Stadt-Anzeiger und AOK
Telefon-Aktion mit Expertinnen: "Auch mal eine Auszeit von der Pflege nehmen"
Drei Expertinnen, drei Telefone und viele Fragen: Bei der Aktion des Stadt-Anzeigers zum Thema Pflege standen die Telefone nicht still. Zahlreiche Leser nutzten die Gelegenheit, sich von AOK-Pflegeberaterin Christina Stutzke, MDK-Pflegefachkraft Ute Schrage und Pflegeberaterin Ute Turzinski von der "compass private pflegeberatung" beraten zu lassen.
Deutschland altert und die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und steigt. Ende 2017 hatten bereits 3,4 Millionen Menschen einen Pflegegrad (Statistisches Bundesamt). Knapp 20 Prozent mehr als noch 2015. Und aufgrund des demografischen Wandels werden die Zahlen weiter steigen. Rund 75 Prozent der Betroffenen werden so lange es geht im eigenen Zuhause versorgt – entweder durch die Familie oder einen professionellen ambulanten Pflegedienst. Den Angehörigen stellen sich in dieser neuen Situation viele Fragen. Die wesentlichen Antworten der Aktion haben wir zusammengefasst:
1. Wie läuft eine Pflegebegutachtung ab? Die Gutachterinnen und Gutachter des MDK sind speziell ausgebildete Pflegefachkräfte oder Ärztinnen und Ärzte. Sie kommen zum Versicherten nach Hause, um einen Eindruck von der Pflegesituation zu gewinnen. Die Pflegebegutachtung kann rund eine Stunde dauern und auch in einem Alten- oder Pflegeheim stattfinden.
2. Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um einen Pflegegrad zu erhalten?
Es gibt fünf Pflegegrade, die eine genauere Einschätzung des Pflegeaufwandes ermöglichen sollen. Der Pflegegrad hängt davon ab, was die oder der Betroffene noch selbst kann - unabhängig davon, ob jemand an geistigen und/oder körperlichen Einschrän-kungen leidet. Maßstab für die Beurteilung ist der Grad der Selbständigkeit: fällt beispielsweise die Körperpflege schon schwer oder kann sie noch selbständig durchgeführt werden.
3. Ich bin pflegender Angehöriger und würde gerne mal in den Urlaub fahren. Gibt es eine Unterstützung für mich?
Um selbst gesund zu bleiben, sind auch Auszeiten von der Pflege sehr wichtig. Für die Organisation dieser Auszeiten gibt es Zuschüsse von der Pflegeversicherung. Im Rahmen der sogenannten Verhinderungspflege übernimmt die Pflegeversicherung zumindest einen Teil der Kosten. Wer seit mindestens einem halben Jahr seinen pflegebedürftigen Angehörigen – der im Pflegerad 2 oder höher eingestuft ist – pflegt, kann urlaubs- oder krankheitsbedingt die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Pro Jahr steht ein Betrag von 1612 Euro zur Verfügung.
4. Habe ich mit dem Pflegegrad 1 auch Anspruch auf den Entlastungsbetrag?
Ja, auch mit Pflegegrad 1 haben Sie Anspruch auf den zusätzlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro im Monat. Dieser sachbezogene Betrag wird aber nicht wie etwa das Pflegegeld direkt aufs Konto des Pflegebedürftigen gezahlt. In der Höhe von 125 Euro monatlich können Leistungen mit einem anerkannten Dienst oder einer anerkannten Person, die diese Leistungen erbringen darf, verrechnet werden. Dabei kann es sich beispielsweise um die Begleitung zum Arzt, bei einem Spaziergang, um Vorlesen oder Hilfe im Haushalt handeln. Eine Liste mit Anbietern in Wohnortnähe, die dazu berechtigt sind, kann man bei seiner Pflegekasse anfordern.
5. Aufgrund der Pflegesituation muss meine Wohnung umgebaut werden. Kann der Umbau bezuschusst werden?
Ja, die gesetzlichen Pflegekassen zahlen einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro je Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes. Voraussetzung ist, dass durch die Wohnraumanpassung die Pflege zu Hause ermöglicht oder erheblich erleichtert wird. Der Antrag ist unbedingt vor Beginn der Umbaumaßnahmen zu stellen.
6. Wenn mein Angehöriger Pflege benötigt, kann ich mich dafür von der Arbeit freistellen lassen? Auch wenn der Pflegefall plötzlich eintritt?
Wird ein Angehöriger plötzlich pflegebedürftig, können sich Beschäftigte bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit freistellen lassen – auch wenn noch keine Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt ist, aber ein Antrag zur Einstufung bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen gestellt wurde. Für diese Zeit können sie Pflegeunterstützungsgeld in Höhe von ca. 90 Prozent des Nettogehalts als Lohnersatzleistung beziehen. Der Arbeitgeber muss über die voraussichtliche Dauer der Freistellung informiert werden, seine Zustimmung ist nicht notwendig. Weitere Fragen beantworten die Pflegekassen.
7. Meine Mutter hat noch keinen Pflegegrad, benötigt aber immer mehr Hilfe. Wir bräuchten eine Beratung, ob und welche Leistungen der Pflegeversicherung wir nutzen können. Kann die Beratung auch zu Hause erfolgen?
Ja, das ist möglich. Die Pflegeberatung findet in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung statt – auf Wunsch auch in der Wohnung des Pflegebedürftigen. Zuständig ist die Pflegekasse der Mutter, bei privat Versicherten die bundesweite „compass private pflegeberatung“. In Dortmund stehen zudem auch die Pflegestützpunkte für Informationen zur Verfügung.
Infos rund um das Thema Pflege gibt es unter www.aok.de/nw, www.mdk-westfalen-lippe.de und www.compass-pflegeberatung.de.
Mehr Ratgeberbeiträge auch auf unserer Themenseite: Gesundheit in Dortmund
Autor:Holger Schmälzger aus Dortmund-Süd |
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