Vor den Toren von Aliso: Neue Ausgrabungen im römischen Gräberfeld von Haltern am See
Haltern. Eine Forschungskooperation der Universität Trier und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hat im römischen Gräberfeld von Haltern am See drei weitere Bestattungen entdeckt. Die Gräber stammen aus der Zeit um Christi Geburt.Fünf Wochen lang suchten elf Studierende in Haltern unter Leitung von Dr. Stephan Berke in dem römischen Gräberfeld nach weiteren Bestattungen.
Der Dozent für Klassische Archäologie an der Universität Trier war vor 36 Jahren selbst als Student an der ersten Grabung in dem Gräberfeld beteiligt. In diesem Jahr entdeckten die Archäologen auf einer 400 Quadratmeter großen Fläche am Grünen Winkel die Überreste von drei Grabanlagen. In allen Fällen handelte es sich um Brandbestattungen. Die Römer begruben hier die Asche Ihrer Toten in Urnen.Nur eines der Gräber enthielt noch die Urne. "Der Erhaltungszustand der Gräber ist sehr unterschiedlich", erläutert Berke. "Der Ackerbau der vergangenen Jahrzehnte hat viele Gräber zerstört." Die Urne wurde vollständig geborgen. In den Restaurierungswerkstätten der LWL-Archäologie für Westfalen in Münster soll sie behutsam Schicht für Schicht untersucht werden.
"Zum ersten Mal gelang uns in Haltern die Identifikation des römischen Laufhorizontes."
Römische Grabanlagen sind sehr unterschiedlich gestaltet. Die zweite der in Haltern entdeckten Bestattungen ließ einen Grabhügel mit einem Durchmesser von 7,50 Meter erkennen. Die Wissenschaftler fanden jedoch keine Urne. Vermutlich ging sie durch den Pflug verloren. Solche sogenannten Tumulusgräber können bis zu 14 Meter in der Breite messen. Der nun entdeckte Tumulus ist also von mittlerer Größe.Auch das dritte Grab enthielt keine Urne mehr. Ursprünglich verfügte es über eine rechteckige Einhegung, von der nur noch ein verfüllter Graben zeugt. Mit einer Seitenlänge von acht Metern ist es ähnlich groß wie das Tumulusgrab. Darüber hinaus machten die Wissenschaftler eine seltene Entdeckung. "Zum ersten Mal gelang uns in Haltern die Identifikation des römischen Laufhorizontes", freut sich Dr. Bettina Tremmel von der LWL-Archäologie für Westfalen. Darunter verstehen die Experten die Bodenschicht, die zu römischer Zeit die originale Erdoberfläche darstellte, auf der sich die Menschen bewegten. "Den Laufhorizont erkennen wir vor allem anhand einer Vielzahl von Kleinfunden, die auf der damaligen Bodenhöhe abgelegt wurden oder verloren gingen." Dazu gehören stark verrostete Eisenobjekte, darunter möglicherweise die Spitze eines römischen Wurfspeers, eines sogenannten Pilum. "Außerdem haben wir an einigen Stellen Keramikscherben gefunden. Das zeigt uns die Standorte der Scheiterhaufen an, denn die toten Römer wurden zusammen mit vielen Keramikgefäßen verbrannt", führt Tremmel aus. Vor über 2.000 Jahren waren etwa 5.000 Legionäre des römischen Heeres in Haltern am See stationiert, das damals Aliso hieß. Von hier aus sollte schrittweise die Eingliederung des heutigen Nordwestdeutschland in das Römische Reich erfolgen. Mehrere römische Legionen waren dafür über Jahre hinweg im Einsatz. Viele Legionäre oder ihre Angehörigen, die in Haltern verstarben, wurden auch hier begraben. Zwischen der heutigen Weseler Straße und der Dorstener Straße entwickelte sich so über die Jahre ein römischer Friedhof am Fuße des Annabergs. Insgesamt haben die Archäologen hier bis heute über 100 Urnenbestattungen untersucht.
"Als 1982 bei der ersten Ausgrabung am Grünen Winkel das römische Gräberfeld entdeckt wurde, war ich als junger Student der örtliche Grabungsleiter."
"Als 1982 bei der ersten Ausgrabung am Grünen Winkel das römische Gräberfeld entdeckt wurde, war ich als junger Student der örtliche Grabungsleiter", erinnert sich Stephan Berke. Seither ließen ihn die toten Römer in Haltern nicht mehr los. Von 1985 bis 1987 arbeitete er als wissenschaftlicher Volontär beim LWL im Fachreferat für Provinzialrömische Archäologie. Während dieser Zeit wurde ihm die Aufgabe übertragen, die Funde aus dem Gräberfeld nach Abschluss der Ausgrabungen in einer wissenschaftlichen Publikation zu veröffentlichen. Mit dem Fortschreiten der Baumaßnahmen im Baugebiet zwischen Weseler Straße und Dorstener Straße gab es bis 2014 weitere Ausgrabungen. In den vergangenen zehn Jahren arbeitete Berke, der seit 2012 Kustos am Fach Klassische Archäologie in Trier ist, intensiv an seinem Publikationsprojekt.Für die meisten der elf Trierer Studierenden war es die erste Grabung, an der sie teilnahmen. "Die Zusammenarbeit auf der Grabung war perfekt", lobt Berke. "Ich bin gespannt, wie die Lebenswege der nächsten Generation von Archäologen verlaufen werden."
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