Aus der Zeche Fürst Leopold in die Krankenpflege in der LWL Haard-Klinik
"Ich bin stolz, dass ich das erleben durfte"
Kreis RE. Fachkräfte, BerufsanfängerInnen und QuereinsteigerInnen - Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bietet als einer der größten Arbeitgeber in der Region vielfältige Karrierechancen. Daher arbeiten beim LWL auch Menschen mit überraschenden Lebensläufen: So wie Thorsten Jedlicka, der erst elf Jahre im Ruhrgebiet als Bergmann malochte, bevor er sich zum Krankenpfleger umschulen ließ. Heute ist der 53-Jährige Stationsleiter für zwei große Akutstationen der LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marl-Sinsen.
Als Erster in seiner Familie entschließt sich Jedlicka 1985 für eine Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann bei der Ruhrkohle AG (RAG): "Die Ruhrkohle galt als sicherer und verlässlicher Arbeitgeber, der gut bezahlte." Nach dem Ende seiner Ausbildung arbeitet er zunächst im Kohlerevier der Zeche Fürst Leopold in Dorsten. "Das war eine echte Prüfung", erinnert sich Jedlicka. Durch die Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit und die teilweise sehr engen Strebe seien die Arbeitsbedingungen in diesem Revier besonders anstrengend gewesen. "Dort habe ich von den Kumpels schnell gelernt, worauf es ankommt: Sicherheit war extrem wichtig, jeder Handgriff musste sitzen. Der Umgangston war zwar hart, aber immer herzlich." Die große Kameradschaft ist dem 53-Jährigen besonders in Erinnerung geblieben: "Der enorme Zusammenhalt untereinander hat den Bergbau ausgemacht. Gemeinsam konnten wir die harte Arbeit gut wegstecken."
"Der enorme Zusammenhalt untereinander hat den Bergbau ausgemacht. Gemeinsam konnten wir die harte Arbeit gut wegstecken."
Dass er bei der RAG nicht bis zur Rente arbeiten würde, sondern sich weiterentwickeln wollte, war für Jedlicka immer klar. Hinzu kam die ungewisse Zukunft der Ruhrkohle. Als Jedlicka daher 1996 am Schwarzen Brett das Angebot der RAG für eine Umschulung zum Krankenpfleger sieht, informiert er sich noch am selben Tag darüber. Nach einem zweiwöchigen Praktikum im Marien-Hospital in Marl ist er sich sicher: "Das kann ich und das will ich auch."
Nur wenige Wochen später beginnt der damals 29-Jährige seine Ausbildung zum Krankenpfleger. Während der Umschulung unterstützt ihn die RAG finanziell. "Dafür musste ich das Risiko der Ausbildung selber tragen, denn ein Zurück zur Ruhrkohle wäre nicht möglich gewesen. Hätte ich das Staatsexamen nicht bestanden, wäre ich arbeitslos gewesen." Auch während den Praxiseinsätzen in verschiedenen Kliniken und Bereichen der Krankenpflege müssen sich die Bergmänner erstmal beweisen. Die Skepsis gegenüber den neuen Kollegen ist zu Anfang recht hoch: "Viele fragten sich, wie kann man nur einen Pütti in der Pflege ausbilden?", sagt Jedlicka. Auch seine spätere Ehefrau, selbst Krankenpflegerin, musste ihrem Mann gestehen, dass sie anfangs Vorurteile hatte. "Aber mit der Zeit zeigte sich, dass viele der Kumpels sogar zu den besten Krankenpflegern gehören - eben wegen unserer genauen Arbeitsweise und der gegenseitigen Unterstützung."
Während seiner Praxisphasen lernte Jedlicka auch die LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marl-Sinsen kennen und beginnt 1999 seine Karriere beim LWL: "In der Arbeit mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen habe ich gemerkt, wie viel Gutes ich hier leisten kann. Ich hatte das Gefühl, dass die Kinder mich und meine Unterstützung annehmen und dass da etwas zurückkommt." Den Spaß am Lernen behält der ehemalige Bergmann bei und bildet sich über die Jahre weiter: 2009 übernimmt er die stellvertretende Leitung auf der Suchtstation, bereits ein Jahr später wird er Leiter auf einer der geschützten Stationen. Seit 2016 hat Jedlicka sogar die Leitung für zwei Stationen inne, mit insgesamt 32 Mitarbeitenden und durchschnittlich 24 Patient:innen.
Auf seine Zeit im Bergbau schaut Jedlicka bis heute gerne zurück: "Ich bin stolz, dass ich das erleben durfte. Diese Zeit hat mich geprägt. Sie hat mir aber auch gezeigt, wie schön meine jetzige Arbeit."
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