Das neue Motto für die schrägste Kirmes Europas steht:
Wat ok kömmt – Vie blitt Kiärmis
Hartnäckig hält sich das Virus. Immer noch sind Veranstaltungen untersagt. Immer noch finden Versammlungen entweder gar nicht oder nur zu oft online via Zoom statt, weil es persönliche Treffen nicht geben darf. Doch zumindest in Gevelsberg gibt es ein Virus, welches noch hartnäckiger ist als das Corona-Virus: das Kirmesvirus. „Wat ok kömmt – Vie blitt Kiärmis“, so lautet das neue Kirmesmotto 2021. „Was auch kommt – wir bleiben Kirmes“, ist nicht nur die feste Überzeugung der zwölf Kirmesgruppen und des gesamten Kirmesvereins. Das neue Motto ist ein Signal: Wir geben nicht auf!
Einen langen Atem wird man wohl noch brauchen, bis es vielleicht wieder so werden wird, wie es zuletzt 2019 war. Wir erinnern uns an einen heißen Kirmeszug – was die Wagen und Kostüme angeht, aber vor allem auch wegen dem Wetter. Knallheiße Sonne und blauer Himmel, eine Feuerwehr, die mit dem Wasserschlauch für Abkühlung sorgte und eine schwitzende Menschenmenge entlang der Kirmesstrecke. 2020 dann die emotionale Absage der Gevelsberger Kirmes. „Es ist ein tiefer Stich in das Gevelsberger Herz und eine schmerzvolle Entscheidung. Ein Schritt, den wir uns nie zuvor hätten vorstellen können und von dem wir niemals gedacht hätten, dass wir ihn einmal gehen müssen. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist es das erste Mal, das Kirmes und Kirmeszug abgesagt werden mussten“, so Markus Loetz. Für den aktuellen Vorsitzenden wäre es letztes Jahr der zweite Kirmeszug gewesen. „Da wird schon mit schwarzem Humor gesagt: Im letzten Jahr war es unter Deiner Regie viel zu heiß beim Kirmeszug, in diesem Jahr fällt er dann schon ganz aus…“ Und 2021?
„Der Kirmeszug, so wie wir ihn kennen, kann auch in diesem Jahr nicht starten. Wir haben rund 32.000 Einwohner und noch einmal so viele kommen als Besucher. Das geht nicht. Was genau am letzten Wochenende im Juni möglich sein wird, wissen wir noch nicht. Aber unser neues Motto drückt unsere Stimmung aus: Wir lassen uns nicht unterkriegen.“
Normalerweise beteiligt sich nach einem Aufruf in den elektronischen Medien jeder, der mag, an der Mottosuche. In diesem Jahr suchte man vereinsintern. Wichtig ist: das auf Hochdeutsch vorgeschlagene Motto muss auch im Gevelsberger Plattdeutsch gut rüberkommen. Horst Dieter Erdelt hat damit Erfahrung und von ihm stammt auch in diesem Jahr das Motto. Über vierzig Teilnehmer waren online vertreten, als es zum sechsminütigen Abstimmungsprozedere per Umfrage im Zoom kam und die neue Durchhalteparole mit vierzig Prozent als Sieger aus der Abstimmung hervorging. Was bei der diesjährigen Abstimmung online nicht stattfinden konnte, war die „Wech-Runde“. Verbliebene Motto-Vorschläge scheiden normalerweise unter lauten „Wech-Rufen“ aus. Bürgermeister Claus Jacobi, Vorsitzender des Bewertungsausschusses, sieht jedenfalls in dem Sieger ein starkes Zeichen für die geliebte Gevelsberger Kirmes.
Motto ist ein starkes Signal
Wesentlich schneller und buchstäblich in Sekunden wurde entschieden, dass es natürlich auch Kirmesplaketten geben soll. „Unser Symbol drückt unsere Überzeugung aus. Deshalb wollen alle Verantwortlichen die Plaketten, die man beutelweise bei uns bestellen kann, per Mail unter vorstand@kirmesverein.de Keine Überlegung sei es gewesen, die Plaketten diesmal gegen einen finanziellen Obolus an die Bürger zu verkaufen. „Nein, das machen wir nicht. Wir verkaufen wieder beutelweise und die Käufer geben die Plaketten dann einfach an die Menschen aus. Manche haben in der Vergangenheit einen kleinen Betrag für eine Plakette als Spende für einen guten Zweck genommen. Aber dann muss auch gut sein.“ Schon im letzten Jahr hatte Loetz erklärt: „Niemand muss sich Sorgen machen, dass eine der Gevelsberger Kirmesgruppen die Corona-Krise finanziell nicht überstehen könnte. Schließlich fallen die Einnahmen der Getränke-Stände auf der Kirmes und die Umsätze bei den Sommerfesten weg, mit denen sonst die Präsentationen im Kirmeszug und die laufenden Kosten finanziert werden. Wer in Not gerät, der kann sich an uns wenden. Dafür ist der Kirmesverein schließlich da. Wir haben in den letzten Jahren so gut gewirtschaftet, dass wir jederzeit helfen können.“
Im letzten Jahr musste auch die beliebte Kirmeskrug-Fete ausfallen. Einen Kirmeskrug gab es aber und auch in diesem Jahr wird es ihn geben. In Planung ist auch die Hammerschmiedfete. Ob sie stattfinden kann, muss man abwarten. Denn, wie so viele Vereine, muss auch der Gevelsberger Kirmesverein „auf Sicht planen“. Die Unterstützung der Dortmunder Brauerei ist den Kirmesfreunden aber auch in diesem Jahr sicher.
Überhaupt ist die Unterstützung nach wie vor groß. Und der Wille zum Durchhalten auch. „Eigentlich hätten unsere zwölf Kirmesgruppen jetzt ihre Veranstaltungen zur Eröffnung der Bauplätze für den Kirmeswagen gehabt. Fällt natürlich alles aus. Aber wir versuchen als Verein, den Gruppenzusammenhalt zu stärken. Für uns ist es wichtig, dass die Kirmesidee diese Pandemie überlebt und wir danach wieder durchstarten können“, sagt Markus Loetz. Denn er weiß natürlich auch, dass viele Menschen sich in der Pandemie mit anderen Dingen beschäftigt haben. Die einen entdeckten wieder ein Faible für die Gartenarbeit, andere legten sich ein Haustier zu. Viele Vereine befürchten, dass die Zeit, die jetzt in andere Aktivitäten investiert wird, auch später nicht mehr für die alten Projekte infrage kommt, wenn es denn wieder möglich wäre.
„Doch ich glaube auch fest daran, dass unser Kirmesvirus stärker ist. Wir haben auch die Meldungen für die Verleihung der Goldenen Ehrennadel des Gevelsberger Kirmesvereins abgefragt und wollen diese Ehrung zusammen mit denjenigen durchführen, die wir schon 2020 für langjährige Mitgliedschaft hätten ehren wollen. Aber das ging damals ja nicht.“
Seit Jahrzehnten gehört die „schrägste Kirmes Europas“ zum festen Repertoire in den Terminkalendern. Und da will sie auch wieder hin.
Autor:Dr. Anja Pielorz aus Hattingen |
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