"Gesunde Beine": Telefone standen nicht still bei Aktion von Stadt-Anzeiger und AOK
Rund 70 Anrufer hatten verschiedene Fragen gesammelt zum Thema Venenleiden. Deshalb hatten die drei Experten bei der Telefon-Aktion "Gesunde Beine" auch viel zu tun. Was natürlich auch Sinn der Aktion war.
Der Dortmunder Stadt-Anzeiger und die AOK hatten aufgerufen, sich mit Fragen zum Thema Venenleiden zu melden. Und die Telefone standen am Donnerstagnachmittag nicht still. Michael Wolters (AOK-Experte ambulante Versorgung), Martina Ries (AOK-Sportwissenschaftlerin) und Prof. Dr. Markus Stücker (Leitender Arzt am Venenzentrum Bochum) nahmen sich Zeit, berieten bei akuten Leiden oder auch bei Fragen zur Vorbeugung.
Denn auch Letztere war bei der Telefon-Aktion besonders gefragt. Zum Thema Prävention und welche Sportart die richtige ist, rät Professor Stücker: "Kein Sport ist falsch, wenn man ihn den macht und vor allem regelmäßig betreibt."
Das Altersspektrum der Anrufer reichte dabei vom 19-Jährigen bis zur 90-Jährigen. Rund zwei Drittel der Fragenden waren Frauen. Wir haben hier wichtige Fragen und Antworten zusammengefasst.
Welchen Arzt sollte man aufsuchen, wenn man den Verdacht hat, es könnte ein Venenleiden vorliegen?
Venenleiden werden heute von verschiedenen Fachdisziplinen behandelt: Gefäßchirurgen, Dermatologen, Angiologen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Phlebologie. Der Venerologe beschäftigt sich nicht mit Venenleiden. Venerologie kommt von Venus, der Göttin der Liebe. Der Venerologe ist dementsprechend der Arzt, der sich um Geschlechtskrankheiten kümmert. Die erste medizinische Abschätzung, ob ein behandlungsbedürftiges Venenleiden vorliegt, nehmen Hausärzte vor. Sollte es erforderlich sein, überweisen sie an die Fachärzte.
Ich leide seit Jahren unter Krampfadern. Wann müssen diese behandelt werden?
Krampfadern müssen behandelt werden bei Komplikationen wie Thrombosen, Hautverfärbungen, Hautentzündungen oder Schmerzen. Schwellneigungen, die bei einseitigem Krampfaderbefall auch nur an dem Krampfaderbein auftreten, sind ein sehr guter Hinweis dafür, dass eine Venenabflussstörung durch die Krampfadern ausgelöst worden ist und daher eine Behandlung erfolgen sollte. Auch sehr dicke Krampfadern sollten behandelt werden.
Welche Behandlungsmethoden stehen bei Krampfadern stehen zur Verfügung?
Krampfadern können auf unterschiedliche Art und Weise behandelt werden. Die operative Behandlung – egal ob mit oder ohne Entfernung der Vene – kann in der Regel ambulant erfolgen. Nur bei erhöhten Risikofaktoren erfolgt der Eingriff stationär. Beim sogenannten „Stripping“, das immer noch als erstes Mittel der Wahl gilt, wird die betroffene Vene vollständig entfernt. Bei der Verödung wird ein Medikament in die Venen gespritzt, das zu einer Reizung und zum Verkleben der Venenwände führt. Das Medikament wird innerhalb von Minuten inaktiviert und aus dem Körper ausgeschieden. Körpereigene Abbauprozesse bauen dann die Krampfader ab und der venöse Blutfluss normalisiert sich. Beide Behandlungsmethoden werden in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.
Kompressionsstrümpfe sind doch aber weder schön noch leicht anzuziehen?
Es gibt sehr viele unterschiedliche Modelle. Viele sehen heute gar nicht mehr wie „Medizinprodukte“ aus. Anziehen lassen sich die Strümpfe unterschiedlich, je nach Druck und Gewebe. Und dann gibt es noch sehr gute Anziehhilfen. Damit kann man sich selbst die Strümpfe leicht anlegen oder jemandem anderes dabei helfen.
Ich habe einige Besenreiser. Ist das nur eine kosmetische Störung oder kann mehr dahinter stecken?
Besenreiser sind meist kosmetische Störungen, aber sie können durch eine Krampfader bedingt sein. Daher ist es wichtig, vor der Behandlung der Besenreiser die Stammvenen zu untersuchen.
Welche Übungen können bei einem Langstreckenflug verhindern, dass es zu einer Thrombose kommt?
Wichtiges Prinzip bei den Übungen ist, dass die Wadenmuskulatur angespannt und entspannt wird. Dies gelingt durch Heben und Senken des gesamten Fußes und kreisender Bewegungen der Füße. Alleinige Zehenbewegungen sind nicht so wirkungsvoll.
Welchen Einfluss haben hohe Schuhe auf die Venenfunktion?
Untersuchungen zeigen, dass die Muskelpumpenfunktion bei High Heels weitgehend ausgeschaltet ist. Der venöse Rückstrom ist dann sehr stark eingeschränkt, obwohl die Vene zunächst einmal nicht geschädigt ist. Es kommt dann zu einem vermehrten Stau mit den möglichen Folgen eines Venenleidens. Werden High Heels ausgiebig getragen, kann es zu bleibenden Verkürzungen der Wadenmuskulatur und zu Verformungen des Fußskeletts kommen, so dass schließlich auch in normalen Schuhen die Wadenmuskelpumpe nicht mehr normal arbeiten kann. Flache Absätze können also die Muskelpumpe und damit den Venenabfluss unterstützen.
Welche Vorteile hat die Sportart „Nordic Walking“?
Nordic Walking ist in der Lage den gesamten Körper zu mobilisieren, da es unter dem Einsatz besonderer Stöcke auch zu Bewegungen der Arme und damit des Brustkorbs kommt. Dadurch kommt es zu einem Massageeffekt nicht nur im Bereich des Venensystems, sondern auch des Lymphsystems.
Was muss ich beim Schwimmen und bei der Wassergymnastik/Aquajogging beachten?
Grundsätzlich haben das Schwimmen und die Wassergymnastik/Aquajogging den Vorteil, dass durch den erhöhten Druck des Wassers, der venöse Rückstrom zum Herzen unterstützt wird. Hinzu kommt, dass es durch die höhere Dichte des Wassers auch wieder zum positiven Effekt der Massagewirkung des Gefäßsystems kommt und zu einem gezielten Muskelaufbautraining durch den erhöhten Widerstand des Wassers. Drei Dinge sollten unbedingt beachtet werden. Das Wasser darf nicht zu warm sein (bis max. 30 Grad), Sie sollten dauerhaft Schwimm- oder Laufbewegungen mit den Beinen machen und nicht mit Wunden ins Wasser gehen!
Gibt es Sportarten, die bei Venenleiden nicht geeignet sind?
Häufig werden Sportarten mit besonderer Kraftanstrengung wie Gewichtheben und abrupte Sportarten wie Boxen und Squash für ungünstig gehalten, da hierdurch der Druck im Bauchraum erhöht wird. Es gibt jedoch keine Untersuchungen, die dies bestätigen. Daher gilt: Die beste Sportart ist die, die regelmäßig durchgeführt wird.
Was muss man beim Leistungssport beachten?
Pauschal ausschließen sollte man das Betreiben von Leistungssport nicht. Es muss jedem bewusst sein, dass bei intensiven sportlichen Belastungen die lymphpflichtige Last erheblich ansteigt, was zu einem Rückstau im venösen System führen kann. Aber man muss zwischen den einzelnen Sportarten unterscheiden. Besteht eine Venenproblematik muss diese regelmäßig von den Fachärzten kontrolliert werden. Auch die behandelnden Physiotherapeuten müssen Warnzeichen erkennen können. Das Tragen von speziellen Kompressionsstrümpfen kann das venöse System bei sportlichen Aktivitäten unterstützen.
Autor:Holger Schmälzger aus Dortmund-Süd |
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