Merkels bittere Medizin bewirkt keine Heilung der Euro-Krise - Merkel führt die europäische Karawane mit ihrer Kürzungspolitik weiter in die Wüste
Auf den ersten Blick scheint sich die Eurokrise abzuschwächen. Aber leider nur auf den ersten Blick. Das Handelsblatt meldet aktuell: "Die Konjunkturerholung in der Euro-Zone hat im Oktober überraschend an Fahrt verloren. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft fiel um 0,7 auf 51,5 Punkte, teilte das Markit-Institut am Donnerstag zu seiner Umfrage unter gut 4.000 Unternehmen aus Industrie und Dienstleistungssektor mit." Dabei waren die Nachrichten der letzten Tage vordergründig gar nicht so schlecht.
Ist die Eurokrise womöglich bereits vorbei? Dafür könnte es zwei Anzeichen geben. Erstens beendete die Eurozone im zweiten Quartal diesen Jahres offiziell die Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs seit mehr als einem Jahr wieder und legte um 0,3 Prozent zu. Selbst Krisenländer wie Italien, Spanien, Portugal und Irland sollen 2014 laut Herbstgutachten der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute wieder in die Wachstumszone kommen - wenn auch nur mit kleinem Plus. Zweitens entwickeln sich die Leistungsbilanzen, also im wesentlichen die Differenz zwischen Ex- und Importen, in den Krisenländern positiv. Die EU-Kommission schätzt, dass Griechenland sein Leistungsbilanzdefizit in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr halbiert. Portugal, Spanien und Italien sollen ihr Defizit sogar in Überschüsse gedreht haben.
Prognostiziertes Miniwachstum für 2014 steht auf tönernen Füßen
Das Ende der Krise ist aber eine Fata Morgana. Merkel führt die europäische Karawane mit ihrer Kürzungspolitik weiter in die Wüste. Denn trotz einem Plus im zweiten Quartal wird die Wirtschaft in der Eurozone auf das gesamte Jahr gesehen weiter schrumpfen. Und das prognostizierte Miniwachstum für 2014 steht auf tönernen Füßen. Die Binnenwirtschaft als Wachstumsmotor fällt durch die von Merkel aufgezwungenen Kürzungen weiter aus. Die möglicherweise zarte konjunkturelle Erholung ist damit stark von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig. Das birgt erhebliche Risiken. Die USA sind vorerst an einer Staatspleite vorbeigeschrammt. Die Gefahr ist aber nicht dauerhaft gebannt. Und in den wichtigen Schwellenländern China und Indien besteht eine Tendenz abnehmender Wachstumsraten.
Aber selbst wenn die Mini-Prognosen für nächstes Jahr einträfen, kann ein niedriges Wachstum in den europäischen Krisenländern nicht für mehr Beschäftigung sorgen. Um mehr Beschäftigung zu schaffen müsste die Wirtschaftsleistung stärker wachsen als die Produktivität. Und das ist nicht der Fall.
Jugendarbeitslosigkeit weiter bei über 60 Prozent
Für Millionen Menschen in der Eurozone ist das eine Katastrophe, denn die Massenarbeitslosigkeit, die heute bei 12 Prozent liegt, kann nicht abgebaut werden. Eine die Gesellschaft zerstörende Arbeitslosenquoten unter Jugendlichen von rund 60 Prozent in Spanien und Griechenland bleiben bestehen. Es gibt Befürchtungen, dass die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr sogar noch weiter ansteigen.
Zudem sind die verbesserten Leistungsbilanzen darauf zurückzuführen, dass die Importe sanken, weil die Menschen durch die Sozial-, Renten- und Lohnkürzungen erheblich weniger Geld zur Verfügung haben. Die Exporte wurden durch die niedrigeren Löhne dagegen gestärkt. Die Verbesserung der Leistungsbilanz in den Krisenländern ist eher Symptom für eine weiter Verschlechterung der Lebenslage der Menschen und ein Andauern der Krise als für deren Lösung.
Spanien: keine bedeutenden Effekte trotz brutaler Kürzungspolitik
Allein über einen verbesserten Außenhandel wird ein solides Wirtschaftswachstum in den Krisenländern ohnehin nicht zu erreichen sein. Das zeigt dessen geringe Bedeutung für die Wirtschaftsleistung. Beispiel Spanien: Obwohl das Land mit einer brutalen Kürzungspolitik sein lange Zeit negativen Außenbeitrag in diesem Jahr wahrscheinlich auf einen Überschuss von gut 30 Milliarden Euro trimmen konnte, wird dies lediglich rund drei Prozent der gesamten spanischen Wirtschaftsleistung ausmachen. Ein dauerhaftes Miniwachstum in den Krisenländern macht außerdem ein Herauswachsen aus den Staatsschulden unmöglich.
"Merkel führt Europa nicht aus der Krise, sondern in eine Krise ohne Ende. Deshalb müssen vor allem die den Euroländern aufgezwungenen Kürzungen gestoppt werden. Um den Krisenländern wieder auf die Beine zu helfen benötigen wir ein europäisches Investitionsprogramm in Höhe von mindestens 600 Milliarden Euro.", so Michael Schlecht, Chef-Volkswirt der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag.
Tiefer gehende Informationen bezüglich des Themas finden Sie in einer auf Lokalkompass dokumentierten, definitiv lesenswerten Rede des ehemaligen Bundesfinanzministers Oskar Lafontaine, welche er auf einem Investmentkongress als aktuelle Analyse des modernen Kapitalismus gehalten hatte:
http://www.lokalkompass.de/dortmund-sued/politik/entfesselte-finanzmaerkte-analyse-des-modernen-kapitalismus-von-oskar-lafontaine-d351340.html
Autor:Carsten Klink aus Dortmund-Ost |
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