Lebendige Krippe: Stern überm Heimathaus
Wir befinden uns im Dezember 2012. Ganz Deutschland ist vom vorweihnachtlichen Konsumterror gehetzt? Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf und sein rühriger Heimatverein trotzen dem Streß mit adventlicher Nostalgie und setzten dem Bürgermeister die Krone auf.
Wie bringt man dem einfachen Volk biblische Geschichten näher und unterhält sie noch dabei? Auf diese Frage fanden Mönche bereits im 12. Jahrhundert eine kreative Lösung: Mit Laienschauspielern und Musik wurden die Geschichten aus den Testamenten nachgespielt. Der Clou daran: Alles wurde in der Landessprache gesungen und gesprochen. In Zeiten von lateinischen Gottesdiensten waren solche geistlichen Spiele eine echte Innovation, und der Trend verbreitete sich von Frankreich aus schnell über ganz Europa.
Aber ist eine solche Aufführung in Zeiten von Großraumkinos und 3D-Filmen denn noch zeitgemäß? Diese Frage muss man nach einem Besuch am Lippramsdorfer Heimathaus klar bejahen. Mit einer romantischen lebendigen Krippe und einem selbstgestalteten Weihnachtsspiel wurde der alte Bauernhof bereits zum dritten Mal zu einer besonderen Attraktion. Geschmückt mit Tannenzweigen und Schnitzwerk, bevölkert von verkleideten Akteuren und umgeben von lebendigen Tieren verwandelte sich ein altehrwürdiges Wirtschaftsgebäude in den Stall zu Bethlehem. Dekoration, Kostüme und Musik, alles ist hausgemacht von engagierten Lippramsdorfern.
Am Samstag konnte man aber unter den prächtigen Gewändern das eine oder andere prominente Gesicht entdecken. Bei den Hirten musste man noch zweimal hinsehen, bevor man in der Schar den Landtagsabgeordneten Josef Hovenjürgen unter seinem breitkrempigen Hut entdeckte. Und wer kam da mit Myrrhe und Gold im Weisengewand daher? Landrat Cay Sürberkrüb und Bürgermeister Bodo Klimpel widmeten sich ihren Rollen mit der gebotenen Feierlichkeit und trugen so zum Gelingen der gemütlichen Veranstaltung bei.
Wem das adventliche Geschehen zwar das Herz, aber nicht die Glieder erwärmte, der brauchte aber dennoch nicht zu frieren. Aus Feuerkörben knisterte die Hitze, während zur inneren Anwendung frische Würstchen und dampfende Heißgetränke bereitstanden. Wer mochte, konnte sich auch in der guten Stube des Heimathauses mit Kaffee und den legendären Lippramsdorfer Waffeln verwöhnen lassen.
Von Streß also keine Spur, nur unaufgeregte Gemütlichkeit. Bestimmt hätten sich Maria und Josef in Lippramsdorf wohl gefühlt.
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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