Besinnlich

Sonntagsgedanken aus Gevelsberg von Martin Stais

Von Martin Stais, Pastor in Gevelsberg

Liebe Leserinnen und Leser,
jetzt wissen wir es alle: Manche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie waren überzogen. Schließungen von Kindergärten und Schulen und weitere Eingriffe in den Ablauf des Lebens hätten wir uns sparen können. Einige werden sich auf die Schulter klopfen und behaupten: Das habe ich doch gleich gesagt. Viele Impfgegner fühlen sich bestärkt.
Im Nachhinein bleibt es stets einfach, alles besser zu wissen. Das geht nicht nur bei der Pandemie so. Wenn Beziehungen scheitern oder irgendwelche Entscheidungen sich als Fehler herausstellen, gibt es fast immer genügend Stimmen, die behaupten, es immer schon gewusst zu haben, dass es so kommen wird. Leider wissen wir, dass nicht einmal die biblischen Propheten immer Recht hatten mit ihren Ankündigungen. Wahrscheinlich erinnern wir uns noch gut an den Propheten Jona, der den Untergang Ninives ankündigt und dann unter einem Rizinusstrauch verzweifelt, weil Gott Erbarmen zeigt und es nicht so weit kommen lässt, dass die Stadt untergeht.
In dem sogenannten „Hohen Lied der Liebe“ aus dem Brief an die Gemeinde in Korinth, das bei Trauungen gern aufgegriffen wird, schreibt Paulus wie selbstverständlich davon, dass unser Erkennen und prophetischen Reden Stückwerk ist. (1Kor 13,9ff.) – Diese Verse werden meist ausgelassen. – Was bleiben soll, sind Glaube, Hoffnung und Liebe.
Ich wünschte mir, wir könnten uns immer wieder erinnern und vergewissern, dass wir mit Bruchstücken und Stückwerk der Erkenntnis dem Leben gegenüberstehen, eingeladen sind, die Stückwerke zu ergänzen, aber mit ihnen Leben müssen. Das könnte uns davor bewahren, einander Ernsthaftigkeit und Fähigkeiten abzusprechen oder gar mit Gewalt Ängste oder Lebensvorstellungen durchsetzen zu wollen, denn Stückwerk ….
Einen gesegneten Sonntag im Vertrauen auf den, der alles Stückwerk vollendet und uns zumindest sonntäglich daran erinnert!
Martin Stais, Pastor in Gevelsberg