Mit dem Begegnungsmobil, "Uns schickt der Himmel" unterwegs zu ungewöhnlichen Orten
Einfach mal zuhören
Haltern/Diözese Münster. Auf drei Stehtischen auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums im Halterner Ortsteil Sythen liegen Stofftaschen mit dem Aufdruck "Dich schickt der Himmel", etwas Gebäck steht daneben. Aber: "Wir wollen nichts verkaufen und auch nicht für Kirche und Caritas werben", sagt David Schütz. Sondern "einfach mal zuhören". Zwei Wochen lang sind er und Pastoralreferent Georg Kleemann mit dem "Begegnungsmobil" unterwegs zu für die Caritas eher ungewohnten Orten. Als Mitarbeiter der Caritas Ostvest arbeitet Schütz an der Nahtstelle zwischen Haupt- und Ehrenamt. Gemeinsam haben sie die Aktion mit einem Team aus rund 50 Freiwilligen der Pfarrcaritasgruppen organisiert.
"Uns schickt der Himmel" prangt auf dem in Rottönen lackierten Kleinbus, dem Blickfang der Aktion. Eigentlich sollte er für das von der Glücksspirale geförderte Projekt der Caritas-Konferenzen Deutschland (CKD) in der Diözese Münster im vergangenen Jahr schon einige tausend Kilometer sammeln. Großes Interesse gab es bei den örtlichen Caritasverbänden und Pfarrcaritasgruppen an der Ausleihe. Aber kaum waren Ausbau und die neue Lackierung geschafft, vereitelte die Pandemie den Einsatz. Lena Dirksmeier, Geschäftsführerin der CKD und Referentin für die Gemeindecaritas im Diözesancaritasverband Münster, freut sich, dass es "jetzt endlich richtig losgeht".
Caritas-Projekt startet wieder nach Corona
Die Projektidee geht jedenfalls auf: David Schütz bietet einer Frau, die aus dem Einkaufsmarkt kommt, eine der Stofftaschen an. Es gehe ihr gut, versichert sie. Aber ihrem Mann leider nicht, der leide schon länger an Parkinson. "Eine offene Frage und dann erzählen die Leute sofort ihre Lebensgeschichte", ist seine Erfahrung. Als "Gesprächsöffner" hat das Projektteam der Caritas Ostvest 1000 Taschen mit dem Spruch "Dich schickt der Himmel" bedrucken lassen.
Strategisch günstig neben dem Abstellplatz der Einkaufswagen platziert unterhält sich Reinhild Tuschewitzki mit einem älteren Paar. Als weiteren Gesprächsöffner hat sie Kekse in Bulli-Form im Angebot, die ihre Kollegin Annerose Rott aus der Caritasgruppe in Lippramsdorf gebacken hat. Von allen Seiten wird Reinhild Tuschwewitzki gegrüßt, in Sythen ist die Sprecherin der Pfarrcaritas gut bekannt und so immer wieder schnell im Gespräch.
Caritasgruppe in Lippramsdorf
Im Verlauf der zwei Wochen hält das Begegnungsmobil an vielen verschiedenen Orten: Auf dem Marktplatz mitten in der Innenstadt oder am „Dachsbergspielplatz“ in der Haard, einem bei Wanderern und Mountainbikern beliebten Waldgebiet. Ein Friedhof wird ebenso angefahren wie eine Kita zur Abholzeit oder das Schulzentrum. An manchen Orten halten sich wegen des heißen Wetters nur wenige Menschen auf. „Da ist es gut, dass wir mit dem Bulli mobil sind und den Leuten ein wenig hinterherfahren können“, schmunzelt David Schütz nach einem spontanen Abstecher zum Westuferpark am Halterner Stausee.
Die Gesprächsthemen variieren naturgemäß von Ort zu Ort. Die Seniorin, die im Dorfsupermarkt ihren Einkauf erledigt, bewegen andere Themen als die Fahrradausflügler aus dem Ruhrgebiet, die entspannte Drei-Generationen-Familie am Wochenende auf dem Spielplatz oder die Asylbewerber in der Flüchtlingsunterkunft, die zum Abschluss das Ziel ist. Natürlich ist auch die aktuelle Situation der Kirche immer wieder Thema, aber vor allem sind es die Alltagsdinge, die die Menschen bewegen. "Oft geht es um Trauer", beobachtet David Schütz, aktuell ganz viel um die Pandemie und immer wieder auch um fachliche Fragen, vor allem Pflege. Wenn notwendig und gewünscht verweisen die Caritas-Mitarbeitenden an die Fachdienste.
Die ganze Bandbreite der Gesprächsthemen wird in einem "Begegnungstagebuch" festgehalten. „Gemeinsam wollen wir im Anschluss überlegen, welche Folgen sich für unser Handeln in Pastoral und Caritas ergeben“, erklärt Schütz und hofft darauf, dass es nicht bei diesem einmaligen Projekt bleibt. Die offene Begegnung hat er als sehr bereichernd empfunden: "Zwei Wochen einfach mal zuhören ist eine einzige Fortbildung." Und nach zwei Wochen steten Ortswechsels ist ihm mit einem Bild des Sozialwissenschaftlers Paul-Stefan Roß klar geworden: "Wir brauchen als Kirche und Caritas mehr Zelte und weniger Paläste."
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