Vor 49 Jahren als Postjungbote angefangen - am Samstag ist Schluss
Uwe Molzahn hat Feierabend

Uwe Molzahn mit Tochter Romina Monien. Foto: Pielorz
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Uwe Molzahn (63) ist viel unterwegs. Jeden Tag läuft er zu Fuß etwa 14 Kilometer inklusive Treppen und das bei Wind und Wetter. Vier bis fünf Stunden geht es die Mittelstraße rauf und runter einschließlich Nebenstraßen. Und das seit 43 Jahren im gleichen Bezirk. Seit 49 Jahren ist der Gevelsberger bei der Post – und jetzt trägt er zum letzten Mal Briefe und Pakete aus. Für Uwe Molzahn ist Feierabend – Ruhestand, Rente. Ruhig wird es um ihn wohl eher nicht werden – denn diesen Gevelsberger kennt die ganze Innenstadt. Wir haben ihn ein Stückchen auf seiner Tour begleitet – und erlebten bei Postzusteller und Empfängern eine fast unfassbare Freude.
Für Uwe Molzahn war der Beruf noch ein Lehrberuf – drei Jahre dauerte die Ausbildung zum Postjungboten. Und der umfasste weit mehr als „nur“ Briefe zustellen. „Rentenauszahlung, Fuhrdienst, alles Mögliche haben wir damals bei der Deutschen Post gemacht“, erzählt er. Heute ist er mit der Handkarre unterwegs – diesen Helfer gab es damals noch nicht. Dafür existieren im Bezirk mehrere Ablagestationen. Die werden vor dem fußläufigen Dienstantritt befahren und befüllt. Schließlich passt nicht die ganze Postzustellung auf einmal in eine Handkarre. Um 6 Uhr morgens geht es mit dem Befüllen los. Auch Pakete bis zu einer bestimmten Größe sind dabei.
Auch Tochter Romina ist beim Pressetermin dabei. Dann geht es los. Etwas „Königliche Hoheit“ ist schon dabei – denn Uwe Molzahn grüßt nach links und rechts. Und das eigentlich ununterbrochen. Wahnsinn! Der Mann kennt alle und alle kennen ihn. Post für das erste Geschäft auf der Mittelstraße. Rein. Raus. Aber Zeit für ein Schwätzchen, ein freundliches Wort. Dann der Friseursalon von Anna Celik. Hier wartet nicht nur die Chefin sondern auch JayJo. Die Hündin ist mega aufgeregt und kann es gar nicht erwarten, denn Uwe Molzahn hat für die vierbeinigen Kunden immer ein Leckerchen dabei. Auch in diesem Fall. Es geht die Mittelstraße rauf – und Gruß nach rechts, Gruß nach links. Eine Frau kommt – keine Ahnung, wer das ist. „Mensch Uwe, wie lange machste noch??? Samstag??? Man sieht sich, wir müssen noch feiern.“ Nächster Stopp in der Fleischerei Ellinghaus. Tochter Romina verrät: „Hier bekommt Papa meistens ein Brötchen als Verpflegung.“ Stimmt. Der Uwe hat ja auch noch eine stramme Tour vor sich. Und er ist flott zu Fuß unterwegs. Mit Kamera, Zettel und Stift bewaffnet heize ich hinterher – Uwe hängt mich mit dem Postkarren mühelos ab. „Uwe, wat macht der Fußball? Dortmund? Wat denkste?“ Klar, der Uwe gibt einen Tipp ab. Im Laufen. Und wieder zum nächsten Kunden. Das kleine Kaffeehaus. Da wird er wohl bald für einen Kaffee Zeit haben. Elvira Henke-Wozniak kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass „der Uwe“ nicht mehr kommt. Er selbst dürfte auch seine Zweifel haben und die anderen Kunden erst… Vielleicht läuft er ja trotzdem, nur ohne Briefe. Immerhin: Er spielt ja auch Fußball bei der Spielvereinigung Linderhausen – da ist er ja Laufen gewöhnt. Trainer ist er dort auch. Motorrad und Fahrrad fährt er, wenn er mal nicht auf zwei Beinen unterwegs ist. Und wenn er doch mal zum Sitzen kommt – na ja, die Ruhe findet er beim Angeln. Doch so richtig viel Ruhe, die will er eigentlich gar nicht. Da, schon wieder – Gruß nach rechts, Gruß nach links. „Wir können mit Papa gar nicht in die Stadt gehen, ohne dass er eigentlich jeden grüßt, dem er begegnet. Das war immer so“, lacht die Tochter. Die will übrigens keine Christel von der Post werden – sie studiert Grundschullehramt.

Viele Freunde gefunden

„Es sind viele Freundschaften durch meine Arbeit entstanden“, sagt Uwe Molzahn. Und er hat auch oft von Kunden privat einen Schlüssel bekommen, wenn die mal nicht zuhause waren. Manche Kunden haben mit ihm Geburtstag gefeiert und andere pflegen den Gesprächskontakt, weil er ein offenes Ohr hat und auch mal zuhören kann. Ganz unbeschwert war seine Arbeit nicht immer – trotz viel Bewegung und gertenschlanker Figur erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich aber gänzlich erholte. Seiner Frohnatur hat das dauerhaft nichts anhaben können. Technikfreaks mögen von einer Postzustellung per Drohne träumen – „uns Uwe“ aus Gevelsberg wirkt im positiven Sinn wie eine Droge als Frohnatur. Er hat als Postjungbote angefangen und wenn er jetzt keine Briefe mehr austrägt – jung im Herzen ist er in jedem Fall geblieben. Und Bote kommt von Botschaft und die vermittelt der Gevelsberger deutlich: Mach das, was Du liebst und mach es mit Leib und Seele!

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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