Mit Livia nach Aliso
„Eine Tochter zu verheiraten, ist nichts weiter als ein Geldtransfer.“ Ziemlich unromantisch, die alten Römer. Aber mit geschickter Heiratspolitik konnte es man weit bringen, wie Livia Munacia im Römermuseum berichtete. Auch ein paar unanständige Details durften nicht fehlen.
Lebendige Geschichte im Römermuseum: In bewährter Weise schlüpfte eine Museumspädagogin in Robe und Rolle einer historischen Person und berichtete den Besuchern aus „erster Hand“ über ein bestimmtes Themenfeld. Diesmal war es Marianne Gorissen, die als Senatorentochter Livia Munacia von Heirat und Tod, von Politik und Krieg berichtete. „Die Rolle der Livia ist fiktiv, aber die Personen, über die sie berichtet, haben wirklich gelebt“, erklärt die Pädagogin.
Und so berichtet Livia aus einem Leben, wie es nicht untypisch war für eine Tochter aus reichem Hause. Mit 15 verheiratet an einen 30 Jahre älteren Mann, um die politische Karriere des älteren Bruders zu sichern, gebiert sie zwei Kinder. Als ihr Ehemann stirbt, sucht sie die Nähe ihres einzigen noch lebenden männlichen Verwandten. Der ist Tribun der 19. Legion in Aliso, dem heutigen Haltern, und so macht sich Livia am Vorabend der Varusschlacht auf dem langen und schwierigen Weg ins kalte Germanien.
Es ist eine spannende Lebensgeschichte, die Marianne Gorissen erzählt, und die Besucher im Museum werden so gut unterhalten, dass sie fast nicht merken, wie sie ganz nebenbei einiges lernen – über die Verkehrswege im Römischen Reich, über Handel und Warenaustausch, und schließlich über ihre eigene Heimat.
Denn schließlich kommt Livia in Aliso an – und erzählt anhand von Anekdoten von verdorbenen Austern, römischem Wein oder den Ausschweifungen der Oberschicht. Aber auch das Leben der einfachen Legionäre wird beleuchtet. Geschickt bindet Gorissen die archäologischen Exponate im Museum mit in ihre Geschichte ein, verknüpft Historie und Fantasie. „Mein Bruder war ständig betrunken, und dann sollte er mit der Groma das Lager vermessen“, erzählt Livia kopfschüttelnd – und ganz nebenbei wird den Besuchern klar, wie man mit dem antiken Gerät die Hauptstraßen eines Römerlagers anlegt.
Die großen und kleinen Besucher schmunzeln über die Geschichten, bekommen rote Ohren bei manch unanständig geformter Keramik, staunen über das römische Heereswesen und fühlen mit, als die Beerdigung des Tribuns nach einem Unfall geschildert wird.
Eine Geschichtsstunde der anderen Art – die Gäste gingen bestens unterhalten und doch gut informiert aus der Ausstellung. Und vielleicht sind sie bald wieder dabei, wenn im Museum das nächste Mal eine historische Person für eine Führung zum Leben erwacht.
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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