Gautschfest: Runter mit Sünde und Tinte

Eine feuchte Tradition: Der Drucker- und Mediengestalternachwuchs wurde von den Packern ordentlich durchgeweicht. Foto: Ralf Pieper
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  • Eine feuchte Tradition: Der Drucker- und Mediengestalternachwuchs wurde von den Packern ordentlich durchgeweicht. Foto: Ralf Pieper
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Unter dem Jubel zahlreicher Schaulustiger wurden am Samstag 22 Mediengestalter und Drucker, darunter auch drei aus Haltern, gegautscht. Sie waren auf die feucht-fröhliche Prozedur gut vorbereitet, eine erwischte es aber kalt. Das war Sabine Werth, Vorsitzende der Motorradfreunde Gutenberg. Ohne Mitleid zogen die Packer sie aus dem Publikum auf die Bühne und warfen sie in die Bütt. „Ich hab’ nicht mal trockene Kleidung mit“, wusste eine plitschnasse Vereinsvorsitzende nach dem Bad nicht so recht, ob sie lachen oder weinen soll.

Von Irene Stock

Die Auserwählten werden, wie seit Jahrhunderten üblich, auf diese Weise in die Zunft der Drucker aufgenommen. Auch wenn es längst keine Zünfte mehr gibt, der Brauch ist lebendig. Nicht nur in der Gutenberg-Stadt Mainz - wo jedes Jahr der Drucker-Nachwuchs ins Becken muss - auch in Haltern ist das so. Aus Haltern mussten Michael Michallack, Tobias Wordel und Daniel Ullrich die Prozedur über sich ergehen lassen.

Es wirkte fast wie eine Verschwörung, als die Gesellen sowie Gautschmeister Dieter Hagenhoff aus Haltern-Lippramsdorf samt Gefolge (Schwammhalter, Page, Packer) in historisch nachempfundenen Kostümen die Bühne auf dem Marktplatz betraten. Der Ablauf ist traditionell: Der Drucker-Nachwuchs wird von zwei kräftigen Packern in die Mitte genommen und mit sanfter Gewalt zunächst auf einen triefend nassen Schwamm gesetzt. Das entspricht noch am ehesten dem eigentlichen Gautschen. So nennen Drucker seit jeher das Auspressen der nassen Papierbahnen. Dann verkündet Gautschmeister Hagenhoff: „Lasst seinen corpus posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm bis triefen beide Ballen. Der durst‘gen Seele gebt ein kräftig Sturzbad obendrauf, das ist dem Sohne Gutenbergs die allerbeste Tauf‘.“ Und weil damit Druckerschwärze und Sünden der Lehrzeit noch nicht ausreichend abgewaschen sind, werden die Kornuten vier, fünf, sechs Mal von den Packern untergetaucht.

Am Ende standen die Drucker-Gesellen pudelnass neben dem Holzbottich und zitterten trotz sommerlicher Temperaturen ein wenig, schienen ansonsten die Prozedur aber schadlos überstanden zu haben. Um das Ganze auch „mit Geistigem zu gewanden“ gab’s für jeden Gautschling noch ein Glas Bier. Und natürlich den Gautschbrief.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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