"Rüben-Halloween" hat in Westfalen eine lange Geschichte

Westfälische Halloween-Fans mit leuchtenden Kürbissen: Seit sechs Jahren beobachten die LWL-Volkskundler den Brauch. Foto: LWL
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Wenn Graf Dracula in Haltern um die Ecken schleicht und sieben Geister sich in Dorsten kichernd in einen Hauseingang drücken, ist es wieder einmal soweit: Das Halloween-Fest hat begonnen und Menschen mit schwachen Nerven sollten lieber zu Hause bleiben.
„Anfang der 1990er Jahre war Halloween fast nur in der Studentenszene bekannt. Mit gruseligen Kostümen bekleidet feierte man in vielen
Universitätsstädten Halloween-Partys", so Christiane Cantauw vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). "Für uns ist es besonders spannend zu beobachten, wie sich ein neuer Brauch verbreitet und entwickelt", so die Volkskundlerin weiter. Der in den USA weit verbreitete Brauch, dass Kinder in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November, der Halloween-Nacht, von Tür zu Tür gehen und mit dem Spruch "trick or treat" Süßigkeiten einfordern, hat sich in Westfalen erst vor etwa sechs Jahren eingebürgert. "Hier heißt es, Süßes, sonst gibt's Saures' und wenn sich jemand weigert, etwas zu geben, muss er mit Streichen rechnen", warnt Christiane Cantauw.
Nicht nur die Kinder haben den neuen Brauch für sich entdeckt: "In den Vorgärten und Häusern finden sich neue Dekorationen: angefangen von Lichterketten in Geisterform bis hin zu Fledermäusen als Fensterbilder sind der Fantasie hier keine Grenzen gesetzt.
Ein geläufiges Symbol des Halloween-Festes, das auch in der festtypischen Dekoration immer wieder auftaucht, ist der ausgehöhlte und von innen beleuchtete Kürbis, im angelsächsischen Sprachraum "'jack-o-lantern' genannt. Dieses mit dem Halloween-Fest scheinbar untrennbar verbundene Symbol war anfangs ein Ersatz für die Laternen aus Rüben, die es in Amerika nicht gab. Die irischen Einwanderer stellten in Übersee bald fest, dass sich die ihnen bis dahin nicht bekannten Kürbisse noch weitaus besser zur Anfertigung von Laternen eigneten als die harten Rüben." Rübenlaternen und das Betteln um Gebäck oder Obst waren auch in Westfalen nicht unbekannt: "Früher haben die Kinder in Westfalen aus Rüben Laternen geschnitzt. Diese Laternen waren meist mit Mustern verziert, zum Teil leuchteten die Kerzen aber auch aus ausgeschnittenen Gesichtern oder sogar Fratzen, die denen der Halloween-Kürbisse ähneln. Mit diesen Laternen gingen die Kinder am St. Martinstag von Tür zur Tür und baten um kleine Gaben. Dabei drohten sie allerdings keine Streiche an, sondern es ging in den plattdeutschen Sprüchen um die abgeschlossene Ernte und den anstehenden Jahreszeitenwechsel", vergleicht Cantauw den alten westfälischen Brauch mit Halloween. Im benachbarten Emsland fanden diese Umzüge sogar an Allerheiligen statt. In Bayern wurden die ausgehöhlten Rüben teilweise auch als Grableuchten benutzt. Ein eingeschnittenes Kreuz ließ das Licht dabei weit in die Nacht hinein leuchten. Das Halloween-Fest hat heute eine nicht zu übersehende kommerzielle Komponente, dazu gehören Filmproduktionen, Dekorationsartikel, öffentliche Partys, besondere Angebote von Freizeitparks oder spezielle Angebote von Süßwarenherstellern. Da Halloween nicht auf eine bestimmte Region beschränkt ist, sondern sich in ganz Europa ausbreitet, eignet es sich noch mehr als andere Bräuche zur Vermarktung. "Insgesamt entspricht der Halloween-Brauch einem wachsenden Bedürfnis nach öffentlichen Bräuchen mit hohem 'Spaßfaktor', die noch nicht durch ein genau einzuhaltendes Zeremoniell festgelegt sind. Auch die Tatsache, dass das Fest in die ansonsten relativ braucharme Zeit zwischen Spätsommer und Advent fällt, hat sicherlich zu seiner guten Aufnahme auch in Westfalen beigetragen", so Cantauw.
Zum Hintergrund:
Der Halloween-Brauch geht auf ein irisch-keltisches Totenfest zurück. Im Frühmittelalter wurde an diesem Tag das Fest "Allerheiligen" eingeführt, das dem Halloween-Fest auch seinen Namen gab: An "All Hallow's Eve" oder "All Hallow's Evening", also dem Vorabend des Allerheiligenfestes, gedachte man der Verstorbenen. Die irischen Einwanderer führten den Brauch im 19. Jahrhundert in den USA ein. Statt aus Rüben und Kartoffeln wurden die Geisterfratzen dort bald aus Kürbissen geschnitzt, auch die sogenannten Heischegänge der Kinder mit ihrem Ruf "trick or treat" (Geschenk, sonst gibt es einen Streich) nahmen hier ihren Anfang.

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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