Jahreshauptversammlung des Lippeverbandes
Lebendige Lippe: Nachhaltige Entwicklung im Fluss
Haltern/Dorsten. Der Lippeverband begreift das Thema Nachhaltigkeit nicht als Trend, sondern als Prozess, der das gesamte strategische Handeln bestimmt. Daran hat Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, bei der diesjährigen Verbandsversammlung am heutigen Freitag in der Stadthalle Unna keinen Zweifel gelassen: „Als Lippeverband betrachten wir Wasserwirtschaft im umfassenden Sinn und verstehen uns als Dienstleister für unsere Mitglieder. Gemeinsam mit ihnen wollen wir die Zukunft gestalten.“
Uli Paetzel verweist auf Renaturierungsmaßnahmen an Seseke und Lippe, die bereits gezeigt hätten, welche positiven regionalwirtschaftlichen und städtebaulichen Effekte wasserwirtschaftliche Projekte haben können. „Diesen Weg gilt es nachhaltig weiter zu beschreiten. Die ökonomische Entwicklung unserer Region kann durch den ökologischen Mehrwert befördert werden – sauberes Wasser spielt hierbei eine wichtige Rolle. Grün-blaue Infrastrukturen sind positive, harte Standortfaktoren!“, so Paetzel. Daher sei die zentrale Aufgabe des Verbandes auch zukünftig die Renaturierung der Lippe, die als Flusslandschaft des Jahres 2018/2019 ausgezeichnet worden ist. „Diese Auszeichnung begreifen wir als Ansporn und Motivation für die nächsten Jahre“, so Uli Paetzel.„Gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und im Schulterschluss mit den Kreisen und Kommunen an der Lippe, arbeiten wir daran, dass die Lippe bald nicht nur der längste Fluss Nordrhein-Westfalens ist, sondern auch offiziell der schönste“, blickt Uli Paetzel auf die erfolgreichen Entwicklungen des letzten Jahres zurück. Wichtiger Meilenstein sei die Unterzeichnung der Vereinbarung zur Umsetzung des Programms „Lebendige Lippe“ im August 2018 mit NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser und Vertretern der Landwirtschaft gewesen. „Im Auftrag des Landes wird der Lippeverband die unterschiedlichen Nutzungsansprüche an die Flusslandschaft – natürliche Auen und Bewirtschaftung – im Gleichgewicht halten“, betont Paetzel. Dieses Ziel ergibt sich aus der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, in welcher der Fokus auf eine nachhaltige und umweltverträgliche Wassernutzung ausgerichtet ist – verbindlich für alle Mitgliedsländer.
Die aktuell umfangreichsten Maßnahmen innerhalb des Programms „Lebendige Lippe“ setzt der Lippeverband unter anderem aktuell in Olfen am Haus Vogelsang um, wo die Flusslaufverlängerung im Frühjahr 2019 abgeschlossen sein wird. Auch in Haltern-Lippramsdorf und Marl finden noch bis 2023 Arbeiten zur Renaturierung und Deichrückverlegung statt. Bei dem Großprojekt „HaLiMa“ ist der Bau des Deichkörpers bereits fortgeschritten. Der Norddeich hat aktuell eine Höhe von neun Metern erreicht und er wird noch auf 14 Meter wachsen. Die meisten Bodenmassen werden per Schiff über den Wesel-Dattel-Kanal transportiert. Aktuell baut der Lippeverband ein über hundert Meter langes Förderband, das voraussichtlich in den kommenden Wochen installiert werden kann. So gelangen die Böden auf direktem Wege über die Lippe.In Schermbeck soll im kommenden Jahr die Mündung des Schermbecker Mühlenbachs aufgeweitet werden und in direkter Nähe eine Auenlandschaft entstehen.
Ja, an den Gewässern im Lippeverbandsgebiet hat sich bereits viel getan und noch viel mehr wird sich in den kommenden Jahren tun. Darauf weist auch Bodo Klimpel, Ratsvorsitzender des Lippeverbandes und Bürgermeister der Stadt Haltern am See hin: „Durch gezielte Entwicklung von Auenflächen in Freiräumen schaffen wir Flächen, in die Hochwasser kontrolliert abfließen kann. Hochwasserspitzen in regelmäßig betroffenen Bereichen lassen sich so langfristig abmildern. Die ökologische Gewässerentwicklung geht somit keineswegs zu Lasten der Anwohner.“ Die bereits umgesetzten Maßnahmen sind ein Erfolg – daran lassen rund 40 Fischarten, die sich heute wieder in der Lippe tummeln, keinen Zweifel. „Im renaturierten Lippe-Mündungs-bereich in Wesel haben Fachleute jetzt sogar Flundern nachgewiesen – ich bin sicher, dass wir uns auch zukünftig über den sich entwickelnden Artenreichtum an unserem Fluss freuen können“, so Bodo Klimpel. Doch nicht nur Fische sollen sich in der Lippe wohlfühlen. Mit dem Renaturierungs-Programm möchte der Lippeverband den Fluss auch für die Menschen im Lippe-Land erlebbar machen: „Die generationengerechte Bewirtschaftung der Wasserressourcen ist das wichtigste Nachhaltigkeits-Handlungsfeld des Lippeverbandes. Eine lebendige Lippe lädt zum Verweilen, zum Spaziergang oder zur Fahrradtour an ihrem Ufer ein. Dieses Plus an Lebensqualität ist sicher ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Lippe-Region“, betont Raimund Echterhoff, Vorstand des Lippeverbandes für Personal und Nachhaltigkeit. Zu den 87 Kilometer Radewegen, die der Lippeverband auf seinen Wirtschaftswegen schon heute den Radfahrerinnen und Radfahrern bietet, kommen 2019 noch einige hinzu – so zum Beispiel am renaturierten Dümmerbach in Datteln.
2020: Abwasserfreiheit im Lippeverbandsgebiet
Der kontinuierlich steigende Artenreichtum ist allerdings nicht ausschließlich auf die nachhaltigen Renaturierungsmaßnahmen, sondern auch auf den konsequenten Ausbau der Klär- und Regenwasserbehandlungsanlagen des Lippeverbandes zurückzuführen. An zwei Gewässern in Hamm – dem Herringer Bach und Hoppeibach – laufen noch bis 2020 Entflechtungsarbeiten. Auch in Datteln ist die Entflechtung des Dümmerbachs bald Realität. Dann fließt im gesamten Lippeverbandsgebiet kein Abwasser mehr durch offene Kanalsysteme.
Gebührenstabilität trotz hohen technischen Anforderungen
„Ökologische Nachhaltigkeit lässt sich nur durch einen hohen technischen Einsatz realisieren. Die stabile Gebührensituation zeigt, dass sich dieses ambitionierte Ziel durch engagiertes Handeln auch mit einem wirtschaftlichen Anspruch in Einklang bringen lässt“, so Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand des Lippeverbandes. Im Hinblick auf die steigenden Qualitätsansprüche an die Wasserwirtschaft, wie sie unter anderem durch die vierte Reinigungsstufe oder moderne Sanierungsverfahren im Kanalbau vorgeben werden, sei die Übertragung der Abwasserbeseitigung auf Sondergesetzliche Wasserwirtschaftsverbände eine logische Konsequenz, so Grün.
Zukunftsmodell Abwasserbeseitigung aus einer Hand
„Wasser ist unser höchstes Gut, dessen Bewirtschaftung in keiner anderen Form erfolgen darf, als durch die öffentliche Hand“, betont auch Uli Paetzel. Mit der Übertragung der Abwasserbeseitigung auf den Lippeverband – wie sie zum Jahresanfang in Nordkirchen erfolgen soll – könnten die Wasserverbände ihr gesamtes Know-how im Sinne der Daseinsvorsorge für ihre Mitglieder anbieten. Der Wegfall der technischen Schnittstelle, wie sie sich aktuell noch zwischen den städtisch-bewirtschafteten Kanal-netzen und den wasserwirtschaftlichen Anlagen ergibt, kommt nicht nur einem sicheren Betrieb der Anlagen, sondern letztendlich auch den Gewässern zugute. „Abwasserbeseitigung aus einer Hand ist das Zukunftsmodell moderner und sicherer Abwasserwirtschaft“, so Uli Paetzel.
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