Arbeiten für den neuen 4,8 Hektar großen "Römerpark Aliso" haben begonnen

v.l.n.r.: LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale, Minister Harry K. Voigtsberger, LWL-Direktor Dr. Kirsch, LWL-Chefarchäologe Prof. Michael Rind und Museumsleiter Dr. Rudolph Aßkamp beginnen das Projekt "Römerpark Aliso" - natürlich mit historischem Werkzeug. | Foto: Foto: LWL/K.Burgemeister
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Mit dem ersten Spatenstich haben am Freitag (27.4.) die Arbeiten für den neuen 4,8 Hektar großen "Römerpark Aliso" in Haltern am See (Kreis Recklinghausen) begonnen. Am LWL-Römermuseum gaben LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch und NRW-Bauminister Harry K. Voigtsberger den Startschuss für das 5,3-Millionen-Euro-Projekt, das mit archäologischen Grabungen auf einem ein Hektar großen Gelände des ehemaligen Römerlagers mit dem ersten Bauabschnitt startet. Ab 2014 soll der Aufbau von Rekonstruktionen römischer Militärbauten wie eines Tores und einer Wehrmauer folgen.
"Vermutlich wollten die Römer hier die Hauptstadt ihrer Provinz Germanien errichten. Wir werden Teile dieses wichtigsten römischen Militärkomplexes rechts des Rheines nicht nur ausgraben und auswerten, sondern auch rekonstruieren: Die Zeit der Römer in Westfalen soll vor den Augen unserer Besucher buchstäblich aus dem Boden wachsen - eine in Westfalen einzigartige Attraktion", so Kirsch.
"Die Grabungen in Haltern sind aus meiner Sicht eines der spannendsten archäologischen Projekte der Römerforschung in Westfalen. Daher beabsichtigt das Land NRW dieses Projekt mit weiteren zwei Millionen Euro finanziell zu unterstützen", sagte Minister Voigtsberger. Das Land hat das Projekt bereits mit über 700.000 Euro gefördert.
Bevor es an die eigentlichen Bauarbeiten geht, müssen noch wissenschaftliche Fragen geklärt werden: Ein 15-köpfiges Archäologen-Team des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) untersucht bis Herbst dieses Jahres auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern die Westseite des ehemaligen 18 Hektar großen Römerlagers, den letzten noch unbekannten Teil des Militärkomplexes.
Die Grabungsergebnisse bilden dann die Grundlage für eines der größten zukünftigen Projekte der experimentellen Archäologie in Nordrhein-Westfalen: Auf dem Außengelände des Museums wird nach und nach ein Teil der ehemaligen römischen Bebauung in historischer Bauweise rekonstruiert - beginnend mit dem Westtor der Anlage.

Hintergrund:
"Wir erwarten hier vor allem Reste der Umwehrungsanlage zu finden, die das Lager umgab - und können dadurch Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Spitzgräben und Wehrmauer, ihrer Höhe und ihren Verlauf schließen", erklärte der LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind. "Kernstück der Forschung ist das große Westtor des Militärlagers."
"Eventuell werden wir sogar auf die Wallstraße, die sogenannte "via sagularis" stoßen", hofft Grabungsleiterin Dr. Bettina Tremmel. Wertvolle Informationen halten womöglich auch Abfallgruben bereit, die im Lagerinneren nahe den Befestigungsbauwerken zu erwarten sind. "Am Inhalt der Gruben können wir viel über den Alltag der römischen Legionäre, die Wirtschaftsstruktur des Lagers oder Art und Herkunft der Konsumgüter hier in Haltern lernen", so die LWL-Archäologin.
Später werden weitere Grabungen im früheren Innenbereich des Lagers folgen. "In der zweiten Grabungskampagne werden wir dann die Frage in den Fokus stellen, wie die Legionäre im Lager lebten", erläuterte Tremmel, "ein besonderer Höhepunkt wäre es natürlich, ein weiteres Tribunenhaus, so wie wir sie schon Haltern nachweisen konnten, zu finden." Auf welche Bauten und Funde die Ausgräber stoßen werden, lässt sich im Vorfeld nicht vorhersagen. Und archäologische Überraschungen hat es in Haltern schon einige im Laufe der mehr als 110 Jahre andauernden Grabungstätigkeit gegeben.
Das Westtor und ein Teil der angrenzenden Wehrmauer werden voraussichtlich ab 2014 an ihrem Originalstandort und in Originalgröße rekonstruiert. "Der Römerpark Aliso wird unseren Museumsbesuchern einen imposanten Eindruck von der ehemaligen römischen Militäranlage bieten", sagte Museumsleiter Dr. Rudolf Aßkamp. Später sollen auch Teile der Innenbebauung wieder errichtet werden - wenn die archäologischen Untersuchungen die nötigen Informationen geliefert haben.
War der römische Militärkomplex in Haltern tatsächlich das in der antiken Literatur beschriebene Aliso? Und damit auch der letzte Stützpunkt, den die Römer nach der Niederlage in der Varusschlacht 9 n.Chr. noch gehalten haben? "Die Gleichsetzung von Aliso mit Haltern durchzieht die Forschungsgeschichte dieses Römerlagers seit Beginn der Ausgrabungen vor 111 Jahren", so Museumsleiter Aßkamp. "Die Details aus der schriftlichen Überlieferung passten schon immer auf Haltern. Mittlerweile können wir auch von archäologischer Seite die Aliso-These bekräftigen." Denn laut der Schriftquellen bestand das Lager Aliso bis 16 n.Chr. fort und wurde im Winter 9/10 n.Chr. von Germanen belagert. In Haltern belegen nun unter anderem germanische Skelette aus einem Töpferofen und die Überlagerungen von Grabanlagen in der Gräberstraße, dass dieser Stützpunkt tatsächlich noch über das Jahr 9 n.Chr. hinaus mit römischen Soldaten besetzt war. Außerdem deuten nachträgliche Sperrvorrichtungen an Süd- und Osttor wie auch unmittelbar südlich des Hauptlagers geborgene Geschosse wie Schleuderbleie, Steinkugeln und dreiflügelige Pfeilspitzen auf eine Belagerung hin.

Das Projekt "Römerpark Aliso" wird gefördert mit Mitteln vom NRW-Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr, die wissenschaftliche Projektleitung liegt bei der LWL-Archäologie für Westfalen, die bauliche Leitung beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb des LWL.

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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