Vortragsabend zur Überwindung der Demokratie-Krise
Der Bürgerrat als ein Beitrag zur Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Stadt
Foto: Bertelsmann-Stiftung
HALTERN AM SEE. „Das schwindende Vertrauen in Politik und Parteien ist eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, das erfuhren die Zuhörer des aufrüttelnden Vortags von Dr. Kai Unzicker von der Bertelsmann-Stiftung am Dienstag in der Stadtbücherei mit dem Titel. „Demokratie in der Krise – wie sich Vertrauen in die Politik zurückgewinnen lässt.“ Eingeladen hatte der Arbeitsgruppe „Bürgerrat für Haltern“ des Halterner Forums.
„Der öffentliche Vortrag sorgte für eine angeregte Diskussion und gab Rückenwind für das bevorstehende Bürgerrats-Projekt in unserer Stadt, das den demokratischen Zusammenhalt stärken kann“, resümierte die Arbeitsgruppe. Der Referent gab aber auch zu verstehen, dass es nicht reiche, einmalig einen Bürgerrat einzusetzen, sondern es gehe um einen grundlegenden und dauerhaften Wandel in der demokratischen Beteiligungskultur vor Ort.
Vertrauensverlust für Parteien, Parlamente und Regierungen
„Aktuellen Umfragen zufolge befürworten zwar 80% unsere demokratische Staatsform, aber jeder Zweite ist mit deren Funktionieren im demokratischen Alltag unzufrieden“, belegte Dr. Unzicker anhand von Umfragen, die er im Rahmen seiner zahlreichen Projekte über den gesellschaftlichen Zusammenhalt vorgenommen hat. „Nur knapp 25 Prozent vertrauen noch den Regierungen und Parlamenten als Institutionen, den Parteien sogar nur noch 8 Prozent“, so sein ernüchterndes Forschungsergebnis. Hinzu käme ein weit verbreitetes Gefühl der Ungerechtigkeit, insbesondere bei Bevölkerungsgruppen, die sich politisch benachteiligt sehen. Die Wahlbeteiligung sei in Land und Kommunen mittlerweile auf knapp über 50 Prozent gesunken.
Der Arbeitskreis „Bürgerrat“ hatte deshalb auch die Halterner Ratsparteien zu dem Vortragsabend eingeladen, die zu Jahresbeginn die Einrichtung eines Bürgerrates in 2023 einstimmig beschlossen hatten. Wegen Terminüberschneidungen konnten jedoch die Fraktionen von CDU und Grünen sowie der Bürgermeister nicht teilnehmen und ließen sich entschuldigen. Für die SPD-Fraktion nahm deren Vorsitzende Beate Pliete teil, die nochmals die Bedeutung des Vorhabens eines Bürgerrates für Haltern unterstrich.
Plädoyer für neue Formen des Engagements
Die Empfehlungen von Dr. Unzicker nahmen die Anwesenden zustimmend auf, mehr Dialog und Begegnung zu ermöglichen, für eine bessere politische Kommunikation zu sorgen, neue Formen des poltischen Engagements zu unterstützen und dabei die Teilhabechancen vulnerabler Gruppen zu verbessern. „Mit der Auswahl der Teilnehmer an Bürgerräten nach dem Zufallsprinzip per Losverfahren bestehe die Chance, eine Vielfalt von Meinungen unabhängiger Bürgerinnen und Bürger zu erfahren, die sich ansonsten nicht zu Wort melden“, bestätigte der Referent die Einschätzung der Bürgerrats-Initiativgruppe. Von den Zuhörern kam die Anregung, „noch viel stärker in unserer Stadt über die Idee und das Vorhaben Bürgerräte in der Öffentlichkeit zu informieren“. Zu Beginn des neuen Jahres ist auch die Bürgerschaft zu Themenvorschlägen für einen ersten Bürgerrat aufgerufen.
Siehe auch: www.forumdrv.de
Autor:Wilhelm Neurohr aus Haltern | |
Webseite von Wilhelm Neurohr |
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