Grüße aus Rhodos unter dem eigenen Haus in Haltern

Dringend waren die archäologischen Untersuchungen in Haltern: Während die Grabungshelfer noch die archäologischen Funde wie diese Grube aus römischer Zeit sichern, entstehen ringsherum schon neue Mauern. | Foto: LWL/Tremmel
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  • Dringend waren die archäologischen Untersuchungen in Haltern: Während die Grabungshelfer noch die archäologischen Funde wie diese Grube aus römischer Zeit sichern, entstehen ringsherum schon neue Mauern.
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Sie war selbst schon einmal auf Rhodos. Dass allerdings das neue Zuhause von Fenja Maron direkt über einer 2.000 Jahre alten Amphore von jener Insel entsteht, auf der sie schon Urlaub gemacht hat, hätte die Elfjährige nie zu träumen gewagt. Zumal das Haus mitten in Haltern steht und der Anbau gerade einmal 5,5 mal 7 Meter groß ist. Trotzdem haben die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) dort zahlreiche Zeugnisse der römischen Vergangenheit entdeckt - auf engstem Raum.
Die Baustelle liegt mitten im ehemaligen Hauptlager, das die römischen Soldaten in Haltern aufgebaut haben, um die germanischen Gebiete entlang der Lippe zu erobern. "Eigentlich hatten wir mit Fundamentspuren von Lagerbauten gerechnet", schildert Bettina Tremmel. Sie leitete die Baustellenbeobachtung. Anstelle von Legionärskasernen und Lagerbaracken tauchten im Boden unweit vom einstigen Südtor des Lagers nicht weniger als elf Gruben auf und brachten interessante Hinweise auf das Alltagsleben der Soldaten.
An dieser Stelle an der Varusstraße hat sich bis heute so manches erhalten, was römischen Legionären während ihres Aufenthalts in Haltern zu Bruch gegangen ist. So wurde rot schimmerndes Tafelgeschirr, die so genannte Terra Sigillata, ebenso in den Abfall geworfen wie Becher, Krüge und Kochtöpfe aus Keramik. Vier römische Bronzemünzen landeten dabei wohl versehentlich in einer Grube. Die Amphore aus Rhodos zeigt, dass es sich die Soldaten jenseits ihrer anstrengenden Märsche durch germanisches Feindesland auch gut gehen ließen. In den Amphoren wurde der in der Antike weit verbreitete süße Wein der Insel Rhodos bis nach Haltern transportiert. Der Rebensaft war deshalb so beliebt, weil er relativ wenig kostete und in die gesamte römische Welt vertrieben wurde. Der berauschende Effekt war natürlich ebenso ein Kaufargument.
Aber auch einen belgischen Becher, ein weiteres signifikantes Keramik-Stück aus römischer Zeit, bargen die Archäologen und die beiden Grabungshelfer aus den Abfall-Gruben. "Interessant ist aber auch die Tatsache, dass der Boden der fundreichsten Grube mit einer grauen kompakten Schicht bedeckt war", schildert Tremmel. Möglicherweise haben die Römer diese Grube als Latrine und später auch als Abfallgrube genutzt. Entsprechende Untersuchungen werden diesem Verdacht nachgehen.
Fenja Maron ist jedenfalls extra auf die Baustelle gekommen, um die spannenden Funde selbst in Augenschein zu nehmen. Schließlich hat sie in der Schule schon viel von den Römern gehört und im LWL-Museum in Haltern vieles aus dem Lager und aus dem Alltag vor über 2000 Jahren gesehen. Ihre Freundinnen und Klassenkameraden sind ganz neidisch, dass sie selbst mit der Kelle auf die Suche nach weiteren Fundstücken unter dem eigenen Haus machen durfte - und demnächst genau dort wohnen wird, wo die Römer einst Geschichte geschrieben haben.

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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