Begleitung auf schwerem Weg
Christine Münster reicht als Onkolotsin Krebserkrankten eine helfende Hand

Die Arbeit im ambulanten Hospizdienst hat Christine Münster auf ihrem Weg zur Onkolotsin begleitet.  | Foto: Privat
  • Die Arbeit im ambulanten Hospizdienst hat Christine Münster auf ihrem Weg zur Onkolotsin begleitet.
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Wer eine Krebsdiagnose erhält, dem zieht es den Boden unter den Füßen weg. Verzweiflung, Angst und Überforderung beherrschen den Alltag so sehr, dass es meist unmöglich ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und wichtige Entscheidungen zu treffen. Genau dann greift die Arbeit von Onkolotsin Christine Münster.
Seit Anfang September reicht die Fachkraft Betroffenen eine helfende Hand im Hospiz Emmaus. "Mit der Zertifizierung als Onkolotse durch die Sächsische Krebsgesellschaft möchte ich einen Schritt auf Menschen zugehen, die eine onkologische Diagnose erhalten haben. Gerade am Anfang ist es wichtig, dass man genau weiß, welche Schritte man nun gehen sollte", erzählt die 49-Jährige. "Das reicht von Anträgen für Krankengeld über die passenden Behandlungsmethoden bis zur Suche nach dem richtigen Arzt. Gerade in diesem Stadium ist es besonders wichtig, dass man weiß, welche Patientenrechte man hat und wie man diese geltend machen kann. In all diesen Bereichen unterstütze ich die Erkrankten gerne tatkräftig und bin darüber hinaus natürlich auch für alle Sorgen und Ängste immer ansprechbar." Denn eine Krebsdiagnose sei erst einmal furchtbar schrecklich, längst nicht in allen Fällen bedeute sie aber ein Todesurteil. Gerade deshalb sei es so wichtig, dass Behandlungen schnell in die Wege geleitet werden. Dass genau hier ein großer Bedarf besteht, konnte Christine Münster bereits in ihrer Arbeit im Hospiz Emmaus erfahren. Seit 2016 ist sie hier ehrenamtlich tätig und freut sich sehr, dass sie die wertvolle Arbeit des Hospizes nun mit diesem neuen Angebot ergänzen kann.
"Ich sehe diese Möglichkeit als ein besonderes Geschenk für die Patienten", berichtet Christine Münster. "Und natürlich profitieren nicht nur die davon, wir holen immer auch die Familie und Angehörigen mit ins Boot. Die notwendigen Entscheidungen müssen letztlich vom Betroffenen allein getroffen werden, es ist aber hilfreich, wenn man ganz praktische Tipps mit an die Hand und Möglichkeiten aufgezeigt bekommt." Eine Empfehlung für Ärzte spreche sie allerdings nicht aus, trotzdem könnten die Erkrankten von den Erfahrungen Anderer immer profitieren.

Persönliche Erfahrungen weitergeben

Christine Münster weiß, wovon sie spricht, denn auch war bereits mit der Trauer, Verzweiflung und Machtlosigkeit gegenüber einer Krankheit konfrontiert. "Meine Mutter ist vor einigen Jahren gestorben und ich hatte das Glück, dass ich ihr dabei zur Seite stehen und sie begleiten durfte. Wir sind eine große Familie und haben uns gegenseitig in dieser schwierigen Zeit unterstützt. Ein eng mit meinen Eltern befreundeter Pastor war es, der damals einen besonders bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Er hat die letzten Tage meiner Mutter mit soviel Liebe und Freude erfüllt, dass ich heute sagen kann, dass es nicht nur das schlimmste, sondern gleichzeitig auch das schönste Erlebnis meines Lebens war. Er hat es geschafft, unseren Schmerz in eine schöne Situation umzuwandeln. Dafür bin ich ihm unglaublich dankbar." Nachdem sie den Trauerprozess für sich abgeschlossen hatte, war Christine Münster klar, dass sie ihre Erfahrungen gerne mit anderen Menschen teilen wollte.
"Als ich am nächsten Tag die Zeitung aufschlug, las ich, dass das Hospiz Emmaus noch nach ehrenamtlichen Mitarbeitern sucht. Das war für mich ein Zeichen." Ihre Welt sei seitdem viel bunter geworden, denn ihre Arbeit beinhalte nun ein gegenseitiges Geben und Nehmen. "Ich erlebe jeden Tag soviel Ehrlichkeit und Wertschätzung, das ist einfach toll und für mich eine wirkliche Horizonterweiterung. Die Erfahrungen, die ich hier sammle, helfen mir auch in meinem Alltag, die Dinge wieder in Relation zu setzen. Sachen, über die ich mich früher geärgert habe, verlieren an Bedeutung." Auch ihre eigene Haltung zum Tod und Sterben habe sich seitdem gewandelt.

Tod ist in unserer Gesellschaft ein Tabu

"Leider ist alles, was mit dem Tod zu tun hat, in unserer Gesellschaft mittlerweile ein Tabuthema. Dabei kann sich niemand davor verstecken. Sobald wir ihn wieder als ein Teil des Lebens ansehen, verliert er seinen Schrecken. Man lebt dann gleichzeitig viel bewusster." Während ihrer Arbeit für das Hospiz Emmaus hat Christine Münster schnell gemerkt, dass auch Menschen, die eine onkologische Diagnose erhalten haben, vor einem riesigen Berg an Aufgaben stehen, den sie ohne Hilfe nur schwer bewältigen können.
"Die Weiterbildung zum Onkolotsen ist noch relativ neu. Wohlwollende Menschen haben mich vor einiger Zeit darauf aufmerksam gemacht, und mir war klar, dass ich das gerne für mich machen wollte. Es ist super, dass auch das Hospiz Emmaus großes Interesse daran zeigte und direkt mit von der Partie war. Mein Angebot richtet sich an alle Krebspatienten - unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer und kultureller Herkunft sowie von der Schwere einer Diagnose." Die kostenlose Beratung findet dienstags zwischen 9 und 13 Uhr sowie mittwochs von 14 und 18 Uhr im Neubau des Hospiz Emmaus, Hagener Straße 339, statt. Erreichbar ist Christine Münster unter Tel. 02332/61021 oder c.muenster@hospiz-emmaus.de. Vor dem Hintergrund des Welthospiztages, der am 9. Oktober stattfindet, lädt das Hospiz zu einer Kennenlernwoche ein. Christine Münster wird sich und ihre Arbeit in diesem Rahmen am 8. Oktober ab 15 Uhr vorstellen. Besucher sind willkommen, es gilt die 3G-Regel.

Autor:

Janina aus dem Siepen aus Hattingen

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