Creditreform: Jeder zehnte Deutsche überschuldet - Dortmund zweihöchste Schuldnerquote bundesweit - 0 Prozent Finanzierungen sind teuer - David Graeber: Schuldenökonomie

Foto: http://www.creditreform.de
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Die Hauptursachen für das wirtschaftliche Aus von Verbrauchern sind immer noch in der Arbeitslosigkeit, der familiären Situation, Krankheit, Konsum und in gescheiterter Selbstständigkeit zu finden. Deutliche Steigerungen bei der Miete und den Nebenkosten engen die finanziellen Spielräume der Bevölkerung zusätzlich weiter ein. Das durchschnittliche Schuldenvolumen in Deutschland beträgt 33.500 Euro (Vorjahr: 33.700 Euro).

Wirtschaftssystem und Schuldenökonomie

Letztlich basiert unser gesamtes Wirtschaftssystem auf einer Schuldenökonomie. Eine durchschnittliche Verschuldung von aktuell € 33.500 bedeutet, dass durchschnittlich jeder mit mehr als einem Jahresgehalt verschuldet ist. Es bedeutet, dass statistisch jeder mehr als ein ganzes Jahresgehalt bereits verfrühstückt hat, bevor er oder sie es erwirtschaftet hat. Dies ist aber ein fundamentaler Aspekt unseres Wirtschaftssystems. Rund zweidrittel, also ca. 66 Prozent, der Autos zum Beispiel, die auf unseren Straßen fahren, sind kreditfinanziert. Wer mit Bargeld zum Autohaus geht, wird inzwischen nicht selten gebeten, sein Geld wieder mitzunehmen und zu überweisen. Auf so viel Bargeld sind die Autohäuser gar nicht mehr eingestellt. Die Auswirkungen auf die verkauften Stückzahlen bei einer Verringerung der Kreditquote, kann man sich sicher vorstellen. Doch so kann es aber auch nicht weitergehen. Irgendwann platzt diese Schuldenblase.

EZB: Leitzinssenkung um 0,25 Prozent

Die aktuelle Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) wird dieses Dilemma noch verschärfen. Die Leitzinssenkung von 0,50 Prozent auf 0,25 Prozent ist auch ein starkes Indiz dafür, dass die Eurokrise noch lange nicht vorbei ist. Man versucht mit immer billigerem Geld, mit immer weniger Erfolg, immer weniger Wirtschaftswachstum zu produzieren.

0 Prozent-Finanzierungen sind teuer

Auch die sogenannten 0 Prozent-Finanzierungen leisten ihren Beitrag. Die scheinbar günstigen Finanzierungen sind in Wirklichkeit teuer oder können es werden. Testkäufe haben des Weiteren belegt, dass das so gekaufte Produkt nicht selten im selben Laden ohne Finanzierung günstiger wäre. Auch gibt es regelmäßig versteckte Kosten. So kommen manchmal zu den null Prozent Zinsen Bearbeitungsgebühren. Letztlich wird auch jede 0 Prozent-Finanzierung in der Schufa gewürdigt. Bei mehreren dieser Finanzierungen verschlechtert sich auch der Schufa-Scorewert, selbst wenn man immer brav seine Raten bezahlt. Braucht man dann aber ein höheres Darlehn z.b. für einen Autokauf oder eine Immobilienfinanzierung, kann diese durch Zinsaufschläge deutlich teurer werden, da das statistische Ausfallrisiko, welches die Schufa und die Banken kalkulieren, durch die 0 Prozent-Finanzierungen höher ist. Dann hatte man den Flachbildschirm für € 1.000 zu 0 Prozent und muss bei der € 200.000 Baufinanzierung deutlich mehr Zinsen zahlen.

Lebensstart mit Überschuldung

Aktuell ist die Zahl jugendlicher Schuldner unter 20 Jahren zwar von 216.000 Fällen (2012) auf 213.000 Fälle (2013) zurückgegangen, seit 2004 hat diese Altersgruppe jedoch mit einer Zunahme von 302 Prozent von 53.000 (2004) auf den aktuellen Wert von 213.000 am stärksten zugenommen. Eine markante Steigerung um 59,9 Prozent auf 1.581.000 Schuldner weist auch die nächste Altersgruppe der Twens zwischen 20 und 29 Jahren aus. Wenn auch auf deutlich geringerem Niveau absoluter Zahlen stimmt doch auch die Steigerung bei den über 70-jährigen Betroffenen von 42,3 Prozent auf 111.000 überschuldeter Privatpersonen von 2004 bis 2013 bedenklich.

Noch geht alles gut

Die Situation der Überschuldung hat sich 2013 in Deutschland gegenüber dem Vorjahr wenig verändert. Dies betrifft sowohl die Zahlen überschuldeter Bürger insgesamt als auch die Strukturen im Hinblick auf Regionen, das Alter und das Geschlecht. Es fragt sich, wie diese Stagnation auf hohem Niveau im Zeichen einer aktuellen zufriedenstellenden Konjunktur und eines vordergründig soliden Arbeitsmarktes zu bewerten ist. Sprich, was passiert, wenn die Euro- & Bankenkrise auch Deutschland erreichen wird?

David Graeber: Schulden-Die ersten 5000 Jahre

David Graeber hat in seinem äußerst lesenswerten Buch Schulden-Die ersten 5000 Jahre die Geschichte von Schulden und somit die Geschichte der Menschheit hervorragend erklärt.

Klappentext: Ein radikales Buch im doppelten Wortsinn, denn Graeber packt das Problem der Schulden an der Wurzel, indem er bis zu ihren Anfängen in der Geschichte zurückgeht. Das führt ihn mitten hinein in die Krisenherde unserer Zeit: Von der Antike bis in die Gegenwart sind revolutionäre Bewegungen immer in Schuldenkrisen entstanden. Graeber sprengt die moralischen Fesseln, die uns auf das Prinzip der Schulden verpflichten. Denn diese Moral ist eine Waffe in der Hand der Mächtigen. Die weltweite Schuldenwirtschaft ist eine Bankrotterklärung der Ökonomie. Der Autor enttarnt Geld- und Kredittheorien als Mythen, die die Ökonomisierung aller sozialen Beziehungen vorantreiben. Im Kern ist dieses Buch ein hohes Lied auf die Freiheit: Das sumerische Wort "amargi", das Synonym für Schuldenfreiheit, ist Graeber zufolge das erste Wort für Freiheit in menschlicher Sprache überhaupt. David Graeber ist einer der Begründer der Occupy-Bewegung.

Pressestimmen
"Graebers anthropologischer Blick auf die vergangenen 5000 Jahre offenbart hinter dem schlichten Begriff der "Schulden" eine überaus dramatische Sozial-, ja Menschheitsgeschichte. Ihr Ausgang steht noch längst nicht fest." Andreas Zielcke, Süddeutsche Zeitung, 12.05.2012

"Eine epochale Abrechnung mit dem Kapital." Christian Schlüter, Frankfurter Rundschau, 01.06.2012

" "Schulden" ist die sicherste Investition unter den neuen Krisenbüchern." Oskar Piegsa, Spiegel Online, 18.05.2012

"Wir stehen am Anfang eines "grausamen Endspiels" oder am "Anfang von etwas, das noch nicht bestimmt werden kann". Wie wir dahin kamen, darüber kann man in David Graebers furiosem und gelehrtem Buch Schulden viel lernen." Mathias Greffrath, Die Zeit, 2012

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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