Enttäuschung für die Halterner Wohnbevölkerung
Kommunalpolitische Mehrheit gegen bezahlbares Wohnen und Bauen in Haltern
Foto: immonet
Halterner Stadtenwicklungsausschuss lehnt Baulandmobilisierung zur Preisdämpfung am Wohnungs- und Grundstücksmarkt mit haarsträubenden„Argumenten“ mehrheitlich ab
HALTERN AM SEE. Im sündhaft teuren Haltern am See mit einem besonders angespannten Wohnungsmarkt soll weiterhin bezahlbares Wohnen und Bauen unterbleiben. Die exorbitante Preisexplosion auf dem Halterner Wohnungs- und Grundstücksmarkt soll ungebremst weitergehen. Das ist die Konsequenz eines kommunalpolitischen Mehrheitsbeschlusses einer Koalition von CDU, FDP und WGH in der jüngsten Sitzung des Halterner Stadtentwicklungsausschusses. Die Anwendung der neuen Rechtsinstrumente von Bund und Land für die Baulandmobilisierung mit Hilfe des Vorkaufsrechtes und des Baugebotes wurden von ihnen strikt abgelehnt. Eine Alternative, wie sie sich stattdessen preisdämpfende Maßnahmen vorstellen, hatten sie nicht zu bieten. Ob sie sich in der bevorstehenden Ratssitzung am 25. Mai ihrer Verantwortung für die Wohnbevölkerung und das Gemeinwohl nochmals anders besinnen und die grundgesetzliche Sozialverpflichtung des Eigentums ernst nehmen, bleibt abzuwarten.
Eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbaren Mietwohnungen mit Hilfe des kommunalen Vorkaufsrechtes und Baugebotes, wie von Bund und Land für die 95 Kommunen mit besonders hohen Grundstücks- und Mietpreisen vorgesehen, sei für Haltern „nicht erstrebenswert“ und angeblich mit „Enteignung“ der Grundbesitzer gleichzusetzen, so die haarsträubende „Argumente“ der konservativen Ratskoalition. In Haltern gehen halt die Uhren anders? Bei den Grundbesitzern, Maklern und Grundstücksspekulanten auf dem Halterner Immobilienmarkt dürften daraufhin wohl die Sektkorken knallen, während es für die Wohnungsuchenden eine herbe Enttäuschung ist. Für sie bleibt „bezahlbares Wohnen“ in Haltern eine leeres Wahlkampfversprechen der Mehrheitsparteien, die bereits zur Halbzeitbilanz ihr verfehltes oder aufgegebenes Ziel bekennen müssen.
Zuvor hatten die gleichen Kommunalpolitiker noch jahrelang über den „Mangel an Bauland“ im Stadtgebiet lauthals geklagt und in ihren Wahlprogrammen für „bezahlbares Wohnen“ geworben. Nun entschieden sie sich für das Gegenteil, indem sie mit absurden Begründungen von einer angeblichen „Enteignung“ der Grundbesitzer fabulierten, die es zu verhindern gelte. Die FDP-Fraktion sprach gar von „Eingriff in die Privatsphäre." Offenbar gefällt es vielen Grundbesitzern und ihrer Lobby in der Stadt, dass sich hier die Grundstückspreise auch weiterhin alle 10 Jahre verdoppeln und somit eine „Goldgräbermentalität“ für Spekulanten am Halterner Immobilienmarkt sich breit macht. Die Grundstücks- und Mietpreise werden also in Haltern weiter ungebremst nach oben gehen, weil die örtlichen Kommunalpolitiker es mehrheitlich so wollen, wie der ablehnende Ausschuss-Beschluss offenbart.
Die Fake News von der angeblichen „Enteignung“
Zu recht sprachen die Vertreter von SPD und Grünen im Ratsausschuss davon, dass es "Blödsinn" sei, von „Enteignung“ zu reden. In den meisten der über 90 Kommunen in NRW mit ebenfalls hohen Grundstücks- und Mietpreisen und angespanntem Wohnungsmarkt werden die neuen Instrumente willkommen geheißen und sogleich angewendet, wie z.B. auch in den CDU-regierten Münsterland-Städten Borken und Gronau, die eine Vorkaufsrechtssatzung für die gesamte Innenstadt beschlossen haben zur Vermeidung von Fehlentwicklungen. Denn entgegen den Fake News einiger Halterner Ratsherren ermöglicht das kommunale Vorkaufsrecht im öffentlichen Interesse lediglich dann, wenn ein Grundbesitzer selber Verkaufsabsichten hat, statt eines privaten Käufers das Grundstück bevorzugt als Stadt zum ausgehandelten Marktpreis zu erwerben.
Und das ebenfalls in Haltern abgelehnte Baugebot greift nur dann, wenn ein Grundbesitzer aus spekulativen Gründen sein Grundstück jahrelang nicht bebaut, sondern es zwecks Wertsteigerung brach liegen lässt. Dass dies so bleibt, wird durch das kräftige „weiter so“ der Halterner Ratsmehrheit nunmehr besiegelt und damit weiteren Fehlentwicklungen Tür und Tor geöffnet. Damit werden die gemeinsamen Bemühungen von CDU, SPD und Grünen in Land und Bund zur Unterstützung der Kommunen bei ihrer Wohnungsbaupolitik in Haltern vor Ort torpediert, denn hier hält man sich für klüger als die Landes- und Bundesebene und als die meisten anderen Kommunen, die erfolgreiche Modelle zur Preisdämpfung am Grundstücks- und Wohnungsmarkt praktizieren. (Viele davon wurden hier im Lokalkompass vorgestellt).
In Haltern gehen die Uhren anders
Auch beim neuesten Halterner Baugebiet in Hullern (Buttstraße) mit 2,5 ha Geamtfläche für teils auswärtige Interessenten begnügt man sich mit einer geringen Besiedlungsdichte von nur 16 Wohneinheiten pro Hektar mit der hanebüchenen Begründung des Projektsteuerers, dass sonst nicht genügend Flächen für Autostellplätze zu schaffen seien. Derweil beschloss der Rat der Stadt Münster eine vorbildliche Mindestdichte von 55 Wohneinheiten pro ha auch für die dörflichen Stadtteile, um flächensparend und kostensenkend Wohnungen zu schaffen, darunter auch 30% öffentlich geförderte Wohnungen. In Hullern: Fehlanzeige.
Haltern geht den gegenteiligen Weg der Verteuerung des Bauens und Wohnens und des intensiven Flächenverbrauchs, vorbei an den tatsächlichen Wohnbedürfnissen der Bevölkerung. Denn, wie gesagt, in Haltern gehen die Uhren offensichtlich anders, nämlich erkennbar rückwärts in die Vergangenheit statt vorwärts in eine nachhaltige Zukunft - mit einer veränderten Bau- und Wohnkultur nach den gewandelten Lebens- und Wohnbedürfnissen aller Bevölkerungsschichten. Deshalb sollte die Diskussion um die Zukunft des Halterner Wohnungsmarktes und der Halterner Grundstücks- und Wohnungspolitik fortgeführt werden, denn Demokratie ohne Streitkultur führt nicht zu Veränderungen und zum Fortschritt.
Wilhelm Neurohr, 18. Mai 2023
Autor:Wilhelm Neurohr aus Haltern | |
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