Vor 115 Jahren wurde die Emschergenossenschaft gegründet - Ohne sie würde der Dortmunder Süden ganz anders aussehen

Sieht  (fast) idyllisch aus: Emscher zwischen Schüren und Hörde 1913. Am Horizont das Phoenix-Werk als einer der größten Schmutzwassereinleiter. | Foto: Archiv Emschergenossenschaft
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  • Sieht (fast) idyllisch aus: Emscher zwischen Schüren und Hörde 1913. Am Horizont das Phoenix-Werk als einer der größten Schmutzwassereinleiter.
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Vor 115 Jahren, am 14. Dezember 1899, wurde die Emschergenossenschaft gegründet. Die Geburtsstunde von Deutschlands erstem Wasserwirtschaftsverband war eine Zwangsentscheidung – aber eine, die das Überleben dieser Region gesichert hat! Um den Abwassermissstand in den Griff zu bekommen, baute die Emschergenossenschaft das Emscher-System von Grund auf um. Der Fluss Emscher und seine Nebenbäche haben die Region seitdem maßgeblich geprägt.

Über Jahrzehnte gehörten die zu offenen Schmutzwasserläufen umgestalteten Gewässer zum Städtebild dazu. Doch mittlerweile ist dieses Bild dabei, sich wieder zu verändern. Einmal mehr baut die Emschergenossenschaft das Emscher-System um: Doch dieses Mal wird das Abwasser unter die Erde ver-bannt, aus den „Köttelbecken“ werden wieder blaue Flüsse mit grünen Ufern.

Bevölkerung und Industrie sorgten für zu viel Abwasser

Der Zusammenschluss zur Emschergenossenschaft geschah auf Geheiß des Staates, nachdem die Versuche der jeweiligen Städte, das „Emscher-Problem“ in den Griff zu bekommen gescheitert waren. Dieses „Emscher-Problem“ sah wie folgt aus: Mit der Industrialisierung ließen sich zahlreiche Fabriken im Emschergebiet nieder.

Nicht nur diese Unternehmen produzierten reichlich Wasser, sondern auch die Haushalte der zahlenmäßig drastisch gestiegenen Bevölkerung in dieser Region. Während man anderswo in solch einem Fall Abwasserkanäle gebaut hätte, war dies Ende des 19. Jahrhunderts an der Emscher aufgrund des Kohleabbaus nicht möglich: Wegen der Bergsenkungen wären unterirdische Abwasserkanäle beschädigt worden.

Also wurde alles Schmutzwasser in die Emscher und ihre Nebenarme eingeleitet. Doch schon bald war dieses eigenwillige und durch ein ohnehin schwaches Gefälle gekennzeichnete Flusssystem völlig überfordert und uferte immer wieder aus. Ganze Stadtteile standen nahezu ständig unter Wasser, aufgrund der Fäkalien im Wasser breiteten sich auch Krankheiten wie Typhus und Cholera schnell aus. Lösungen mussten her.

Doch die Städte scheiterten, denn Wasser macht an Stadtgrenzen nun ein-mal nicht Halt. Um das Kirch-turmdenken in den Rathäusern zu überwinden, wurde Deutschlands erster Abwasserverband nach dem Prinzip der Genossenschaft gegründet: Jeder bringt etwas ein, damit alle davon profitieren.

In den ersten Jahren nach der Gründung galt es, die Abwassermassen in den Griff zu bekommen. Da der Bau unterirdischer Kanäle aufgrund des Bergbaus nicht möglich war, opferte man schließlich das Emscher-System und baute es zu einem Netz offener Schmutzwasserläufe um: Die Gewässer wurden in ein Korsett aus Beton eingezwängt. Deiche wurden errichtet und Pumpwerke wurden gebaut, um die durch den Bergbau verursachten Poldergebiete (abge-sackte Stadtteile) zu überwinden. Um das Überleben des Ruhrgebietes zu sichern, ließ die Emscher sprichwörtlich ihr Leben.

Emscher verschwand unter Hoesch

Im Stadtgebiet von Dortmund hatte der erste Emscher-Umbau ganz erhebliche Folgen. Während die Emscher in Hörde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem alten Hoesch-Werk verrohrt wurde (Hoesch-Kanal), wurden nun alle Emscher-Gewässer mit Betonsohlschalen ausgekleidet und damit zu „Köt-telbecken“ degradiert. Betroffen waren neben der Emscher selbst unter anderem auch der Rüpingsbach, der Oespeler Bach oder der Schmechtingsbach. Im Stadtteil Aplerbeck wurde die Emscher 1926 – wie 75 Jahre zuvor schon in Hörde – unter die Erde verbannt. Der Hörder Bach teilte dieses Schicksal seit 1920.

Emscher-Umbau seit 1992

Mittlerweile jedoch haben sich die Randbedingungen geändert. Seit der Nordwanderung des Bergbaus Ende der 1980er-Jahre sind auch keine Bergsenkungen mehr zu befürchten, so dass nun auch unterirdische Abwasserkanäle gebaut werden können. Seit 1992 plant und setzt die Em-schergenossenschaft den Emscher-Umbau um. Jedes Gewässer erhält ein unterirdisches Pendant, durch das die Abwässer zu den Kläranlagen abgeleitet werden. Die oberirdischen Bäche sind damit abwasserfrei und können anschließend naturnah umgebaut werden: Die Betonsohlschalen werden entfernt, die Böschungen weiter und vielseitiger gestaltet. Dort, wo der Platz es zulässt, erhalten die einst technisch begradigten Flüsse wieder einen kurvenreicheren Verlauf.

Und auch dieses Mal bringt der Emscher-Umbau Veränderungen für das Stadtbild von Dortmund mit sich. Bis Ende 2009 baute die Emschergenossenschaft Abwasserkanäle. Seit der Inbetriebnahme des neuen unterirdischen Kanalnetzes Anfang 2010 ist der Oberlauf des Emscher-Systems von der Quelle in Holzwickede bis zur Kläranlage Dortmund-Deusen komplett vom Schmutzwasser befreit. Die Emscher ist in weiten Teilen bereits renaturiert. Vor allem in Hörde, im Bereich des Phoenix Sees (der ohne den Emscher-Umbaus ebenfalls undenkbar gewesen wäre), erinnert nichts mehr an die Vergangenheit der Emscher als Köttelbecke.

Ein Bach erblickt das Licht der Welt

Im Dezember 2009 wurde die neue Emscher am damals noch entstehenden Phoenix See von der Emschergenossenschaft geflutet. Im Herbst 2010 erblickte der Hörder Bach nach 90 Jahren wieder das Tageslicht zurück und Ende 2010 folgte schließlich die Offenlegung der Emscher in Aplerbeck, die dem Stadtteil seitdem ein völlig neues Gesicht gibt.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-Süd aus Dortmund-Süd

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