Erinnerungen an ehemaliges Kaufhaus in Gevelsberg
Bei Horten gab es alles: Ehemalige Mitarbeiter treffen sich fast 20 Jahre nach der Schließung
Insgesamt über mehr als 160 Jahre Horten-Erfahrung: Die Kolleginnen waren länger als 30 Jahre im Kaufhaus beschäftigt. Ehemalige der „Horten-Rupprecht-Familie“ trafen sich zu einem gemütlichen Abend in der Gaststätte „Am Ufer“. 20 Kolleginnen und Kollegen waren von nah und fern angereist, um gemeinsame Erinnerungen aufleben zu lassen. Von früheren Lehrlingen des Vorgänger-Kaufhauses Merkur, über die erste Generation der Horten-Mitarbeiter bis hin zu den letzten Angestellten des Rupprecht-Kaufhauses waren alle zu diesem Treffen gekommen.
Von Lilo Ingenlath-Gegic
Das Kaufhaus Horten in Gevelsberg war eine Institution. Ein „Vollsortiment-Warenhaus modernster Prägung“, wie es in den 1970er Jahren hieß. Auf fünf Etagen gab es einfach alles: Bekleidung, eine Parfümerie, Kurzwaren, Haushaltswaren, Elektronik, Heimwerkerbedarf, eine gut sortierte Lebensmittelabteilung und vieles mehr. Wer im südlichen EN-Kreis shoppen wollte, als das Wort noch gar nicht gebräuchlich war, ging zu Horten. Für viele Gevelsberger war es auch ein beliebter Treffpunkt. Man traf sich bei Horten in der Cafeteria oder im Restaurant.
In Spitzenzeiten waren im Kaufhaus Horten weit mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt. Klaus Wolberg (82), war ab 1972 Chefdekorateur bei Horten. Er erinnert sich, dass sie mit sechs Dekorateuren und zwei Lehrlingen für die zwölf großen Schaufenster zuständig waren. „Wir hatten noch viel Freiheit bei der Gestaltung“, ergänzt seine Kollegin Doris Behrens, die 1954 im Kaufhaus Merkur, das später von Horten übernommen wurde, den Beruf der Schauwerbegestalterin erlernte und bis 1999 bei Horten (später Rupprecht) tätig war. „Wir haben auch in den Abteilungen und im Restaurant alles dekoriert, die Theken, die Puppen, die Auslagen. Und zur Weihnachtszeit haben wir die Vordächer mit Weihnachtsbäumen geschmückt.“ Beide nehmen immer wieder gern an den Ehemaligen-Treffen teil. „Man trifft sich, man kennt sich und man freut sich schon jedes Jahr wieder darauf“, sagen sie.
Ursula Biermann (74) war 34 Jahre lang in der Damenoberbekleidungs-Abteilung
tätig. Auch sie kommt immer gerne zu den Treffen. „Weil wir wie eine große Familie sind“, sagt sie. Ihre Kollegin Kirsten Stiegler (50) ergänzt: „So einen Zusammenhalt gibt es nicht nochmal“. „Das war unser Haus“, sagt Ursula Biermann. Kirsten Stiegler ist eine der jüngsten bei diesem Treffen. Von 1988 bis 1991 machte sie ihre Lehre bei Horten und war danach kurze Zeit in der Parfümerie-Abteilung tätig.
Auch Annette Blasche (70) gehört zur „Horten-Familie“, auch wenn sie nicht im Verkauf tätig war. 1965 machte sie ein dreiwöchiges Praktikum im Kaufhaus Merkur. Am 1. April 1966 begann sie ihre Lehre als „Einzelhandelskauffrau Büro betont“. Bis zur Schließung des Hauses am 31.12.2002 war sie mehr als 36 Jahre in allen Abteilungen der Kaufhausverwaltung tätig. Seit dem ersten Horten-Treffen 2014 ist sie dabei und freut sich, dass Helga Becker diese Zusammenkunft immer wieder organisiert.
Helga Becker hatte gut zehn Jahre nach der Kaufhaus-Schließung die Idee zu einem Ehemaligen-Treffen. Sie hat ein dickes Buch mit vielen Adressen und Telefonnummern der ehemaligen Horten-Mitarbeiter und lädt jedes Jahr ein. „Es war gar nicht so einfach, alle zu finden und zusammenzubekommen“, erinnert sie sich an die Anfänge. Beim ersten Treffen waren es gut 40 Leute, bei einem der nächsten Treffen waren wir sogar mehr als 80. „Da waren die Räume in der Gaststätte zu klein für unsere Gruppe“, so Becker. Dies ist nun schon das achte Treffen, das auf ihre Initiative hin stattfindet, und in diesem Jahr sind es immerhin 20, die sie zusammengetrommelt hat. „Das macht mir viel Spaß“, sagt sie, „aber es kostet auch viel Zeit, alles telefonisch zu regeln.“ Deshalb hofft sie jetzt auf die Unterstützung der jüngeren Kolleginnen, die in WhatsApp- und Facebookgruppen den Kontakt halten.
Einige Ehemalige sind weit angereist. Erika Böckmann (68) war 20 Jahre bei Horten tätig, dann zog sie nach Niedersachsen. Nun legt sie für das Treffen 280 Kilometer zurück. „Ich freue mich immer wieder, denn wir waren früher so eine tolle Truppe“, sagt sie. Rosvita Schulte hat noch eine weitere Anreise, sie kommt aus einem 350 Kilometer entfernten Örtchen im Harz. Ab 1975 war sie im Restaurant tätig, das ein beliebter Treffpunkt nicht nur für Gevelsberger war. „Unser Wiedersehen ist immer wieder schön“, freut sich Helga Becker, die in der Herrenoberbekleidungs-Abteilung arbeitete. „Der Kunde war bei uns König und bei uns gab es einfach alles“, erinnert sie sich, wenn sich die Gespräche um die Arbeit bei Horten drehen.
Auch ein Horten-Paar ist bei allen Treffen dabei: Siggi Fichtel und seine Frau Sylvia Fichtel-Kappel lernten sich 1972 bei Horten kennen. „Wir kamen immer mit demselben Bus, da haben wir uns verliebt“, erzählt das Paar. 1973 verlobten sie sich, ihre Beziehung hielten sie aber lange geheim, denn die Geschäftsleitung sah so etwas nicht gern. Deshalb haben die beiden Privatleben und Beruf immer streng getrennt.
In vielen Gesprächen und bei einem leckeren Essen wurden an diesem Abend Erinnerungen ausgetauscht. Es wurde viel gelacht und alle hatten auch in kleiner Runde viel Spaß. Mit einem Präsent dankten die Kolleginnen und Kollegen Helga Becker dafür, dass sie dieses Treffen organisierte.
Ort und Termin für das nächste Treffen wurden auch gleich schon vereinbart:
Am 29. Oktober will sich die „Horten-Familie“ wieder in der Gaststätte „Am Ufer“ treffen. Anmeldungen nimmt Helga Becker gerne unter Tel. 02332/51462 entgegen.
Die Horten AG war ein von Helmut Horten gegründeter deutscher Warenhauskonzern. Sie war die viertgrößte deutsche Kaufhauskette. Das Firmenimperium umfasste bundesweit 51 Warenhäuser mit 25.000 Mitarbeitern. 1994 wurde Horten von Kaufhof übernommen, schrittweise integriert und viele Horten-Häuser wurden geschlossen, bis die Marke Horten Anfang der 2000er-Jahre ganz verschwand. Horten in Gevelsberg wurde bereits 1993 von der Kaufring AG übernommen, die zehn kleinere Warenhäuser, welche die Horten AG abgestoßen hatte, aufkaufte. Im Jahr 2001 war die Kaufring AG wirtschaftlich angeschlagen. Die Häuser wurden geschlossen, um eine Insolvenz zu verhindern.
Ein typisches Merkmal vieler Horten-Kaufhäuser war die von dem Architekten Egon Eiermann (1904-1970) entworfene Verkleidung mit Aluminiumwaben, auch bekannt als „Hortenkacheln". Die Fassade in Gevelsberg ist der einzige Neubau dieser Zeit mit abweichender Fassade, nämlich mit deutlich länglicheren Waben.
Autor:Lokalkompass Schwelm aus Schwelm |
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