Drachenbootfahren gegen Brustkrebs

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Wer selbst nicht betroffen ist, kann sich nur schwer vorstellen, wie es ist, nach einer Brustkrebsdiagnose und Amputation wieder Fuß zu fassen - körperlich und auch mental. Vor 20 Jahren startete ein Mediziner der University of British Columbia in Vancouver ein Projekt, um Frauen mit Brustkrebs Mut und Hoffnung zu geben. Der Mediziner war sicher, dass auch Frauen, die eine Brust-OP hinter sich hatten, durch langsames und gezieltes Training wieder sportlich tätig sein konnten. Die Zielsportart: Drachenbootfahren.

In einem Drachenboot sitzen 20 Personen, die paddeln; außerdem gehört noch eine steuernde und eine Takt angebende bzw. trommelnde Person dazu. Jeweils 2 Paddler sitzen neben einander, 10 Reihen weit. Gepaddelt wird immer nur zu einer Seite - ein Vorteil, wenn eine Körperhälfte durch die Brust-OP gehandicapt sein sollte. Mit freiwilligen Teilnehmern am Projekt - alles Frauen, die von Brustkrebs betroffen waren, arbeitete der Mediziner ein Programm aus, wie zirka 3 Monate nach der OP langsam wieder mit einem leichten Training angefangen werden konnte, bevor der eigentliche Einstieg ins Boot erfolgte. Das Resultat: alle Damen waren körperlich stabilisiert und ganz wild darauf zu zeigen, dass auch jemand mit nur einer Brust etwas erreichen kann - erster in seiner Bahn zu sein.

"First in our lane" ist das Motto der Vancouver Drachenbootmannschaft "ABreastinaBoat", die aus diesem Projekt hervorging. Mittlerweile ist das Team auf mehrere Bootsbesatzungen angewachsen. Es wird nicht nur einmal pro Woche trainiert, sondern man nimmt auch an Rennen teil.

Mein Kontakt zu ABreastinaBoat, Chris, führte mich bei einem Rennen auf dem FalseCreek in Vancouver während eines meiner Aufenthalte in British Columbia in das Team ein und eigentlich wollte ich an einem Probetraining teilnehmen. Das Problem - zum verabredeten Termin gab es keinen freien Platz im Boot. Ein Hinweis darauf, wie ernst das Training von diesen Frauen genommen wird. Während in anderen Teams schon mal jemand vom Training fern bleibt, weil etwas anderes wichtiger erscheint, sind die ABreastinaBoat-Damen immer alle beim Training vollzählig anwesend.

Das Training und die Rennen sind ihr Anker - das Drachenboot war und ist ihr Rettungsboot. Hier werden sie aufgefangen, wenn es ihnen mal schlecht geht; hier treffen sie auf Gleichgesinnte und gleichermaßen Betroffene, denn nur wer selbst betroffen ist, kann nachvollziehen, was diese Frauen durchgemacht haben. Sie mussten es sich selbst und anderen beweisen, dass sie noch etwas wert sind und dass man noch auf sie zählen kann. Und sie beweisen es jedes Mal erneut, wenn sie wieder ins Boot steigen.

Aber auch an Land helfen sich die Teammitglieder. Es spricht sich schnell herum, wenn jemand einen Rückfall hat, erneut ins Krankenhaus muss oder sonst ein Notfall anliegt. Die Teamkameradinnen springen dann ein, organisieren Hilfe, spenden Trost oder hören einfach nur zu, wenn ein Zuhörer gebraucht wird. Sie feiern zusammen ihre Siege und stehen gemeinsam Niederlagen durch. Nicht jedes Mal kommt ihre Mannschaft nach einem Rennen aufs Siegertreppchen, aber jede Frau des Teams weiß, dass sie am Ende des Tages gewonnen hat - sie haben einen neuen Tag gewonnen und Depressionen, Angst und Selbstzweifel besiegt, denn: sie waren die ersten in ihrer Bahn.

Autor:

Susanne Schwager aus Dortmund-Süd

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