Fehlplanungen in Haltern
Kommentar: Wem dient die städtische "Flächenentwicklungsgesellschaft" in Haltern?

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Architekturbüro Wannemacher u. Partner

HALTERN AM SEE. Anlässlich der heftigen öffentlichen Diskussion über die umstrittene Planung von verkehrsbelastenden Bauprojekten im Bahnhofsbereich an der Annabergstraße taucht eine Frage auf, die von der Stadt zu beantworten wäre: Wieso ist es die Aufgabe einer städtischen „Flächenentwicklungsgesellschaft“ als öffentlicher Dienstleister, an diesem umstrittenen Standort eine Immobilie für freischaffende Ärzte und deren Privatpatienten („Medical Center“) zu errichten - und das in Konkurrenz zu einem gleichgelagerten privaten Projekt an der Weseler Straße (Amaro-Haus)? Da in der Stadt Haltern der Bedarf an Fachärzten vollständig gedeckt ist und auch bei Hausärzten zu 93%, wie von der kassenärztlichen Vereinigung festgestellt, wären nur noch Privatpraxen zugelassen. Ist es jedoch eine städtische Aufgabe, sich um das Bereitstellen von Praxisräumen für diese Zielgruppe zu kümmern (statt z. B. um fehlende Hausarztpraxen an den dörflichen Standorten in Haltern wie z. B. Lavesum sowie um Wohnungsbauprojekte für bezahlbares Wohnen)?

Der Daseinszweck der städtischen Flächenentwicklungsgesellschaft (FEG)

Was ist überhaupt der Daseinszweck für die bei den Stadtwerken angegliederte städtische Flächenentwicklungsgesellschaft (FEG)? Als deren Aufgabe ist auf der Homepage angegeben, „die Stadtentwicklung an wichtigen Stellen im Interesse der Bürger und ihrer Stadt zu steuern.“ Das Projekt am Bahnhof geht offensichtlich an den Bürgerinteressen vorbei. Das zweite Projekt der FEG ist die Errichtung von 40 Komfortwohnungen und einigen Gewerberäumen in einem Wohnungskomplex am Schüttenwall durch einen Kasseler Architekten, voraussehbar im oberen Preissegment für gehobene Wohnansprüche. Von öffentlich geförderten und damit bezahlbaren Wohnungen, die in Haltern dringend fehlen, ist jedenfalls bislang nicht die Rede.

Das dritte Immobilienprojekt ist das umstrittene Neubaugebiet Nesberg, wo die FEG ihre Rolle offensichtlich darin sieht, den 59 Grundstückseigentümern der Ackerflächen zu einer lukrativen Vermarktung als Bauland (zu erwarteten Höchstpreisen bis 800 €/qm) mit Hilfe eines Kölner Projektentwicklers zu verhelfen, um darauf Einfamilienhäuser im Grünen für Gutverdienende und Vermögende zu errichten. Braucht diese Bevölkerungsschicht einen städtischen Dienstleister zur Unterstützung?

FEG auflösen oder umorientieren?

Man kann dem Rat der Stadt nur empfehlen, eine so ausgerichtete FEG entweder aufzulösen oder ihren Auftrag komplett umzuändern: Einer städtische Flächenentwicklungsgesellschaft sollte die vorrangige Aufgabe übertragen werden, „im Interesse der Bürger und ihrer Stadt“ Grundstücksbevorratung in Ausübung des städtischen Vorkaufsrechtes zu betreiben, um damit auch im überteuerten Haltern bezahlbares Wohnen zu ermöglichen.

Der öffentlich geförderten Wohnungsbau gehört in das Portfolio einer städtischen Gesellschaft, denn daran mangelt es in der Stadt. (Vorbilder dafür gibt es in zahlreichen anderen Städten). Wenn das nicht gewollt ist, dann sollten die Stadtwerke sich auf ihre Kernaufgabe der Energiewende konzentrieren und nicht marktorientierte Immobiliengeschäfte in Konkurrenz zu privaten oder kommerziellen Immobilienunternehmen betreiben. Dafür brauchen wir wahrlich keinen städtischen Dienstleister, denn dafür tummeln sich genügend kommerzielle Immobilienunternehmen auf dem lukrativen Halterner Immobilienmarkt.

Wilhelm Neurohr, 22. Februar 2023

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

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