommen anfangs extrem

Und tatsächlich ließen die ersten Anfragen nicht lange auf sich warten. So viele, dass die Katzenfreundin stellenweise eine Warteliste anlegen musste, weil sie nicht überall gleichzeitig sein konnte. „In den ersten Jahren war es der pure Wahnsinn“, erinnert sie sich. „Es gab eine wahre Masse an Streunerkatzen auf Halterns Straßen und oftmals waren die Tiere in einem elendigen Zustand. Das Leid der Straßenkatzen, welches man aus südlichen Ländern kennt, gibt es durchaus auch bei uns. Nur, weil man die Katzen nicht überall herumlaufen sieht, bedeute das nicht, dass sie nicht da sind. Und durch die unkontrollierte Vermehrung steigt ihre Zahl rasch an. Besonders dann, wenn die Menschen es noch gut meinen und die Tiere anfüttern. Denn wo eine Katze Futter findet, werden auch drei satt. Wird allerdings nicht im gleichen Zuge kastriert, explodiert der Bestand. Und dann ist die Not groß. Aufträge für das Einfangen von 8, 10 oder mehr Tieren waren am Anfang meiner Projektarbeit an der Tagesordnung."

Irgendwann konnte sie die Kosten für die Aufnahme, Versorgung und Behandlung der Tiere nicht mehr aus eigener Tasche zahlen. Subventionen aus kommunaler Hand gab es nicht. „Also bin ich herumgezogen und habe bei allen möglichen Stellen um Unterstützung gebettelt. Am Anfang war das richtig hart und ich habe um jeden Cent gekämpft“, berichtet die Tierschützerin. "Aber es hat sich gelohnt. Mein Projekt hat sich nach und nach etabliert und viele Menschen haben mich in den letzten 10 Jahren vor allem finanziell unterstützt. Dafür kann ich mich nur immer wieder bedanken.“

Im Laufe der Zeit hat sie ihr Katzenschutz-Portfolio erweitert. Sie legte die Sachkundeprüfung für Katzen vor der Tierärztekammer ab und ist heute eine feste Institution, die als kompetenter Ansprechpartner in allen Fragen rund um das Thema Streunerkatzen eine wichtige Anlaufstelle bietet. Nicht nur regelmäßige Fang- und Kastrationsaktionen gehören weiterhin zu ihrem Tierschutzalltag, sondern auch die tägliche Betreuung von Futterstellen, der Bau von wetterfesten Schutzhütten für freilebende Katzen und das Sichern von Totfunden im Halterner Stadtgebiet. Mit den Tierschutzvereinen und Tierheimen der umliegenden Städte ist sie ebenfalls gut vernetzt. „Ohne die Hilfe der Kollegen wäre ich oft schnell am Ende meiner Möglichkeiten."
Die aktive Arbeit in Haltern bewerkstelligt sie allerdings mittlerweile allein. Alle bisherigen Mitstreiter hätten das Projekt früher oder später wieder verlassen. Zu zeitaufwändig und teilweise mental und körperlich belastend sei die ehrenamtliche Arbeit. Neben Familie und Beruf funktioniere das oft nicht gut. „Total verständlich", so Franzgrote-Uhländer, "jeder setzt seine Prioritäten anders. Für mich ist es eine Passion, eine Lebensaufgabe. Und ich kann mir ein Leben ohne Katzenschutzarbeit nicht mehr vorstellen". 

Oft keine Chance auf Vermittlung

Viele hundert Tiere hat sie im letzten Jahrzehnt in Haltern gefangen. Die meisten davon allerdings so scheu, dass sie nicht mehr in Menschenobhut vermittelt werden konnten. „Einzige Option für diese Tiere ist die Unfruchtbarmachung und Rücksetzung an den Fangort, wo sie im besten Fall weiterhin mit Futter kontrolliert betreut und ihr Bestand überwacht wird“, so die Flaesheimerin. „Aber das Leben auf der Straße ist für die Tiere kein Zuckerschlecken. Viele werden chronisch krank und sterben einen einsamen Tod. Es ist ein elendes Leben und keinem Wesen zu wünschen. Warum solche Schicksale nicht verhindern, wenn es doch eigentlich ganz einfach ist?“

Die Aufklärungsarbeit sei in Haltern noch immer sehr wichtig, denn gerade die Besitzer von unkastrierten Freigängern würden sich oft keine Gedanken darüber machen, dass ihre eigenen Tiere Mitverursacher des Elends sind. Nämlich immer dann, wenn ein unkastrierter Hauskater auf eine verwilderte Katzendame trifft. Daher appelliert die Aktivistin immer wieder öffentlich an alle Halter, ihre Tiere kastrieren zu lassen. Bei Fragen rund um das Thema Kastration von Privattieren, Ablauf und Kosten ist sie ebenfalls ansprechbar.

Kastrationspflicht würde helfen

Eine gute Möglichkeit die Population der wilden Katzen einzudämmen, wäre die Einführung einer kommunalen Kastrationspflicht für Freigängerkatzen. Auch, wenn es bereits sehr viele positive Beispiele aus den Nachbargemeinden gibt, hat das Modell in Haltern, bislang nicht überzeugen können. „Aber ich bleibe dran", sagt Franzgrote-Uhländer entschlossen, "vielleicht entscheidet man sich irgendwann doch noch für diese progressive Art des Tierschutzes und unterstützt damit die Regulierung des Streunerbestandes. Das wäre ein tolles politisches und empathisches Statement!“

Was die Arbeit ihres Projektes in den nächsten Jahren mit sich bringt, kann sich die 43 Jährige nur ausmalen. „Ich merke, dass sich die Sichtweise in Bezug auf Streunerkatzen in der Bevölkerung durch die stetige Aufklärungsarbeit verändert hat. Man muss es einfach immer und immer wieder erzählen und die Leute motivieren. Dann fruchtet es irgendwann und die Situation verbessert sich auch langfristig“, ist sie sicher. "Zwar sehe ich nach 10 Jahren unermüdlicher Arbeit bereits erste Erfolge, aber es gibt noch viel zu tun. Und solange die Tiere mich brauchen und ich dieses Projekt weiterführen kann und darf, werde ich im Einsatz bleiben. Im Einsatz für die Seestadtkatzen.“

Weitere Informationen zum Thema gibt es unter:
www.streuner-haltern.de oder
www.facebook.com/Streunerkatzen.Haltern

Autor:

Streunerkatzen-Projekt Haltern am See aus Haltern

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