Gladbeck: Schlecht gelaunter Arbeitsminister auf Sündenbock-Suche
Brauck. Thomas Brömmel, Geschäftsführer des Gladbecker Unternehmens „Völker Tiefbau“, hatte eingeladen und Guntram Schneider hielt tatsächlich Wort: Vor wenigen Tagen besuchte der Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen den Firmensitz von „Völker Tiefbau“ an der Brüsseler Straße im Gewerbepark Brauck.
Zustande gekommen war der Besuchtstermin im Zuge der „Dialogtour“ von Minister Schneider, in deren Verlauf er in verschiedenen Regionen von Nordrhein-Westfalen mit Unternehmensvertretern über die Ausbildung insbesondere in den industriellen Kernberufen diskutierte. Im Zuge der „Dialogtour“ gab es auch ein kurzes Treffen zwischen Guntram Schneider und Thomas Brömmel in Münster. Dort warnte der Minister vor einer Fachkräftelücke als Folge mangelnder Ausbildungsbereitschaft. „Völker Tiefbau“-Geschäftsführer Brömmel reagierte spontan, sagte zu, zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten. Zugleich sprach er aber auch die Besuchseinladung aus.
Beidseitiges Interesse an möglichst vielen Ausbildungsplätzen
Beim Treffen in Brauck versicherte Thomas Brömmel, das sowohl der Minister als auch die Firma Völker-Tiefbau an vielen Ausbildungsplätzen interessiert sei. Und ein Migrationshintergrund dürfen auf keinen Fall ein Ausbildungshemmniss sein. Doch Brömmel wurde zugleich auch sofort kritisch, denn seiner Meinung produziere das Schulsystem zu wenige gute Ergebnisse. So suche Völker-Tiefbau oft vergeblich nach geeigneten Bewerbern für die Bereiche „Tiefbau-Facharbeiter“ und „Straßenbauer“. Thomas Brömmel: „Die Bewerber werden immer schlechter!“. Demnach gab es bei „Völker Tiefbau“ im Jahr 2014 insgesamt 16 Bewerbungen, wovon aber lediglich 6 Bewerber zu einem Testtag eingeladen wurden. Zu den Tests, die die Zehntklässler absolvieren mussten, gehörten auch Matehmatik-Aufgaben, die auf dem Niveau der 7. Klasse angesiedelt waren. Zwei der sechs Bewerber versagten hier aber völlig.
Sozusagen als Beweis für seine Ausführungen präsentierte Thomas Brömmel ein anonymisiertes Bewerbungsschreiben, das große Defizite des Bewerbers im Bereich der deutschen Sprache offenbarte. „Unsere Argumente sind bei Minister Schneider angekommen,“ zeigte sich Völker-Geschäftsführer Brömmel vorsichtig optimistisch. Allerdings habe der Minister auch die Forderung gestellt, dass sich die Firmen als Arbeitgeber ändern müssten.
Und hier setzte Arbeitsminister Schneider in seinen Ausführungen an. Ihm seien die Arbeitgeber-Beschwerden über mangelnde Kenntnisse in den Fächern Mathematik, Deutsch und auch den typischen Lernfächern bekannt. „Das ist aber eine uralte Klage,“ wiegelte Schneider ab. So besitze er eine DIHK-Fiebel aus dem Jahr 1978, in der man die gleichen Argumente und Beschwerden finde.
Eine Mitschuld der Politik an der aktullen Lage wies Schneider indes kategorisch von sich. Er habe vielmehr die Sorge, dass die zu hohen Anforderungen der Ausbildungsunternehmen tatsächlich zu einem deutlichen Rückgang in Industrieberufen führen und damit zur einem Fachkräftemangel führen könnten. Das sei nicht gut für ein Industrieland wie Nordrhein-Westfalen. Man müsse die Gründe für die Probleme erforschen und nach Abhilfen suchen, forderte der Minister. Als gelungenes Beispiel führte Schneider die „Duale Berufsausbildung“ an, die man nun noch weiter verbessern wolle.
Medien berichten in einem kaum verständlichen Deutsch
Bei der Suche nach einem „Sündenbock“ für die Misere mit ungeeigneten Ausbildungsplatzsuchenden fand der Minister schließlich doch noch ein „Opfer“ - die Medien. Die TV-Nachrichtensendungen würden mit einem Deutsch aufwarten, das kaum noch jemand verstehe, brachte sich Schneider in Stellung. Um zugleich auch auf die Printmedien einzuprügeln. Denn auch die Zeitungsartikel seien in einem für die heutige Jugend kaum verständlichen Deutsch geschrieben. Es werde also nicht berücksichtigt, dass sich Sprache permanent verändere, zog der Minister eine erste Bilanz. Dabei sei doch gerade das Ruhrgebiet ein Schmelztiegel für die Veränderung der Sprachen.
Ob der Minister damit auch das von Thomas Brömmel vorgelegte Bewerbungsschreiben meinte, blieb am Ende des Treffens offen. Ebenso unbeantwortet blieb letztlich die Frage, wie künftig nordrhein-westfälische Schulabgänger das Bildungsniveau erreichen, das Ausbildungsunternehmen von den Bewerbern erwarten (dürfen)...
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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