Willi Fuchs: Germaniens ältester Legionär hört auf
Die Halterner Römertage sind ein touristisches Highlight in der Seestadt. Ohne die vielen Darsteller aus dem Bereich der Lebendigen Geschichte wären sie aber nicht vorstellbar. Einer von ihnen ist Willi Fuchs aus Düsseldorf. Mit seinen 78 Jahren ist er Deutschlands ältester Legionär. Jetzt geht er in den Ruhestand.
Wer sich mit Willi Fuchs treffen will, sollte sich Zeit nehmen: Der charismatische Rheinländer ist eine wandelnde Schatzkiste historischen Wissens, praktischer Ratschläge und amüsanter Anekdoten. Viele Halterner kennen ihn von den Römertagen, wo er mit seiner Rüstung und den silbernen Haaren Besucher in seinen Bann zieht. 23 Jahre lang vermittelte er auf Museumsveranstaltungen in ganz Europa römische Geschichte - doch überraschenderweise hat diese Leidenschaft seine Wurzeln nicht in der Antike.
"Als ich vierzehn Jahre alt war, schenkte mir mein Vater einen alten japanischen Schwertgriff und einen Holzschnitt, der einen Samurai darstellte", erinnert sich Willi Fuchs. Die beiden Kunstgegenstände hatten den Krieg in einem Versteck überdauert und beflügelten nun die Fantasie des Jungen. "Der Samurai - der hat mich enorm fasziniert", erzählt Fuchs. "Leider gab es zu dieser Zeit so gut wie keine Literatur zu dem Thema." Zum Glück konnte sich Willi Fuchs in seiner Heimatstadt Düsseldorf der Welt der Samurai auch anders nähern. Mit 19 beginnt er das Training bei einem japanischen Aikido-Meister und schnappt auch die ersten Worte in der fremden Sprache auf. Wie weit ihn diese Leidenschaft einmal führen würde, ahnt er da noch nicht.
Schlüsselerlebnis in Düsseldorf
Das Schlüsselerlebnis kam 1979: Auf dem Düsseldorfer Karneval sieht Willi Fuchs eine Gruppe, die wie die antiken Hunnen gekleidet waren. Die bunte Tracht fasziniert den Familienvater, der sich inzwischen als erfolgreicher Dekorateur einen Namen gemacht hat. Wer die edelsten Schaufenster an der Kö ausstatten kann, der kann wohl auch japanische Kleidung nähen - so denken Fuchs und einige Mitstreiter, und so legen sie los.
"Unsere ersten Sachen waren grausam schlecht", lacht Fuchs heute. Dennoch sorgt die bunte Truppe für Aufsehen bis hin ins Land der aufgehenden Sonne: Ein japanisches Fernsehteam wird 1987 auf die Gruppe "Takeda" aufmerksam und holt sie auf Senderkosten nach Japan. Vor der Kamera wandern die Deutschen auf den Spuren der Samurai, sammeln Eindrücke - und Literatur. "Wir haben unsere Koffer ausgeräumt für die Bücher", so Fuchs, "und kamen mit 57 Kilo Fachliteratur nach Hause."
Nach dem Quellenstudium wandert die bisher gebaute Kleidung ins Feuer - zu wenig originalgetreu - und Takeda macht sich mit neuer Ausrüstung in Museumskreisen einen guten Namen. Lebendige Geschichte auf so hohem Niveau machen in dieser Zeit nur wenige Gruppen. Eine davon ist die von den Römertagen bekannte Kohorte Opladen. Für eine Veranstaltung in Frankreich suchen die Römer 1993 museumserfahrene Leute - und wenden sich an Takeda. Fuchs sagt zu und schlüpft in Tunica und Lorica.
Vom Kimono zur Tunica
"Seitdem bin ich dabei", lächelt Willi Fuchs. Er arbeitet sich ein, saugt Wissen auf wie ein Schwamm - und gibt es auf den Römertagen weiter an das Publikum. "Die meisten sprechen mich schon auf mein Alter an - mit über 70 noch Legionär, gab es das überhaupt?" Tatsächlich kannte das römische Heer die sogenannten Evocati, für viel Sold zurück in den Dienst geworbene Spezialisten. Einen solchen verkörperte Willi Fuchs alias "Vulpes" nun 23 Jahre lang auf Museumsveranstaltungen wie in Haltern oder Xanten.
Doch nun ist Schluss: "Man muss sein Alter eingestehen", erklärt der 78-jährige, der eigentlich überhaupt nicht alt wirkt. Ein Schlaganfall hatte ihm die Entscheidung nun aber nahegebracht. Von der Lebendigen Geschichte will er aber nicht lassen: "Jetzt konzentriere ich mich wieder ganz auf die Samurai", verspricht der "alte Fuchs".
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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