Estnische Rockband im Dortmunder Süden
Baltikum trifft Berghofen
„Do you speak english?“ - Mit so einer Frage rechnet man wohl eher in der Dortmunder Innenstadt, als auf dem in der Abenddämmerung liegenden Parkplatz vor dem Rewe-Markt in Berghofen. Hier wollte ich noch schnell ein paar vergessene Einkäufe für das Abendessen nachholen und plante bereits gedanklich den optimalen Weg von Süßkartoffeln zum Bio-Ketchup, als ich so angesprochen wurde.
Noch etwas geistesabwesend bestätigte ich die Frage meinem Gegenüber kurz mit einem Nicken und überlegte mir in diesem Moment bereits das Vokabular für die passende Antwort auf die potentiell wahrscheinliche Frage nach dem optimalen Weg zum Hauptbahnhof, dem Phoenixsee oder anderen typischen Destinationen ausländischer Besucher.
Jedoch schickte der junge Mann direkt die nächste Frage hinterher: „Which kind of music do you like?“.
Spätestens an diesem Punkt wurde mir klar, dass eine Wegbeschreibung nicht die Zielsetzung des abendlichen Gesprächs auf dem Parkplatz kurz vor Ladenschluss sein sollte.
Meine Aussage, dass ich Rock oder auch elektronische Musik präferieren würde brachte meinem Gesprächspartner ein kleines Lächeln ins Gesicht und er stellte sich alsbald als Mitglied einer estnischen Rock und Metallband vor, die zufällig auf ihrem aktuellen Album auch elektronische Elemente hat einfließen lassen. Während ich vor meinem geistigen Ohr noch versuchte, diese Genres miteinander in Verbindung zu bringen, erzählte er bereits weiter, dass sie momentan von Stadt zu Stadt reisen würden und ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von CDs bestreiten würden, da ja Konzerte momentan nicht möglich sind.
Mit gewecktem Interesse an den musikalischen Inhalten der weitgereisten Band erkundigte ich mich nach dem Preis der CD und bekam die Antwort, dass sie normalerweise auf Konzerten und Festivals 20€ verlangen würden, ich in der aktuellen Situation doch die Summe geben sollte, die es mir wert wäre.
Ein Besuch beim benachbarten Geldautomaten und ein um 20 Euro reduzierter Kontostand brachte mir dann gleich zwei CDs der Band „Illumenium“ ein, da ich eine zweite aus Dankbarkeit dazu geschenkt bekam.
Das unverzügliche Probehören auf der Rückfahrt im Auto machte die Bekanntschaft auf dem Supermarkt-Parkplatz noch etwas erzählenswerter, denn ich musste feststellen: Die sind echt gut!
Das ruhiger als erwartet anmutende und 18 Tracks umfassende Album klingt dabei in einer spannenden Kombination sowohl fremd als auch vertraut. Während einige Stücke eine Rockbasis in Synergie mit Rap-Elemente eingehen klingen andere Lieder stark von Bands wie Linkin Park inspiriert.
So verspürte ein Vorort, auch in Corona-Zeiten, wieder einen leichten Hauch von weiter Welt.
Wer die Bandmitglieder nicht mehr auf dem Parkplatz trifft, kann dies auf dem YouTube Kanal nachholen.
Autor:Sebastian Everding aus Dortmund-Süd |
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