Zi-Studie: Erkrankungszahlen der Lyme-Borreliose in Deutschland

Die Lyme-Borreliose ist eine von vielen Menschen gefürchtete Erkrankung. Übertragen wird sie vor allem von Zecken, welche die Erreger nach dem Stich übertragen. Wie viele Menschen in Deutschland an Borreliose erkranken, konnte bisher nur geschätzt werden. Eine neue Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) bringt mehr Licht ins Dunkel.

Borreliose: Vielfältiges Krankheitsbild

Bei der Lyme-Borreliose handelt es sich europa- und deutschlandweit um den Spitzenreiter der durch Zeckenstiche übertragbaren Infektionskrankheiten. Es gibt insgesamt fünf verschiedene Stämme, welche sich vermutlich zunächst in Vögeln und Mäusen vermehren.

Zecken nehmen die Bakterien dann bei einem Stich auf, lassen sich nach der erfolgten Blutmahlzeit wieder fallen und warten im nächsten Entwicklungsstadium auf einen neuen Wirt. Das wiederum kann der Mensch sein, der dann über die Zecke in Kontakt mit Borrelien kommt und sich möglicherweise infiziert.

Wie die Borreliose verläuft, kann äußerst unterschiedlich sein. Ärzte empfehlen, Zecken so schnell wie möglich zu entfernen, die Einstichstelle mit einem Kugelschreiber zu markieren und über die kommenden Wochen hinweg zu beobachten. Kommt es nach einem Zeckenstich zu Symptomen wie unter anderem

• einer kreisförmigen Rötung der Haut um den Stich,
• einer Wanderröte,
• grippeartigen Symptomen,
• Gelenkschwellungen,
• einer Bindehautentzündung
• oder neurologischen Auffälligkeiten

sollte ein Arzt konsultiert und über den Zeckenstich informiert werden. Nach der Diagnose ist es möglich, die Borrelien mit Hilfe von Antibiotikum zu bekämpfen. Verläuft die Erkrankung weiter unbehandelt, kann es zu einer Verstärkung der genannten Symptome kommen.

Im dritten Stadium ist es möglich, dass sich eine sogenannte Lyme-Arthritis oder auch Schädigungen des Nervensystems zeigen. Bis zu diesem Zeitpunkt können Monate vergehen, tödliche Verläufe sind in extrem seltenen Fällen möglich. Zu den Spätfolgen von Borreliose gehören unter anderem Taubheitsgefühle, Missempfindungen und Hirnhautentzündung.

Zi: Etwa 300.000 Fälle pro Jahr in Deutschland

Wenngleich es sich bei Borreliose um eine Krankheit mit potenziell schwerem Verlauf handelt, existiert nicht in allen Regionen Deutschlands eine Meldepflicht. Lediglich neun Bundesländer haben eine Meldepflicht eingeführt. Meldedaten aus diesen Ländern zeigen etwa 14.000 jährliche Fälle. Hiervon ausgehend ergeben Schätzungen etwa 40.000 Fälle in ganz Deutschland pro Jahr. Das Zi geht allerdings von einer Untererfassung aus, weshalb die aktuelle Studie durchgeführt wurde.

Als Basis für die Auswertung dienten die gesamten Abrechnungsdaten von Vertragsärzten in Deutschland zwischen 2010 und 2019. Als Fall gewertet wurde eine als gesichert eingetragene Diagnose mit dem ICD-10-Schlüssel A69.2. Die Daten zeigten: Allein in 2019 wurde bei 306.000 Patienten die gesicherte Diagnose Lyme-Borreliose vermerkt. Die Prävalenz lag folglich bei 429 von 100.000 Versicherten. Damit überstiegen die Zahlen die bislang bekannten Meldedaten um ein Vielfaches.

Sichtbare Altersunterschiede bei Borreliose

Wie die Experten des Zi bei der Auswertung der Daten herausfanden, kam die Borreliose in 2019 nicht nur häufiger vor als bislang vermutet. Auch zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Altersgruppen. So lag die Diagnoseprävalenz bei weiblichen Patienten zwischen 70 und 79 Jahren bei 863 und bei männlichen Patienten bei 771 Diagnosen je 100.000. Über alle Altersgruppen hinweg zeigte sich bei Frauen mit 455 von 100.000 Versicherten ein häufigeres Auftreten der Diagnose als bei Männern, welche eine Prävalenz von 398 aufwiesen.

Lyme-Borreliose regional betrachtet

Ebenfalls im Detail betrachtet werden konnte das Vorkommen von Diagnosen in Abhängigkeit vom jeweiligen Standort. Diese Analyse erweist sich als hilfreich, da sie eventuell vorhandene geografische Häufungen aufzeigen könnte. Ähnlich ist dies auch bei der durch Zecken übertragbaren Krankheit FSME, für die regelmäßig neue Risikogebiete ausgewiesen werden.

Frei von Borreliose-Diagnosen war keiner der 402 Landkreise der Bundesrepublik. Wie die Experten jedoch herausfanden, zeichneten sich deutliche regionale Unterschiede ab. So gab es in Hamburg mit 187 Diagnosen je 100.000 Versicherte die geringste Prävalenz, während sie in Sachsen mit 919 am höchsten ausfiel.

Bei der Analyse der Daten gelang es den Forschern dann, bestimmte Cluster zu definieren, in denen die Borreliose besonders gehäuft auftritt. Einer dieser Cluster umfasst 45 Landkreise am östlichen Rand Deutschlands von Brandenburg bis Bayern, ein weiterer liegt im Osten des Freistaates Bayern. Besonders auffällig war darüber hinaus auch der Landkreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz.

Wie viele Zecken tragen Borrelien in sich?

Da Zecken während der Wintermonate weniger aktiv sind und somit seltener Gelegenheit dazu haben, Mensch und Tier zu stechen, verwunderte es die Forscher weniger, dass bei den Diagnosen eine deutliche Saisonalität zu verzeichnen war. Am häufigsten wurde Borreliose folglich während der Sommermonate festgestellt. Auch das DRK warnte während der Corona-Krise eindrücklich vor Zecken, da sich aufgrund der Einschränkungen in Frühling und Sommer mehr Menschen in der Natur aufhielten.

Wie viele Zecken in einer Region Borrelien in sich tragen, ist eine häufig gestellte Frage, lässt sich pauschal allerdings kaum beantworten. Laut aktueller Studien gehen Wissenschaftler davon aus, dass zwischen fünf und 22 Prozent der Zecken die Erreger aufweisen. Doch auch hier gibt es erneut regionale Unterschiede. Eine Arbeit aus Mecklenburg-Vorpommern entdeckte die Erreger bei fünf Prozent von mehr als 2.400 gesammelten Zecken. Im Rahmen weiterer Studien fanden Forscher in

• Sachsen bei 9,4,
• in Niederbayern und der Oberpfalz bei 12,8
• und in südwestlichen Regionen Baden-Württembergs bei 22

Prozent der Zecken Borrelien der Gattung Borrelia burgdorferi. Dies weist darauf hin, dass Menschen nicht in allen deutschen Regionen gleichermaßen wahrscheinlich auf eine mit Borrelien infizierte Zecke treffen, das Risiko jedoch überall gegeben ist.

Vorsicht ist daher die wichtigste Maßnahme. Das Tragen von langer, heller Kleidung im Freien empfiehlt sich, um die kleinen Plagegeister schnell erkennen zu können. Die Hose sollte in die Strümpfe gesteckt werden, da Zecken dann nicht in den Zwischenraum gelangen und unentdeckt die Beine hinaufkrabbeln. Auch die Verwendung von Repellents kann sinnvoll sein.

Nach einem Aufenthalt in der Natur sollten sich Menschen genau auf Zecken untersuchen und die Tierchen im Ernstfall schnell mit einer geeigneten Zeckenzange entfernen. Je kürzer die Parasiten Blut saugen können, desto geringer ist das Risiko einer Infektion, da Borrelien oft erst etwa zwölf bis 24 Stunden nach dem Stich übertragen werden.

Autor:

Maren Kutze aus Dortmund-Süd

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