Markus Behr stellt am 18. März seinen Roman "Vaterschaftstest" im Kettwiger Ratssaal vor
Jungfrau mit Zwillingen?
Ist diese Geschichte nun komisch oder eher tragisch? Bevor man sich über dieser Frage den Kopf zerbricht, erst mal zu Ende lesen. Das passiert ziemlich flott, denn mit "Vaterschaftstest" ist Markus Behr ein Roman gelungen, der sich in einem Rutsch wegliest. Ein echter Pageturner.
Es ist aber auch wirklich zu drollig, respektive traurig, wie der Autor seinen Protagonisten Fabian von einer seelischen Notlage in die nächste schickt. Und dann soll ausgerechnet er vor 16 Jahren Zwillinge gezeugt haben?
Dann tauchen diese Mädchen auf ...
Dieser Fabian hat nichts mit seinem Namensvetter aus Kästners Roman zu tun. Trotz seiner gut 35 Lenze, kommt er sich bei Gesprächen über Liebesdinge wie ein Hochstapler vor. Erotisch ungelenk und (wie er glaubt) auch völlig unerfahren, will er wenigstens einige seiner Hemmungen hinter sich lassen.
Seine Therapeutin deckt ihn mit Hausaufgaben ein. Pflichtbewusst und redlich wie er nun mal ist, fertigt er Listen und Berichte, scheidet angenehme von unangenehmen Tätigkeiten, meldet sich sogar zum Körperkontakt mit Fremden auf einer Kuschelparty an. Und dann tauchen diese Mädchen auf, die ihm einreden wollen, dass er keine Jungfrau ist, sondern sich an die einzige Liebesnacht seines Lebens nicht erinnern kann! Ist da Fremdscham nicht unvermeidlich? Warum also sollte man so etwas lesen wollen?
Im Gespräch mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Bozena Anna Badura, die Behr anlässlich einer Lesung in Café Livres interviewte, gab er in aller Bescheidenheit Auskunft. "Ich habe mich lange mit Bewertungsangst und Unsicherheit auseinandergesetzt."
Der Roman "Eleanor Rigby" des kanadischen Schriftstellers Douglas Coupland diente als Inspirationsquelle und wohl auch Maßstab. Behr hat die Latte nicht gerissen.
... aber Fabian kann sich nicht erinnern
Er erzeugt ambivalente Situationen, lässt sein literarisches Personal aber nicht in Teufelskreisen umherirren. Er zeigt komische Situationen, ohne sich lustig zu machen, wenn er Unzulänglichkeiten schildert, wird er nie gönnerhaft. Das zeugt von erzählerischer Könnerschaft, freilich einer hart erarbeiteten. Die Anstrengung tritt im lässigen Rhythmus dieser Erzählung aber nie zutage. Wie hat er das geschafft? "50 Prozent Perfektion, 50 Prozent Prokrastination", so die Behr'sche Erfolgsformel.
Ein Autor, der vorlesen kann
Autorenlesungen sind ja schon lange nicht mehr das, was Loriot uns in "Pappa ante Portas" weismachen wollte. Behr stellt den größtmöglichen Kontrast zum verdrucksten, mit Lederjacke und Zähnen knirschenden Lothar Frohlein, pardon Frohwein, dar. Dank Bühnenerfahrung aus gut drei Jahrzehnten (im Ensemble und als Solist) spielt der Lehrer für Deutsch und Englisch seine Prosa vor den Ohren des Publikums durch, bildet den schluffigen Alltagstypen ebenso überzeugend und unpeinlich ab, wie zwei altkluge Sechzehnjährige. Für den Zuhörer ist das sehr vergnüglich, nicht nur bei einem Wortwechsel wie diesem: "Ich war nicht so wild." - "Aber betrunken waren sie!" Wie sollen da Vaterfreuden bei Fabian aufkommen?
Behr hat einen amüsanten aber niemals trivialen Roman geschrieben. Weil der Autor seine Figuren ohne Zynismus, seinen Protagonisten als zwar unreifen aber grundehrlichen und sympathischen Antihelden zeichnet, ist ihm ein ausgezeichneter gelungen.
Info
- Die Lesung beginnt am 18. März um 19.30 Uhr im Ratssaal am Bürgermeister-Fiedler-Platz.
- Veranstaltet wird sie vom Förderkreis Kettwiger Stadtteilbücherei in Zusammenarbeit mit der Bibliothek und Buch Decker.
- Eintritt: 5 Euro.
- Karten können unter Tel. 020254/935077 reserviert werden (Zahlung an der Abendkasse).
Autor:Lokalkompass Essen-Kettwig aus Essen-Kettwig |
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