Sprachliche Vielfalt und kulturelles Miteinander

Maja Ewa Wehner, Joanna Fonrobert und Joanna Chat gründen Schulprojekt Polonicum für den Erhalt der polnischen Sprache und Brauchtumspflege.

Eine Schule als Begegnungsstätte für in Haltern lebende polnische Kinder und ihre Eltern wollten die drei polnischstämmigen Frauen ins Leben rufen. Die Journalistin und Dolmetscherin Maja Wehner, die wie ihre Mitstreiterinnen mit Anfang 20 nach Deutschland kam, leitet seit bereits acht Jahren ein Büro für Übersetzungs- und Dolmetschdienste in Haltern am See. Joanna Fonrobert ist Bilanzbuchhalterin und kümmert sich als Kassenwärtin um die finanziellen Belange des Vereins. Joanna Chat ist Hauswirtschafterin und Ernährungswissenschaftlerin. Alle drei sind Mütter und haben von Anfang an hohen Wert darauf gelegt, dass ihre Kinder neben der deutschen Sprache auch Polnisch erlernen.

Mehrsprachigkeit statt doppelter Halbsprachigkeit

“Nur gelegentlich mit den Kindern in der eigenen Sprache zu sprechen reicht nicht aus. So verstehen sie zwar alles, haben aber trotzdem Lücken im Vokabular und in der Grammatik. Unser Schulprojekt hebt die Sprachkenntnisse auf ein hohes Niveau,“ erklärt Joanna Chat. Maja Ewa Wehner fügt hinzu: “Mehrsprachig aufwachsen zu können ist eine große Chance. Wer schon als Kind eine zweite Sprache erlernt, hat es später leichter beim Erlernen weiterer Fremdsprachen und trainiert außerdem seine Multitaskingfähigkeit.“

In der Vergangenheit hatten sie ihre Kinder dazu regelmäßig nach Dortmund gefahren. Hier fördert die Polnische Katholische Mission Sprache, Feste und Kultur des Nachbarlandes. Auch unter den in Haltern lebenden Polen war der Wunsch an diesem Lehrangebot groß. Etwa 300 polnische Mitbürger leben in der Seestadt. Das Projekt Polonicum sprach sich schnell herum. Der Wunsch bestand bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen. Die Mundpropaganda wirkte. Das gute Angebot zog schnell weitere Interessenten an. Den drei Projektleiterinnen war dabei wichtig, dass die Kinder hier neben der Regelschule nicht einen sechsten Tag in der Woche „pauken“ müssen, sondern gerne kommen und Spaß am Lernen haben. Der Unterricht geschieht spielerisch. Das Konzept ging auf – selbst Kinder, die Anfangs mit Skepsis kamen, freuen sich heute auf den Samstag und können kaum erwarten bis es losgeht. Jeweils von neun Uhr bis viertel nach zwölf wird im Spiel die Sprache erfahren. Nebenbei werden auch Feste organisiert und ausgelassenen gefeiert.

Gründung im November 2017

In Haltern ist die Einrichtung neu. Erst im November vergangenen Jahres fand mit damals sieben Mitgliedern die Gründungsversammlung des gemeinnützigen Vereins statt. Dennoch konnte sich das Projekt in kürzester Zeit etablieren. 30 Kinder nehmen mittlerweile regelmäßig am Unterricht teil; weitere Schüler warten auf Plätze. Schon bald wird eine zweite Lehrkraft eingestellt. Zur Zeit unterrichtet die polnische Pädagogin Beata Papala-Malina aus Marl die Kinder in zwei Gruppen. Die erste Gruppe umfasst Kinder im Vorschulalter bis zur einschließlich zweiten Klasse, die zweite beginnt ab der dritten Klasse. Ziel des Unterrichts ist, Kindern mit polnischen Wurzeln die Sprache ihrer Eltern in Wort und Schrift nahezubringen. Die Lehrmittel stammen aus Polen.

Dabei geht es den Gründerinnen keineswegs darum, die Entstehung einer Parallelgesellschaft zu unterstützen, sondern Mehrsprachigkeit, Austausch und kulturelle Vielfalt zu fördern. Finanziert wird der Verein aus Mitgliedsbeiträgen. Alle Mitwirkenden arbeiten ehrenamtlich.

Bis der erste Schultag in den Räumen des Paul-Gerhardt-Hauses starten konnte, haben die drei Frauen neben ihrer Vollzeitarbeit über Wochen jede freie Minute in ihr Projekt investiert. Da wurden nicht selten auch Nachtschichten eingelegt. Der Erfolg und die gute Resonanz entschädigen für den Aufwand. 18 Familien mit ihren Kindern nehmen inzwischen an den Angeboten teil, die Tendenz ist steigend. Wehner, Fonrobert und Chat freuen sich über den gelungenen Start. Der gemeinnützige Verein nimmt Spenden an und stellt Spendenquittungen aus.

Zu den Treffen ist jeder Interessierte, egal welcher Nationalität, herzlich eingeladen. Informationen erteilt Maja Ewa Wehner unter:
Tel.: 02364 14030 oder mobil: 0177 4253466.