Satelliten Navigation – Quo vadis?
GPS, Galileo und OneWeb im Vergleich

Foto: Dariusz Sankowski (Pixabay)

Musste man früher noch ein umfangreiches und sperriges Kartenmaterial mit sich führen, hilft heute eine nette Stimme im Auto oder Smartphone dabei, den schnellsten Weg zum Wunschziel zu finden. Grundlage dieser Technik sind globale Navigationssatellitensysteme, von denen das US-amerikanische GPS aktuell noch die unangefochtene Marktführung innehat. Nach vielen Verzögerungen soll sich das europäische Galileo-System ab diesem Jahr mit genaueren Positionsbestimmung als ernst zu nehmende Alternative positionieren, aber auch Großbritannien will, bedingt durch den Brexit, ein unabhängiges Navigationssystem etablieren.

Der Platzhirsch: GPS
Das Global Positioning System (GPS, zu Deutsch Globales Positionsbestimmungssystem) wurde in den 1970er-Jahren vom US-Verteidigungsministerium entwickelt und löste in der Mitte der 1980er Jahre diverse militärische Vorgängersysteme ab. Die volle und weltweite Funktionsfähigkeit wurde in der Mitte der 1990er Jahre erreicht. Der große Vorteil war dabei, dass GPS-Geräte nur Signale empfangen und nicht senden. So können beispielsweise Schiffe und Flugzeuge navigieren, ohne
dass Dritte Informationen über den jeweiligen Standort erhalten.

Seinen Siegeszug in der zivilen Anwendung starte GPS ab Mai 2000, denn dort deaktivierte das amerikanische Militär die künstliche Signalverschlechterung (selective availability). Dies wurde ursprünglich eingeführt, um potenzielle militärische Gegner, als nichtautorisierte Benutzer ohne passende Schlüsselcodes, von einer genauen Positionsermittlung auszuschließen. Ausgestrahlt wird in zwei Dienstklassen, einmal das Standard Positioning Service (SPS), welches für jedermann verfügbar ist und aktuell eine technisch mögliche Genauigkeit (engl. accuracy) von bis zu 7,8 m garantieren soll. Zu diesem Wert kann es natürlich noch zu Abweichungen durch atmosphärische Störungen oder gerätebedingte Ungenauigkeiten kommen. Der Precise Positioning Service (PPS) ist der ausschließlichen militärischen Nutzung vorbehalten und bietet eine höhere Genauigkeit in der Ortung bis auf wenige Meter. Diese Signale werden jedoch ausschließlich verschlüsselt ausgestrahlt. GPS hat sich als das weltweit wichtigste Ortungsverfahren etabliert und besteht aktuell aus 31 Satelliten. Neben der Navigation in Schiffen, Fahrzeugen und Flugzeugen finden sich GPS-Empfänger inzwischen in Smartphones, Digitalkameras, Sport-Zubehör oder als Diebstahlsicherung in Verbindung mit Sendern in Autos, E-Scootern und E-Bikes.

Europäische Alternative: Galileo
Bei der GPS-Nutzung war über viele Jahre, die Sorge stets allgegenwärtig, dass die US-amerikanischen Militärs im Kriegs- oder Krisenfall die zivile Nutzung zum Schutz ihrer Truppen reduzieren oder abschalten können. Auch der damalige Präsident George W. Bush lies im Jahr 2004 Pläne für temporäre Abschaltungen entwickeln. Auch wenn die US-Regierung inzwischen Garantien aussprach und die uneingeschränkte zivile Nutzung versprach, wurde die Abhängigkeit von den USA in der Satelliten-Navigation deutlich, was die EU veranlasste über eine eigene Entwicklung in diesem Bereich nachzudenken.

Bei Galileo handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Europäischer Union (EU) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), an dem aber auch Staaten wie China, Israel, Saudi-Arabien und Südkorea beteiligt sind. Im Gegensatz zum GPS ist Galileo von Anfang an als ziviles System konzipiert, welches jedoch auch militärisch nutzbar sein soll.

Eines der Hauptargumente stellt dabei die Genauigkeit von bis zu 20cm dar welche alle Mitbewerber wie GPS, das russische GLONASS sowie das noch im Aufbau befindliche chinesische Beidou übertrifft. Die Planungsphase wurde mit dem Start und der Inbetriebnahme zweier Testsatelliten und der zugehörigen Bodenstationen im Januar 2006 abgeschlossen. Der Pilotbetrieb starte im Dezember 2016 mit insgesamt 18 Satelliten. Neben regelmäßigen zeitlichen Verzögerungen machte das System im Juli 2019 mit einem einwöchigen Totalausfall negative Schlagzeilen. Ursache war ein technischer Defekt im italienischen Kontrollzentrum. Die finale Fertigstellung des Galileo-Systems mit bis zu 30 Satelliten ist noch für dieses Jahr geplant. Jeder Satellit wird dabei nach einem Kind benannt, das den Galileo Malwettbewerb der Europäischen Kommission gewann, wobei aus jedem Mitgliedsland ein Gewinner ermittelt wurde. Der 2014 gestartete „deutsche“ Himmelskörper trägt dabei den Namen Doresa. Viele Empfangsgeräte, die heute neu auf den Markt kommen eigenen sich sowohl für GPS als auch schon für seinen europäischen Mitbewerber.

Britischer Alleingang: OneWeb
Hatte Großbritannien bislang schon über eine Milliarde Pfund in das Galileo Programm der ESA investiert, brachte die Brexit-Entscheidung diese Partnerschaft zu einem zwischenzeitlichen Ende. Hintergrund der Auseinandersetzung ist der sogenannten Public Regulated Service (PRS) von Galileo, über den speziell geschützte, verschlüsselte Navigationsdienste auch für militärische Zwecke genutzt werden können. Großbritannien soll, wie anderen Drittstaaten auch, nur noch eine Nutzung für rein zivile Anwendungen gestattet werden.

Erklärte die britische Regierung im Jahr 2019 zunächst noch, eine militärisch und kommerziell nutzbare Alternative gemeinsam mit den USA entwickeln zu wollen, so investierte die Administration unter Premierminister Boris Johnson Ende 2020 rund 550 Millionen Euro um 20% des im Rahmen der Coronakrise in die Insolvenz geratenen Unternehmens OneWeb zu übernehmen. Ziel des Start-Ups war es eigentlich, in den nächsten Jahren den Aufbau eines Satelliten-Netzes, mit dem weltweit Internet-Zugänge nach dem Vorbild von Starlink (SpaceX) bereitgestellt werden können, voranzutreiben. Laut Aussagen von Regierungsverantwortlichen ist man der Auffassung, die Systeme mit geringen Anpassungen auch dazu zu bringen, Daten für die präzise Standorterkennung zu liefern. Experten äußern hingegen große Zweifel daran, ob es möglich wäre die in geringer Umlaufbahn positionierten Satelliten als Navigations-Systeme umrüsten zu können und bezeichnen die Pläne als „technologisches und wirtschaftliches Glücksspiel“. Ob dieses Investment nun der
Beginn einer eigenen britischen Weltraumstrategie, oder nur ein Verhandlungstrumpf für weitere Gespräche mit der EU-Spitze in Brüssel sein soll werden die nächsten Monate zeigen.

Kleiner Exkurs: Wie funktioniert Satelliten-Navigation?
In der Regel sind Satelliten, die mit codierten Radiosignalen ständig ihre aktuelle Position und die genaue Uhrzeit ausstrahlen, das Herzstück eines jeden globalen Navigationssatellitensystems (GNSS). Aus den Signallaufzeiten können Empfänger ihre eigene Position und Geschwindigkeit berechnen. Theoretisch reichen dazu die Signale von drei Satelliten aus, da daraus die genaue Position und Höhe bestimmt werden kann. In der Praxis haben GPS-Empfänger keine ausreichend genaue Uhr, um die Laufzeiten korrekt zu messen. Deshalb wird das Signal eines vierten Satelliten benötigt, mit dem die genaue Zeit im Empfänger bestimmt werden kann. Zusätzlich zur Position lässt sich durch Signalmessungen auch die Geschwindigkeit des jeweiligen Empfängers bestimmen.

Autor:

Sebastian Everding aus Dortmund-Süd

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