17. Halterner Wirtschaftsgespräch war gut besucht

Bürgermeister Bodo Klimpel, Vizepräsident des europäischen Parlaments und FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff und Joachim Heckmann begrüßen die Gäste des 17. Halterner Wirtschaftsgesprächs im Seehof.
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  • Bürgermeister Bodo Klimpel, Vizepräsident des europäischen Parlaments und FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff und Joachim Heckmann begrüßen die Gäste des 17. Halterner Wirtschaftsgesprächs im Seehof.
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Bürger diskutieren mit Alexander Graf Lambsdorff über Wege und Ansätze aus der Krise

Zum 17. Male jährten sich am Donnerstag die traditionellen Halterner Wirtschaftsgespräche. Als Referenten durften Bürgermeister Bodo Klimpel und die zahlreich erschienenen Gäste den Vizepräsidenten des europäischen Parlaments und FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff im Hotel Seehof begrüßen, der nach seinem Vortrag über das Thema Europa und seine momentanen Krisen den Zuhörern Rede und Antwort stand.

Bürgermeister Bodo Klimpel eröffnete den Abend mit Grußworten an den Landtagsabgeordneten Hovenjürgen, den Altbürgermeister Schmergal, Alexander Graf Lambsdorff und die Gäste. Er dankte der Initiative Haltern aktiv und Joachim Heckmann, dem es gelungen war den prominenten Referenten zu verpflichten. Dank gebührte auch der Stadtsparkasse, der Volksbank und den Stadtwerken, die sich ebenfalls engagiert hatten um den Abend zu ermöglichen.
Der ungewöhnliche Termin an einem Donnerstag und noch dazu in den Ferien war ganz offensichtlich kein Grund für die zahlreichen Zuhörer, diesen interessanten und spannenden Wirtschaftsgesprächsabend zu versäumen. Die Terminverschiebung war entstanden um den Gast des Abends auch wirklich begrüßen zu können. Am traditionellen Termin für die jährlichen Wirtschaftsgespräche an einem Freitagabend im November wird Alexander Graf Lambsdorff seinen 50. Geburtstag feiern und wäre daher an diesem Tag sicher nicht abkömmlich gewesen.

Wege und Ansätze aus der Krise

Das komplexe Thema Europa wurde an diesem Abend bereits zum zweiten Mal genau unter die Lupe genommen. Schon im vergangenen Jahr gewährte der ZDF-Korrespondent Doktor Stefan Leifert dem Publikum seinen Blick aus journalistischer Sicht auf Europa und seine Krisen. Auch im vergangenen Jahr schon waren die Themen Flüchtlingskrise und Terroranschläge präsent. Diese haben das keineswegs bewältigte Problem der Finanzkrise damals überdeckt aber nicht verdrängt. Die Probleme sind nahezu unverändert geblieben. Diese und andere Themen brennen weiterhin unter den Nägeln, auch wenn seit Monaten feststellbar ist, dass deutlich weniger Flüchtlinge kommen als noch im Jahr zuvor. Mit dem Brexit kommt aktuell ein neues Thema, das Energie auf internationaler und nationaler Ebene kosten wird noch hinzu.

Sicherheit herstellen und verbessern - das sind die größten Wünsche der Europäer

Dazu erläuterte im Anschluss an Bodo Klimpel Alexander Graf Lambsdorff seine Sicht der Dinge. In seinem fast anderthalbstündigen Vortrag brachte er dem aufmerksamen Publikum in zahlreichen, sehr bildlich veranschaulichten Beispielen die Thematik nahe. Man stelle sich einen Blick aus der Perspektive eines Satelliten in 36 km Höhe vor:

Erkennbar sind diverse, schwere Belastungen von außen. Eine Bedrohung der Demokratie stellt Russland dar durch die Annektierung der Krim, die Destabilisierung der Ukraine und das Verhalten im Syrien-Konflikt. "Eigene Interessen wahren ist eine Sache, Kriegsverbrechen begehen aber eine ganz andere." In seinem Bestreben die Demokratie zu destabilisieren, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit abzuschaffen, destruktives Verhalten zu zeigen und bewusst zu stören wird Putin vom türkischen Staatschef Erdogan regelrecht imitiert. Im Westen hat England, das Mutterlandes des Liberalismus, mit dem Brexit der europäischen Union einen heftigen Schlag versetzt. Ein Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union ist wichtiger denn je, aber auch innerhalb der eigenen Reihen drohen autoritäre Regierungen die Oberhand zu gewinnen. Dass die rechtsextreme Europaparlamentarierin Marine Le Pen bei den nächsten Wahlen am 14. Mai in Frankreich an die Macht kommen könnte und hier der nächste Austritt aus der EU bevorstehen könnte ist nicht unwahrscheinlich. Auch Viktor Orbán hat durch seine Politik in Ungarn der Demokratie eine deutliche Absage erteilt.

Wollen wir die Freiheit im Innern, die das Schengener Abkommen uns ermöglicht, schützen, müssen wir sie nach Außen an den Grenzen verteidigen. Hier auch zum Schutze vor dem international operierenden Terrorismus durch den IS Sicherheit herzustellen und zu verbessern sind die größten Wünsche der Europäer. Um das zu erreichen ist bei allen politischen und wirtschaftlichen Unterschieden ein starker Zusammenhalt der europäischen Mitgliedsstaaten und eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik erforderlich. Momentan aber verdient unsere Nachbarschaft diese Bezeichnung noch nicht wirklich. Dazu zitierte Lambsdorff die unkonventionelle Bemerkung von Bundesminister Wolfgang Schäuble: "Lassen wir uns alle europäischen Verteidigungshaushalte in einen großen Topf geben und daraus unsere Fähigkeiten aufbauen, die wir als Europäerinnen und Europäer brauchen."

Bürger haben das Vertrauen in die Politik verloren

Es sind drei markante Veränderungen der politischen Landschaft in Europa erkennbar: Eine zunehmende Geringschätzung der repräsentativen Demokratie, eine Kultur des Wegschauens und eine sogenannte Symbolpolitik als Grund für die Vertrauenskrise. Sie ist möglicherweise die größte Krise Europas. Dieses Vertrauen wiederherzustellen erfordert Mut, Ehrlichkeit und eine große Portion Optimismus von Bürgern und Politik. Schaden minimieren, Vertrauen maximieren, Transparenz und Bürgerbeteiligung schaffen sind unverzichtbare Voraussetzungen hierfür.

Neben der gesamteuropäischen politischen Situation wurde auch die verfehlte Flüchtlingspolitik, die wirtschaftliche und soziale Krise im Süden Europas, die Finanzkrise und das Freihandelsabkommen ausführlich erläutert bevor die Zuschauer ihrerseits Fragen stellen konnten.

Demokratie ist Politik im Schneckentempo

Mit dem Zitat des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt “Demokratie ist Politik im Schneckentempo“ fand Joachim Heckmann die passenden Abschlussworte am Ende eines hochinteressanten Abends. Ein (augenzwinkernder) Hoffnungsschimmer bleibt: 2018 wird die Fußballweltmeisterschaft in Russland ausgetragen. Ist vielleicht mit dem sportlichen Großereignis auch eine Einigung möglich? Man wird sehen …

Autor:

Antje Clara Bücker aus Haltern

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