Spinnenführung: Faszination auf acht Beinen

Die Wespenspinne ist ein farbenprächtiger Bewohner der Westruper Heide. Das harmlose Tier spinnt ungewöhnliche Netze mit Zackenmustern. Foto: Borgwardt
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  • Die Wespenspinne ist ein farbenprächtiger Bewohner der Westruper Heide. Das harmlose Tier spinnt ungewöhnliche Netze mit Zackenmustern. Foto: Borgwardt
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Huschende Schatten, dürre Beine: Spinnentiere stehen auf der Liste der gefürchteten Tiere ganz oben. Zu Unrecht, denn die harmlosen Insektenjäger sind nicht nur nützlich, sondern können auf den zweiten Blick auch richtig hübsch sein. Eine Nabu-Führung ging den kleinen Krabblern nun auf die Spur - angeleitet von einem bekehrten Spinnenfeind.

Nein, ein geborener Spinnenfreund ist Stephan Lauterbach nicht. Im Gegenteil: Der studierte Kunstpädagoge aus dem Ruhrgebiet konnte in den meisten seiner 27 Lebensjahre so gar nichts mit den Krabblern anfangen, ekelte sich sogar davor. "Irgendwann fand ich das dann selbst albern von mir, wegen so einem kleinen Tier eine so starke Abwehrhaltung zu haben", gibt der junge Essener zu, "und deswegen habe ich dann angefangen, mich zu trainieren." Statt dem Objekt der Furcht fern zu bleiben, ging Lauterbach nun ab sofort nah heran. Sehr nah. Aus Abscheu wurde Interesse, aus Interesse Faszination, und die Faszination führte zu immer mehr fachlichem Wissen.

Von dieser 180-Grad-Wende profitieren nun auch andere Menschen, wie die muntere Truppe unerschrockener Teilnehmer, die am Samstag auf Einladung das Nabu Haltern in die Westruper Heide gekommen waren. Die Naturschützer hatten Stephan Lauterbach um eine Exkursion zu den Spinnen in der Landschaft zwischen Flaesheim und Sythen gebeten. Kaum hatten sich die rund 15 Teilnehmer am Parkplatz nahe der Heide versammelt, gab der Spinnenexperte kleine Plastikdöschen aus und rief zur Kleinwildjagd: "Wir suchen uns jetzt mal ein paar Spinnen", spornte Lauterbach die Gruppe an.

Am Anfang war die Ausbeute etwas mager: Viele der Döschen blieben leer, und trotz intensiver Suche in Büschen und Sträuchern ließ sich kein Spinnentier blicken. Stephan Lauterbach nutzte die Gelegenheit, ein paar grundsätzliche Dinge über Spinnen zu erklären. So erfuhren die Gäste zum Beispiel, dass es über 1000 Arten allein in Deutschland gibt, der Weberknecht aber nicht dazu gezählt wird. Dass viele Spinnen acht Augen haben, aber bis auf Jagd- und Springspinnen die meisten damit nur hell und dunkel unterscheiden können, und dass man das Geschlecht der Tiere oft an den sogenannten Tastern erkennen könne, die wie ein fünftes Beinpaar in Maulnähe sitzen. Diese Taster nutzen die Spinnen auch bei der Paarung, die aber denkbar unromantisch verläuft: Nach nur fünf Sekunden ist alles vorbei, und bei vielen Arten ist das Männchen dann nur noch als Futter interessant. "Gut, dass ich keine Spinne bin", scherzte ein Mann daraufhin nachdenklich.

Spinnensafari in der Heide

Nach der Theorie ging es dann in die Heide - und jetzt ging die praktische Arbeit richtig los. Lauterbach schulte seine Begleiter schnell darin, an unscheinbaren Merkmalen in der Landschaft die Anwesenheit von Spinnen zu erkennen. So verbarg ein scheinbar zufälliges Röhrchen aus Pflanzenmüll gleich eine ganze Kugelspinnenfamilie mit Mutter und vielen punktgroßen Jungtieren, die beim Anklopfen ins Fangdöschen purzelten. An anderer Stelle verriet ein Netz mit Z-förmig gezackten Einwebungen, dass hier eine Wespenspinne wohnt - eine der schönsten heimischen Tierarten mit bunt gestreiftem Körper und Beinen. Zu jeder gefangenen Spinne gab es spannende Informationen über Lebensweise und Futterbeschaffung, und so vergingen zwei Stunden wie im Flug.

Am Ende der "Jagd" gab es kaum noch leere Döschen, und auf dem Tisch sammelten sich Tiere aus 22 Arten und zehn Familien. Jetzt konnten die gefangenen Spinnen unter dem Mikroskop noch ganz nah betrachtet werden. "Die hat aber schöne Augen", urteilte eine Besucherin entzückt, nachdem eine Springspinne vor dem Okular aufgetaucht war. "Das Gute an Spinnen ist, dass es sie überall gibt und sie leicht zu fangen sind", freute sich auch der Experte. Mittlerweile geht Stephan Lauterbach seinem neuen Hobby immer professioneller auf die Spur, und er arbeitet dazu mit verschiedenen Wissenschaftlern - sogenannten Arachnologen - zusammen. "Natürlich habe ich zuhause auch eine Sammlung lebender Spinnen", verriet er. Seine Freundin hat nichts dagegen, wie sie lächelnd versichert.

In diese Sammlung wurden die Tierchen aus der Westruper Heide aber nicht überführt: Nach erfolgreicher Exkursion wurden sie freigelassen und dürfen nun weiter die für den Menschen lästigeren Insekten wie Mücken oder Fliegen verputzen.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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